Streit um Abschiebung: Sachsens Innenminister kritisiert Baerbock

  1. Startseite
  2. Politik

Streit um Abschiebungen nach Syrien: Sachsens Innenminister kritisiert Baerbock

Kommentare

Sachsens Innenminister Schuster will mit Diktator Assad verhandeln. Baerbock skeptisch gegenüber Syrien-Abschiebungen. Ein umstrittenes Gerichtsurteil befeuert die Debatte.

Dresden – Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) schaltet sich vor der Landtagswahl in Sachsen erneut in den Streit um Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan ein. Schuster forderte erneut Abschiebungen in die beiden Länder und warf Außenministerin Annalena Baerbock (Die Grünen) vor, diese zu blockieren. „Offen gesagt, ich bin ziemlich erbost über die Bundesaußenministerin“, sagte Schuster in einem Streitgespräch der Wochenzeitung Zeit. Baerbock äußerte sich zuvor auf einer Veranstaltung der Zeitung skeptisch zu Abschiebungen in die beiden scheiternden Staaten.

Sachsens Innenminister Schuster unterstellt Baerbock „parteipolitische Motive“ gegen Syrien-Abschiebungen

„Seit drei Jahren erkenne ich keinerlei Aktivitäten von ihr in dieser Art von Asylfragen, die nun mal international sind. Dahinter stecken parteipolitische Motive, und die kann ich als Innenminister nicht akzeptieren“, so Schuster weiter. Bereits am Freitag (26. Juli) sagte die Außenministerin: „Ich glaube, dass es gerade in solchen unsicheren Zeiten nicht ein Beitrag zur Sicherheit ist, wenn man Dinge verspricht, wo man dann am nächsten Tag schon nicht mehr ganz weiß, wie man die eigentlich halten kann.“

Kontrolltag Polizei Sachsen
Sachsens Innenminister Armin Schuster will nach Syrien abschieben. © Sebastian Kahnert/dpa

Zuvor hatte das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen im Fall eines Syrers entschieden, dass für Geflüchtete aus dem Bürgerkriegsland keine pauschalen Gründe für subsidiären Schutz oder Flüchtlingsstatus mehr vorliegen würden. Das zuvor erteilte Abschiebeverbot, einen dritten Schutzstatus auf Basis des Folterverbots der Europäischen Menschenrechtskonvention, für den Mann hob das Gericht nicht auf.

Bundeskanzler Scholz befürwortet Abschiebungen nach Syrien

Thorsten Frei, parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, bezeichnete das Münsteraner Urteil als „schallende Ohrfeige für Außenministerin Baerbock, die vor der tatsächlichen Sicherheitssituation in Syrien die Augen verschließt“. Andere Oberverwaltungsgerichte beurteilten die Sachlage in Syrien zuletzt gegenteilig und die Gemengelage der Münsteraner Urteilsbegründung ist, gelinde gesagt, komplex.

Politiker aus den beiden anderen Ampel-Koalitionsparteien SPD und FDP zeigten sich offen für Abschiebungen nach Syrien. Bundeskanzler Olaf Scholz, sagte auf seiner Sommer-Pressekonferenz, dass die Bundesregierung daran arbeite, Straftäter nach Syrien abzuschieben. Justizminister Marco Buschmann (FDP) forderte nach dem Urteil aus Münster eine differenzierte Betrachtung der Sicherheitslage in Syrien, und Abschiebungen in Gebiete, die als sicher beurteilt seien.

Juristen und Menschenrechtsorganisationen kritisieren Syrien-Urteil scharf

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisierte das Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Münster in einer Pressemitteilung scharf: Die Richterinnen und Richter hätten, das zeige die Urteilsbegründung, auf einer „dünnen Faktenlage“ geurteilt. Das Urteil widerspreche den aktuellen Einschätzungen der EU-Asylagentur, die die Heimatregion des Mannes als gefährlich für Leib und Leben durch die „bloße Anwesenheit“ einstuft.

Die vom Gericht verworfene Einschätzung des Auswärtigen Amts, gestützt auf Berichte der Vereinten Nationen, das klar eine Gefährdungslage in Syrien sieht, lobte Pro Asyl ausdrücklich. Die Organisation warnte vor einem Einknicken „vor einer unsachlichen öffentlichen Debatte und dem zunehmenden Populismus auch demokratischer Parteien“, sollte das Ministerium davon abrücken.

Auch in der Rechtswissenschaft gab es kritische Stimmen zur Urteilsbegründung des Gerichts. Der Leipziger Asylrechtler Paul Pettersson und der Lüneburger Politikwissenschaftler Valentin Feneberg kamen auf dem Fachportal Verfassungsblog zu ähnlichen Schlüssen wie Pro Asyl. Es sei „kein Geheimnis“, dass deutsche Gerichte zu Syrien gerne selektiv mit Beweismitteln umgehen, aber „so freimütig“ geschehe dies selten. Feneberg ist Co-Autor einer 2022 veröffentlichten Studie hierzu, die im International Journal of Refugee Law erschien.

Sachsens Innenminister will mit Assad verhandeln – AfD in Umfragen vorn

Der, wohl unklaren, Rechtslage ungeachtet, forderte Sachsens Innenminister Schuster, Verhandlungen mit dem syrischen Diktator Bashar Al-Assad, um syrische Intensivstraftäter abschieben zu können. Angeblich gebe es im Freistaat rund 250 Intensiv- und Mehrfachstraftäter. Es sei ein „Grundfehler“ der Grünen, nur mit denen zu verhandeln, die ihre moralischen Werte teilten.

In Sachsen ist die AfD aktuell mit 31 Prozent knapp vor der Union mit 29,5 Prozent stärkste Kraft in den Umfragen. Auf Platz drei liegt das Bündnis Sahra Wagenknecht mit 15 Prozent, gefolgt von Grünen und SPD mit jeweils sechs Prozent. Gewählt wird am 1. September. (kb)

Auch interessant

Kommentare