Nobelpreise: Trump setzt wissenschaftliche Vormachtstellung der USA aufs Spiel

Kein anderes Land der Welt hat so viele Nobelpreisträger hervorgebracht wie die Vereinigten Staaten. Auch diese Woche wieder waren unter den Nobelpreisträgern für Medizin und Physik mehrere US-Forscher. Doch mit seinen Angriffen auf die Wissenschaft gefährdet Donald Trump diese Führungsrolle der USA, warnen Forscher und Vertreter des Nobel-Komitees. Seit seinem Amtsantritt im Januar kürzte der US-Präsident Milliarden Dollar an Fördermitteln, beschnitt die akademische Freiheit der Universitäten und ließ massenhaft Wissenschaftler in Bundesbehörden feuern. 

Trumps Kürzungen treffen die Forschung hart

Seit Januar kündigten die Nationalen Gesundheitsinstitute (NIH), die wichtigste Behörde für medizinische Forschung in den USA, bereits 2100 Forschungsstipendien im Umfang von insgesamt rund 9,5 Milliarden Dollar (8,1 Milliarden Euro) und Verträge im Wert von 2,6 Milliarden Dollar, wie aus der unabhängigen Datenbank Grant Watch hervorgeht. Betroffen sind unter anderem Studien zu Krebs, Alzheimer und den Auswirkungen der Erderwärmung auf die Gesundheit. Auch Forschungen zum Klimawandel, zu Impfstoffen, Gerechtigkeit und Inklusion will Trump einschränken.

"Es ist kein Zufall, dass die USA bei weitem die meisten Nobelpreisträger haben", sagt auch Thomas Perlmann, Generalsekretär des Komitees, das den Nobelpreis für Medizin vergibt. "Aber mittlerweile macht sich langsam Unsicherheit breit, ob die USA bereit sind, ihre führende Position in der Forschung zu behaupten." Die Vereinigten Staaten seien "der eigentliche Motor" der weltweiten Wissenschaft. "Es hätte sehr schwerwiegende Folgen für die Forschung auf der ganzen Welt, wenn er ins Stocken geraten würde", fürchtet Perlmann. "Es braucht nicht viele Jahre mit großen Kürzungen, um irreversiblen Schaden anzurichten."

Abwanderung von Wissenschaftlern wird zur Gefahr

Trumps Einschnitte könnten zur Abwanderung von Wissenschaftlern führen und sich somit auch auf die Forschung in anderen Ländern auswirken, sind sich Ellegren und Perlmann einig. Haben Forscher ihre Stelle oder Finanzierung erst einmal verloren, kehrten sie möglicherweise selbst dann nicht in ihre Fachgebiete zurück, wenn die Budgets eines Tages wieder aufgestockt werden. 

Jüngere angehende Wissenschaftler könnten sich angesichts der politischen Lage nun gegen eine Karriere in der Forschung entscheiden, warnen Ellegren und Perlmann. "Es besteht die Gefahr, dass eine ganze Generation junger Forscher verloren geht", befürchtet Ellegren.

Der Wirtschaftsnobelpreis ist der einzige der Nobelpreise, der nicht auf das Testament von Dynamit-Erfinder und Preisstifter Alfred Nobel (1833-1896) zurückgeht. (Symbolbild)
Der Nobelpreis steht für wissenschaftliche Spitzenleistungen, doch Trumps Kürzungen gefährden die Forschungslandschaft in den USA. Lovisa Engblom/The Nobel Foundation/dpa

Internationale Zusammenarbeit gerät ins Stocken

Obwohl Trumps Politik in erster Linie die Forschung in den USA betrifft, leidet bereits jetzt auch die internationale Zusammenarbeit. Bisher finanzierten die NIH auch Kooperationen in anderen Ländern, "und das ist unter der neuen Regierung schwieriger geworden", sagt Ellegren. "Jede nationalistisch oder chauvinistisch geprägte Regulierung akademischer Arbeit behindert den globalen Austausch von Ideen und Daten", betont er.

Einige Länder, darunter auch Deutschland, versuchen, US-Wissenschaftler anzuwerben. Auch ausländische Forscher könnten sich gezwungen sehen, die Vereinigten Staaten zu verlassen. "Das bedeutet, dass es für andere Länder einfacher werden könnte, mit den USA zu konkurrieren. Forschung ist eine wichtige Grundlage für Innovation und Unternehmertum", sagt Ellegren. Vor allem die Wissenschaft in China sei auf dem Vormarsch. "Das Land investiert unglaubliche Summen."

Nobelpreisträger warnen vor langfristigen Schäden

Was die Nobelpreise angeht, liegen die Vereinigten Staaten bislang auch dieses Jahr in Führung, fünf von sechs am Montag und Dienstag verkündeten Preisträgern arbeiten und forschen in den USA. Sowohl John Clarke, einer der drei frischgebackenen Physik-Nobelpreisträger, als auch die neu gekürte Medizin-Nobelpreisträgerin Mary Brunkow nutzten das enorme Medieninteresse nach der Preisverkündung, um vor den Folgen von Trumps Kürzungen für die Wissenschaftslandschaft zu warnen. 

Der größte Teil der Arbeit an ihrem Arbeitsplatz, dem ISB-Institut in Seattle, sei bisher aus Bundesmitteln finanziert worden, sagte Brunkow: "Ich kann gar nicht genug betonen, wie wichtig das war und wie entscheidend es ist für Fortschritt in der Medizin und der Grundlagenforschung." Ihr Physik-Kollege Clarke erinnerte an die großzügige Ausstattung mit Labors, graduierten Assistenten und Ausrüstung, die ihm und seinen zwei mit ausgezeichneten Kollegen bei ihren Forschungen an der Uni im kalifornischen Berkeley in den 80er Jahren zur Verfügung standen. 

Clarke warnt, Mittelkürzungen und Entlassungen in Folge von Trumps Wissenschaftspolitik seien ein ernstes Problem: "Wenn das so weitergeht, wird das katastrophale Folgen haben". Ein großer Teil der wissenschaftlichen Forschung in den USA drohe lahmgelegt zu werden.