Selenskyj macht einen Rückzieher - Protest gegen Korruptionsreform bleiben stark

Derzeit kommt es in der Ukraine zu erheblichen Unruhen. Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht sich mit heftigen Protesten konfrontiert, nachdem eine Gesetzesänderung die Unabhängigkeit der zentralen Anti-Korruptionsbehörden des Landes eingeschränkt hat. Die Änderung gibt dem Generalstaatsanwalt, der direkt vom Präsidenten ernannt wird, die Kontrolle über das Nationale Anti-Korruptionsbüro der Ukraine (Nabu) und das Spezialisierte Anti-Korruptionsbüro (Sapo). Viele Menschen befürchten dass dadurch Korruptionsfälle zu Gunsten von Selenskyjs Verbündeten umgeleitet werden könnten.

Selenskyjs Zusicherung eines neuen Gesetzesentwurfs besänftigt die Proteste nicht

Die Reform hat innerhalb der Ukraine große Proteste ausgelöst. In mehreren Städten, darunter Kiew, Dnipro, Lwiw und Odessa, gingen Menschen auf die Straße. Sie trugen Schilder mit Botschaften wie „Wir haben Europa gewählt, nicht Autokratie“ und „Mein Vater ist nicht dafür gestorben“, die die Ablehnung gegenüber dem neuen Gesetz deutlich machten.

Präsident Selenskyj hat inzwischen auf den Druck reagiert und angekündigt, in zwei Wochen einen neuen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Unabhängigkeit der Anti-Korruptionsinstitutionen sichern soll. „Wir hören die Gesellschaft“, schrieb er auf Telegram. Doch die Bereitschaft zu Veränderungen konnte die Demonstranten bislang nicht beruhigen, und Tausende gingen dennoch auf die Straße. 

Eine Frau hält ein Handy mit der Aufschrift "Veto" während des Protests gegen das Gesetz zur Regulierung von Antikorruptionseinrichtungen im Zentrum von Kiew, Ukraine, Dienstag, 22. Juli 2025. (AP Photo/Alex Babenko)
Eine Frau hält ein Handy mit der Aufschrift "Veto" während des Protests gegen das Gesetz zur Regulierung von Antikorruptionseinrichtungen im Zentrum von Kiew, Ukraine, Dienstag, 22. Juli 2025. (AP Photo/Alex Babenko) AP

Auch auf internationaler Ebene gibt es Kritik

Kritik kommt nicht nur aus der Bevölkerung, sondern auch von ukrainischen Soldaten, die befürchten, dass die Reform die Moral an der Front schwächen könnte und Russland in die Hände spielt. Ein Soldat namens Vitalii Umanets sagte laut „Telegraph“: „Ohne unabhängige Anti-Korruptionsstellen gibt es keinen Sinn in unserem aktuellen Kampf und unserem zukünftigen Sieg“.

Auch international gibt es Bedenken. Die EU-Kommissarin Marta Kos äußerte sich laut „Independent“ besorgt über die Gesetzesänderung und bezeichnete den Schritt als „ernsthaften Rückschritt“. Die Sicherung der Unabhängigkeit von Nabu sei ein zentraler Punkt der EU-Beitrittsgespräche.

Opposition will die "große Schande" rückgängig machen

Ukrainische Oppositionspolitiker wie Yaroslav Zheleznyak von der Holos-Partei planen, die Gesetzesänderung im Verfassungsgericht anzufechten und einen Vorschlag zu unterbreiten, um die „große Schande“ rückgängig zu machen, so „Independent“. Die Spannungen kommen zu einer kritischen Zeit, in der die Ukraine darum bemüht ist, die Beziehungen zu ihren internationalen Partnern, insbesondere zu Washington, zu pflegen.