Es geht um den Kampfjet der Zukunft: 100-Milliarden-Streit belastet Merz-Macron-Treffen
Beim Besuch des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron bei Bundeskanzler Friedrich Merz kommt ein sehr teures Kampfjet-Vorhaben auf die Agenda, das gehörig stockt.
Berlin – Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron ist an diesem Mittwochabend (23. Juli) in der deutschen Hauptstadt zu Gast, um mit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) unter anderem über den Ukraine-Krieg und die Russland-Aggression des Kreml-Autokraten Wladimir Putin in Europa zu sprechen.
Emmanuel Macron in Berlin: Heikle Gespräche mit Kanzler Friedrich Merz
Beim Staatsbesuch des Franzosen wird es aber auch um ein heikles Kampfjet-Projekt zwischen beiden Ländern gehen, das seit Längerem erheblich festgefahren sein soll. Obwohl die sicherheitspolitische Lage auf der Welt und die jeweiligen Verpflichtungen in der Verteidigungsallianz Nato sowie in der Europäischen Union (EU) einen gewissen Zeitdruck nach sich ziehen.
Die Rede ist vom sogenannten Future Combat Air System (FCAS), einem Kampfjet der Zukunft. Es handelt sich um ein deutsch-französisch-spanisches Programm zur Entwicklung eines Systems aus einem bemannten Mehrzweckkampfflugzeug der sechsten Generation (New Generation Fighter), unbemannten Begleitflugzeugen in Form großer Drohnen sowie neuen Waffen- und Kommunikationssystemen.
Kampfjet für Deutschland und Frankreich: Berlin und Paris diskutieren über FCAS
Übersetzt heißt Future Combat Air System auf Deutsch zukünftiges Luftkampfsystem. Es soll langfristig bei der deutschen Luftwaffe den Eurofighter Typhoon und bei den französischen Luftstreitkräften das bisherige Kampfflugzeug Rafale ablösen. Dabei soll der Kampfjet von Drohnen begleitet werden, Remote Carrier genannt, die über eine Datenwolke miteinander verbunden sind. Das Kampfflugzeug der sechsten Generation, das laut Nachrichtenagentur AFP im Jahr 2040 auf dem Markt kommen soll, soll zudem moderne Tarnkappentechnik gegen potenziell gegnerisches Radar haben. Doch: Die beteiligten Rüstungskonzerne aus Deutschland und aus Frankreich liegen im Zwist miteinander, was wichtige Zuständigkeiten in dem 100 Milliarden Euro schweren Militärprojekt angeht.
Ein Beispiel: Wie das sicherheitspolitische Online-Portal Defense Express (DE) aus der Ukraine im Frühjahr schrieb, könnte der Anspruch des französischen Rüstungsunternehmens Dassault Aviations auf die Gleichberechtigung der Mitglieder des Programms das ambitionierte Rüstungsprojekt womöglich zum Scheitern bringen. DE berief sich in seinem Bericht auf das Special-Interest-Portal Opex360.com, wonach der CEO von Dassault Aviation, Eric Trappier, die Kooperation am 9. April bei einer Anhörung vor der französischen Nationalversammlung in Paris kritisiert habe.
Kampfjet-Projekt für Bundeswehr: Mit Rüstungsunternehmen aus Taufkirchen bei München
Seit Dezember 2022 soll sich das Vorhaben demnach in einer Phase befinden, in der es darum gehe, Schlüsseltechnologien zu identifizieren und mit der Entwicklung eines Prototyps zu beginnen. Geschätztes Budget: 3,2 Milliarden Euro. Doch: Die französische und die deutsche Seite werden sich offenbar nicht einig, wer sich federführend um die Entwicklung jener Schlüsseltechnologien kümmert. Von ständigen Kompromissen und Nachverhandlungen ist die Rede. Von deutscher Seite ist das Unternehmen Airbus Defence und Space aus Taufkirchen bei München beteiligt.
Die außenpolitische Gemengelage drumherum ist knifflig, während zum Beispiel ein ukrainischer Analyst vor einem möglichen russischen Angriff auf einen deutschen Nachbarn warnt und in Deutschland über eine Wehrpflicht für die Bundeswehr diskutiert wird. Kanzler Merz meinte jüngst, dass es „unterschiedliche Auffassungen“ darüber gebe, wie das Konsortium zusammengesetzt werde. „Ich möchte unbedingt, dass wir bei den Verabredungen bleiben, die wir im Hinblick auf FCAS mit Frankreich und Spanien getroffen haben“, erklärte er bei einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte in Berlin. Es könne „ein gutes Projekt für die europäische Verteidigung“ werden. Bringen die aktuellen Gespräche mit Macron das Kampfjet-Vorhaben weiter? (pm)