ATACMS-Raketen gegen Ziele in Russland erlaubt: Trump-Vertraute warnen vor „Drittem Weltkrieg“

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Joe Biden erlaubt der Ukraine den Einsatz weitreichenderer Raketen. Einige Republikaner reagieren mit heftiger Kritik. Trump selbst aber schweigt.

Washington – US-Präsident Joe Biden scheidet bald aus dem Amt. Hielt sie bis zur US-Wahl womöglich noch der Wahlkampf zurück, zeigen die geschlagenen Demokraten nun ihre Unterstützung für die Ukraine einmal mehr überdeutlich: Biden erlaubt der Ukraine im russischen Angriffskrieg den Einsatz weitreichenderer Raketen gegen bestimmte Ziele in Russland.

Medienberichten zufolge änderte Biden seine Haltung, nachdem bekannt wurde, dass Russland nordkoreanische Truppen in der russischen Grenzregion Kursk stationiert hat. Laut New York Times erlaubte Biden erstmals den Einsatz von Raketen des Typs ATACMS, um die ukrainische Armee in der Region Kursk zu unterstützen. Die Reaktionen auf diese spektakuläre Kehrtwende fallen sehr unterschiedlich aus.

Ukraine-Krieg: Donald Trump junior befürchtet „Dritten Weltkrieg“ durch Biden-Entscheidung

So spricht Donald Trumps Sohn – Donald Trump junior – offen von einem möglichen Dritten Weltkrieg, der mit der neuen Eskalationsstufe eingeleitet werden könnte. „Der militärisch-industrielle Komplex scheint den Dritten Weltkrieg in Gang setzen zu wollen, bevor mein Vater eine Chance hat, Frieden zu schaffen und Leben zu retten“, schrieb Trump junior mit Blick auf die Demokraten auf X (vormals Twitter). Und weiter: „Diese Billionen Dollar müssen festgeschrieben werden.“ Er bezeichnete die Demokraten als „Schwachköpfe“.

Donald Trump Junior
Donald Trump junior kritisiert Joe Bidens Kehrtwende (Archivfoto). © Robin Rayne / Imago Images

Auch Trumps früherer Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, kritisierte den Schritt. „Niemand hat damit gerechnet, dass Joe Biden den Krieg in der Ukraine während der Übergangszeit eskalieren würde. Das ist, als würde er einen ganz neuen Krieg beginnen. Jetzt ist alles anders – alle bisherigen Kalkulationen sind jetzt null und nichtig. Und das alles für die Politik“, schrieb Grenell auf X.

Biden erlaubt Ukraine Einsatz von ATACMS-Raketen gegen Russland: Trump schweigt bislang

Trump selbst verhält sich auffällig ruhig. Sein Kniff, auf Entscheidungen dieser Art durch Stellvertreter zu reagieren, selbst aber distanziert zu bleiben und später je nach Entwicklung zu reagieren, ist bekannt. Trump hatte im Wahlkampf angekündigt, den Ukraine-Krieg rasch beenden zu wollen.

Dies scheint auf den ersten Blick nicht kompatibel mit Bidens neuer Ankündigung, doch könnte es dennoch sein. Trump sprach sich stets für einen Frieden aus der Position der Stärke heraus aus. Bidens Schritt könnte beide Seiten zu Verhandlungen zwingen. Es scheint nicht unmöglich, dass die US-Unterstützung an die Bedingung einer diplomatischen Lösung geknüpft ist. Vielleicht war Trump gar eingeweiht in Bidens Schritt. Trump wurde nach seiner Wahl bereits bei Biden im Weißen Haus vorstellig.

Moskau reagiert auf „Eskalation“: Biden will sich als „blutiger Joe“ aus dem Amt verabschieden

Kaum überraschend sind jedoch die Aussagen aus Moskau. Der russische Außenpolitiker Leonid Sluzki etwa hat vor einer Eskalation im Ukraine-Krieg gewarnt. „US-Raketenangriffe tief in russischen Gebieten werden unweigerlich zu einer größeren Eskalation führen, die droht, noch weitaus ernstere Folgen nach sich zu ziehen“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma im Gespräch mit der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass. 

Sollte sich die Information bestätigen, sagte Sluzki, dann werde Russland aufs Schärfste reagieren. US-Präsident Joe Biden habe entschieden, sich als „blutiger Joe“ aus dem Amt zu verabschieden und so in die Geschichte einzugehen. Biden mache es seinem designierten Nachfolger Donald Trump nicht nur schwerer, den Krieg in der Ukraine zu beenden, sondern auch eine globale Konfrontation zu verhindern.  Bestätigt werde dadurch auch einmal mehr, dass die USA direkt beteiligt seien an dem Krieg in der Ukraine, sagte Sluzki. Auch Machthaber Wladimir Putin hatte wiederholt vor einer neuen Eskalation in dem Krieg gewarnt, sollte das passieren.

Deutschland gerät unter Druck: Scholz weigert sich bisher, Taurus zu liefern

Auch Deutschland könnte nun unter Druck geraten: Die Entscheidung der Amerikaner dürfte die Debatte über den Marschflugkörper Taurus neu entfachen. Eine Taurus-Lieferung an die Ukraine lehnte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bislang ab.  Außenministerin Annalena Baerbock hat dagegen mit Zustimmung auf die Berichte reagiert. Es gehe jetzt darum, „dass die Ukrainer nicht warten müssen, dass die Rakete über die Grenze fliegt, sondern dass man die militärischen Abschussbasen, dass man von dort, wo die Rakete geflogen wird, dass man das zerstören kann“, sagte die Grünen-Politikerin im rbb Inforadio. Dies sei im Rahmen des Selbstverteidigungsrechts jedes Landes.

Es sei schon lange bekannt, dass die Grünen, „das genauso sehen wie unsere osteuropäischen Partner, wie die Briten, wie die Franzosen und auch wie die Amerikaner“. Manche Orte in der Ukraine seien so dicht an der Grenze zu Russland, dass die Luftverteidigung nicht helfe, weil die Rakete viel zu schnell einschlage, sagte Baerbock. „Wenn auf unser Land Raketen, Drohnen, Bomben fallen würden, wenn Kinderkrankenhäuser angegriffen werden würden, wenn die Stromversorgung angegriffen wird, wenn einfach unser ganz normales Leben angegriffen worden wäre, dann würden wir uns auch verteidigen.“

Polen begrüßt Bidens Schritt im Ukraine-Krieg – Selenskyj reagiert verhalten

Die polnische Regierung befürwortete die Entscheidung, der Ukraine den Einsatz weitreichenderer Raketen zu erlauben, ebenfalls. Biden habe auf die Entsendung nordkoreanischer Truppen nach Russland und die massiven russischen Raketenangriffe auf die Ukraine am Sonntag „in einer Sprache geantwortet, die (der russische Präsident) Wladimir Putin versteht“, schrieb Polens Außenminister Radoslaw Sikorski im Onlinedienst X. „Das Opfer einer Aggression hat das Recht, sich zu verteidigen“, fügte er hinzu.

Berichte: Biden erlaubt Ukraine Angriffe auf russische Ziele
Die Ukraine bittet Washington schon lange, den Einsatz weitreichender Waffen in Russland zu erlauben. (Archivbild) © -/yonhap/dpa

Zurückhaltender reagierte die Ukraine selbst. In einer Videobotschaft verwies Präsident Wolodymyr Selenskyj aber auf die Bedeutung des Einsatzes von weitreichenden Waffen im Verteidigungskrieg. „Heute gibt es viele Medienberichte, dass wir die Erlaubnis erhalten haben, angemessene Maßnahmen zu ergreifen“, sagte er. „Aber Angriffe werden nicht mit Worten ausgeführt. Solche Dinge werden nicht angekündigt. Die Raketen werden für sich selbst sprechen.“ Die Ukraine sieht die Waffen als Teil ihres „Siegesplans“ in dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, der an diesem Dienstag 1.000 Tage andauert. (cgsc mit dpa und afp)

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