„Außerordentlicher Unsinn“: Das ist die bizarre Formel für die neuen Trump-Zölle
US-Präsident Donald Trump behauptet, er hat für seine neuen Zölle einfach das reproduziert, was die Handelspartner verlangen. Das stimmt bei Weitem nicht.
Washington, D.C. – Am Ende sind die Zölle schlimmer ausgefallen, als viele befürchtet haben. An seinem „Liberation Day“ (Befreiungstag) hat US-Präsident Donald Trump weitreichende Zölle auf US-Importe aus so gut wie allen Ländern der Welt verkündet. Für Importe soll künftig ein Basiszoll von zehn Prozent gelten, für Produkte aus der EU werden 20 Prozent fällig, auf Autoimporte sogar 25 Prozent. Trump behauptete bei seiner Pressekonferenz im Rosengarten vor dem Weißen Haus, dass die USA damit lediglich mit anderen Ländern gleichzieht, also genauso hohe Zölle verkündet, wie die Handelspartner auf US-Produkte haben. Diese Rechnung geht aber nicht auf.
Trumps bizarre Rechnung für seine Zölle verblüfft Experten weltweit
In seiner Tabelle über die wichtigsten Handelspartner, die die USA künftig höher besteuern möchte, hat Trump zum Beispiel angegeben, die EU würde einen durchschnittlichen Zollsatz von 39 Prozent auf US-Importe verlangen. Daher auch die 20 Prozent, die die USA nun fordern wollen. Der Präsident sagt, er wolle erstmal nur die Hälfte als Gegenzoll fordern, „weil sonst viele Länder Probleme bekommen hätten“.

Nur verlangt Europa keine 39 Prozent auf Waren aus den USA. Es gab auf ein paar wenige Waren Zölle, die allerdings höchstens 25 Prozent betrugen. So gab es auf einige landwirtschaftliche Produkte aus den USA bis zu 25 Prozent an Zöllen. Damit möchte die EU ihre eigene Landwirtschaft schützen. Für die allermeisten Produkte hat die EU keine Zölle auf US-Produkte erhoben. Im Schnitt liegt der Zollsatz bei 0,5 Prozent.
Trumps Obsession mit dem Handelsdefizit wird zur Begründung für neue Zölle
Die von Trump „berechneten“ 39 Prozent müssen also woanders herkommen. James Surowiecki, Wirtschafts- und Finanzjournalist aus den USA, nennt sie in einem Post auf X „erfundene Zahlen“. Weiter erklärt er, woher die Zahlen wirklich kommen: „Sie haben die Zolltarife und nichttarifären Handelshemmnisse gar nicht wirklich berechnet, wie sie behaupten. Stattdessen haben sie für jedes Land einfach unser Handelsdefizit mit diesem Land genommen und durch die Exporte dieses Landes in die USA geteilt.“
Indonesien exportiere demnach Waren im Wert von 28 Milliarden US-Dollar in die USA, das Handelsdefizit betrage 17,9 Milliarden Euro. „17,9 $ / 28 $ = 64 Prozent, was Trump als den Zollsatz bezeichnet, den Indonesien uns angeblich berechnet. Was für ein außerordentlicher Unsinn.“
Das US-Handelsministerium hat derweil eine andere Formel in den Raum gestellt. Eine, die den Eindruck erwecken soll, dass sie sehr komplex und unter Einbeziehung mehrerer Faktoren entstanden ist. Daran zweifeln aber die meisten Ökonomen.
„Die Zolldifferenz zwischen den USA und der EU beträgt durchschnittlich nur 0,5 Prozentpunkte“, erklärt auch Lisandra Flach, Außenhandelsexpertin beim Ifo Institut in München. „Dass gegenüber der EU dennoch zusätzliche Zölle in Höhe von 20 Prozent verhängt wurden, zeigt, dass die US-Regierung das Niveau gegenseitiger Zölle willkürlich festgelegt hat und dabei auch handelsfremde Aspekte wie Mehrwertsteuersätze miteinbezogen hat“.
Trump versteht den globalen Handel nicht: US-Bürger verbrauchen mehr, als sie herstellen
Bei seiner Pressekonferenz hat Donald Trump ohnehin erneut gezeigt, dass er den internationalen Handel entweder nicht versteht, oder nicht verstehen will. Dass die USA ein Handelsdefizit aufweisen, hat größtenteils damit zu tun, dass die US-Amerikaner mehr verbrauchen als sie selbst produzieren. Das hat viele Gründe – und wenn Trump das schnell ändern will, müsste er seine Landsleute zu weniger Konsum bringen.
Das sagt auch der ifo-Präsident Clemens Fuest: „Die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft misst sich an ihrer Produktivität, nicht am Außenhandelssaldo. Die Produktivität wird sinken, weil die Zölle die internationale Arbeitsteilung beeinträchtigen. Wenn Trump Investitionen in die USA locken und gleichzeitig das Handelsdefizit reduzieren möchte, müssen die Amerikaner selbst mehr sparen. Das erfordert schmerzhafte Anpassungen in Form von Konsumverzicht.“
Trump will mehr Autos aus den USA in Europa sehen – das wird nicht aufgehen
Trump aber hält sich weiter an seiner Auslegung des Handels fest. So beklagte er am Mittwoch erneut, dass die Europäer zu wenige Autos aus den USA kaufen würden. Das stimmt auch, hat aber wenig mit den Zöllen zu tun.
Die US-amerikanischen Hersteller Chevrolet, Ford oder GM stellen in der Regel viel größere Autos her, als wir es hierzulande gewohnt sind. Das ist schließlich das, was in den USA beliebt ist. Die Europäer hingegen wollen keine Riesen-Pickup-Trucks kaufen, die noch dazu viel Sprit verbrauchen. Wenig überraschend ist es daher, dass aus der Reihe nur Ford mit seinen kleinen Focus und Fiesta Modellen hier auch Erfolg hat. Das wird sich auch nicht so schnell ändern – egal, was der Präsident der USA will.