Westen zieht nicht alle Hebel gegen Putin – „nukleare Option“ bleibt aus

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Russlands Wirtschaft leidet unter den westlichen Sanktionen. Eine „nukleare Option“ könnte jedoch das globale Bankensystem erschüttern.

Brüssel/Moskau – Nach dem Beginn der russischen Aggression gegen die Ukraine im Februar 2022 haben die USA, Großbritannien und die Europäische Union Russland aus dem Swift-Informationssystem ausgeschlossen. Diese Sanktion traf jedoch nur einige Banken in Russland und Belarus, während die für Putins Wirtschaft entscheidenden Banken unberührt blieben.

Die für Russlands Öl- und Gasgeschäft entscheidenden Banken sind vom Ausschluss aus Swift nicht betroffen. Dabei kommt ihnen eine Schlüsselrolle bei der Finanzierung von Putins Regime und dem Krieg in der Ukraine zu. Neben der Kriegswirtschaft selbst ist der Export der Rohstoffe eine wichtige Einnahmequelle.

Schärfere Sanktionen gegen russische Banken könne zu „Kollateralschäden“ führen

Eine Verschärfung der Sanktionen gegen die russischen Banken hätte jedoch globale Auswirkungen. „Es gäbe eine Menge Kollateralschäden, die sich auf nicht-russische Banken und andere Banken im internationalen Bankensystem auswirken würden“, warnte Alex Capri, Ökonom an der National University of Singapore, gegenüber dem Business Insider.

Wladimir Putin sitzt auf einem Stuhl und schaut traurig in eine Richtung.
Die westlichen Sanktionen gegen Banken treffen die Wirtschaft von Putins Russland immer mehr, dabei verzichtet der Westen noch auf einen schwerwiegenden Schritt. (Archivfoto) © Alexander Kazakov/Imago

Durch die Verkettung des globalen Finanzsystems würden Sanktionen gegen die wichtigen russischen Finanzinstitute auch Banken weltweit treffen. „Sie finanzieren den Handel und andere Rohstoffe“, so Capri. Er bezeichnet einen vollständigen Ausschluss Russlands aus dem Swift-Zahlungssystem daher als „nukleare Option“.

Experte nennt Swift-Ausschluss von bedeutenden Banken in Russland eine „nukleare Option“

Bislang sind zehn russische und vier belarussische Banken vom Swift-System ausgeschlossen. Dies hindert sie daran, Fremdwährungen zu erhalten und Vermögenswerte ins Ausland zu transferieren, was internationale Transaktionen erheblich erschwert.

Experten sind der Ansicht, dass die „nukleare Option“ eines vollständigen Ausschlusses Russlands aus Swift, wie Alex Capri es nennt, nicht unbedingt notwendig ist. Die westlichen Sanktionen treffen Putin, insbesondere die Verschärfung der Maßnahmen gegen Unternehmen, die weiterhin Geschäfte in Russland tätigen, zeige Wirkung.

Westliche Sanktionen treffen Russland zunehmend

Dies hat verschiedene Gründe. Durch den stark eingeschränkten Handel mit Europa sind Russlands „Chancen und Möglichkeiten für einen profitablen, sinnvollen Handel sehr begrenzt“, erklärte Richard Portes, Professor an der London Business School, gegenüber dem Business Insider.

Die Möglichkeit, Öl und Gas nach Indien und China zu exportieren, sei mit niedrigeren Verkaufspreisen und logistischen Herausforderungen verbunden, die den Handel mit Europa „nicht angemessen effektiv, effizient und produktiv ersetzen“ könnten.

Ökonom prognostiziert „katastrophale Verlangsamung der russischen Wirtschaft“

Ein weiteres Problem für die russische Wirtschaft ist der zunehmende Mangel an Arbeitskräften. Einerseits werden gut ausgebildete Männer im Ukraine-Krieg eingesetzt, andererseits wandern Fachkräfte ins Ausland ab. „In fünf Jahren wird man eine wirklich katastrophale Verlangsamung der russischen Wirtschaft erleben“, prognostizierte Portes. Hinzu kommt, dass die Reserven der Zentralbank an ihre Grenzen stießen.

Deshalb könnte Russland trotz derzeit relativ gutem Wirtschaftswachstum schon im zweiten Quartal 2024 den „konjunkturellen Zenit“ überschreiten, erklärte das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) kürzlich. Ein Ende des Krieges könnte laut Experten problematisch werden, da die russische Wirtschaft „momentan vollkommen abhängig von ihm“ ist. (ms)

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