Deutsche Aufsichtsbehörde „fassungslos“ über neues Trump-Dekret
US-Präsident Donald Trump möchte die US-Wirtschaft durch Entbürokratisierung wieder auf Vordermann bringen. Dazu werden diverse Organisationen und Behörden geschlossen.
Berlin – Der Republikaner Donald Trump verfolgt Pläne zur Entbürokratisierung zum Wohle der US-Wirtschaft, wie er selbst sagt. Ein erlassenes Dekret, welches die US-Aufsichtsorganisation über Wirtschaftsprüfungsgesellschaften abschaffen soll, weckt Besorgnis aufseiten von ausländischen Partnern. Auch in Deutschland regt sich Kritik. Die deutsche Aufsichtsbehörde APAS zeigt sich „fassunglos“ über den Vorstoß, wie es in einem Brief an die Vorsitzende der US-Aufsichtsorganisation heißt, aus dem die Financial Times zitiert.
Fassungslosigkeit über Trump-Dekret: Arbeit zwischen Deutschland und USA wird neu bewertet
„Wir verstehen nicht, wie die geplanten Maßnahmen der Prüfungsqualität, dem US-Finanzmarkt oder dem öffentlichen Interesse zugute kommen“, schrieb der Chef der deutschen Abschlussprüferausfsichstelle ASAP, Naif-Raffael Kanwan, sowie die Leiterin der Abteilung für internationale Angelegenheiten, Julia Rendschmidt, in dem Brief. Die Abschaffung der US Public Company Accounting Oversight Board (PCAOB) wurde in einem Gesetzesentwurf der Trump-Regierung im Rahmen des Reformpakets „Wohlstand schaffen durch Deregulierung“ im vergangenen Monat festgeschrieben.
Die Verantwortlichkeiten der US-Agentur könnten demnach der Securities and Exchange Commission (SEC), der US-amerikanische Wertpapier- und Börsenaufsichtsbehörde, übertragen werden. Zudem soll dem Gesetzesentwurf zufolge die entsprechende Abgabe gestrichen werden, die für börsennotierten Unternehmen und Broker-Dealer zur Finanzierung der PCAOB erhoben wird.
Wie aus dem Brief der deutschen Behörde APAS hervorgeht, wolle man die Arbeit zwischen Deutschland und den USA neu bewerten, falls es zur Abschaffung und Verlagerung der Arbeit der Organsiation komme. „Als Partnerbehörde sind wir auch besorgt über Fragen der Unabhängigkeit und ob die vertraulichen Informationen, die wir austauschen, weiterhin anerkannt werden (und ihre Weitergabe gesichert ist)”, so die geäußerten Bedenken des APAS-Chefs Kanwan.
Aufsicht über Wirtschaftsprüfungsgesellschaften: PCAOB als Antwort auf Enron-Skandal
PCAOB-registrierte Firmen in Deutschland prüfen US-Emittenten, also Herausgeber von Wertpapieren, mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 400 Milliarden US-Dollar, der vierthöchsten in Europa. Die Agentur ist eine vom Kongress gegründete gemeinnützige Organisation. Die PCAOB sieht ihre Tätigkeit als essenziell für den Schutz US-amerikanischer Investoren an. Derzeit wird der Gesetzesentwurf für die Aufnahme in das Steuer- und Ausgabengesetz geprüft.

Die PCAOB wurde als Antwort auf eines der größten Unternehmensskandale im Jahr 2001 eingerichtet. Das börsennotierte US-Energieunternehmen Enron fälschte jahrelang seine Bilanzen, was zu Verlusten von 60 Milliarden US-Dollar und 20.000 Arbeitsplätzen führte. Seitdem wurden Prüfungsverfahren für börsennotierte US-Unternehmen, einschließlich Unternehmen im Rahmen von bilateralen Vereinbarungen mit lokalen Aufsichtsbehörden, sowie US-Prüfungsunternehmen unter regelmäßige Inspektionen gestellt. Zu deren Aufgaben gehören nicht nur Inspektionsberichte, sondern auch die Veröffentlichung von Standards für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und die Durchführung von Durchsetzungsmaßnahmen in Bezug auf diese Regeln.
Gefahren der PCAOB-Abschaffung: Verlängerung der Verfahren befürchtet
PCAOB-vorsitzedne Williams sagte gegenüber der Financial Times, die Abschaffung der Agentur berge Gefahren. Die Prüfungsqualität könnte dadurch nicht nur in den USA, sondern auch auf der ganzen Welt beeinträchtigt werden. Die SEC müsste dann „Vereinbarungen mit Gerichtsbarkeiten auf der ganzen Welt“ aushandeln, um bilaterale Abkommen zu ersetzen, die Jahre für ihre Ausarbeitung benötigten, sagte sie.
Zuvor hagelte es Beschwerden seitens der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften über die strengen Durchsetzungsmaßnahmen und Inspektionen der PCAOB, die Bußgelder in Rekordhöhe mit sich brachten. Ihre Ansichten würde in den neuen Richtlinien nicht genügend berücksichtigt. Trotzdem sprachen sich Vertreter der Unternehmen laut Berichten für das weitere Bestehen der Organisation aus.
„Die Aufsichtsmodelle können sich weiterentwickeln, aber was sich nicht ändern sollte, ist die Rechenschaftspflicht des Berufsstandes gegenüber den Kapitalmärkten und die Notwendigkeit eines Systems, das die Aufrechterhaltung hoher Standards für die Prüfungsqualität unterstützt“, sagte Julie Bell Lindsay, Geschäftsführerin des Center for Audit Quality (CAQ), das die großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften vertritt.
Bürokratieabbau unter Trump: Banken- und Finanzsektor als Gewinner
Die Abschaffung der Organisation ist Teil von Trumps großen Plan für die Entbürokratisierung und Deregulierung der Finanzmärkte, um mehr Gelder für die US-Wirtschaft bereitzustellen. Zahlreiche Behörden sollen im Zuge der Reformen umgebaut werden, besonders im Bereich des Banken- und Finanzsektors soll der Bürokratieabbau greifen. Beispielsweise wurde die Verbraucherschutz-Behörde im US-Finanzsektor (CFPB) angeordnet, „alle Aufsichts- und Prüfungsaktivitäten“ von Unternehmen einzustellen.
Im Zuge des großen Umbaus setzte der US-Präsident zwei Millionen Beamte unter Druck, ihre Arbeit freiwillig gegen eine Abfindung zu kündigen. Ein US-Richter stoppte die Maßnahme jedoch vorerst. Weiterhin wurden 30 Staatsanwälte und hochrangige FBI-Führungskräfte entlassen. Im Falle der PCAOB müssten die Mitarbeiter mit Gehaltseinbußen rechnen, da die Organisation nicht den Regierungstarifen angehört – die SEC jedoch schon.
„Der PCAOB war das Modell, nach dem viele internationale unabhängige Prüfungsaufsichtsbehörden konzipiert wurden“, heißt es in Kanwans Schreiben weiter. „Die Macht und Durchsetzungskraft des PCAOB ist nicht zuletzt seiner Unabhängigkeit und der Fähigkeit zu verdanken, wettbewerbsfähige Gehälter zu zahlen, um die besten Leute für seine einzigartigen und komplexen Aufsichtsaufgaben zu gewinnen“, fügte der APAS-Chef hinzu.