Bürgerenergie Holzkirchen: „Haben wieder Finanzierungsbedarf“
Vor einem Jahr wurde die Bürgerenergie Holzkirchen gegründet. Im Interview zieht Jürgen Pampus, Vorstandsvorsitzender der Genossenschaft, Bilanz.
Holzkirchen – Einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz und zur Energiewende will die Bürger㈠energie Holzkirchen eG leisten. Vor genau einem Jahr wurde die Genossenschaft gegründet, die den Bürgern die Möglichkeit einräumt, sich finanziell und durch persönliches Engagement am Ausbau der Erneuerbaren zu beteiligen. Ein ehrenamtlich tätiges Experten-Team, bestehend aus Naturwissenschaftlern, Technikern und Finanzleuten, steuert die Genossenschaft. Wir sprachen mit dem Vorstandsvorsitzenden, dem promovierten Physiker Jürgen Pampus (74), über das erste Jahr.
Herr Pampus, vor einem Jahr wurde die Bürgerenergie Holzkirchen als Genossenschaft gegründet. Wie hat sie sich seither entwickelt?
Wir sind sehr zufrieden mit dem ersten Jahr. Wir haben unser erstes Projekt gestartet, die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Holzkirchner Bauhofs. Im Sommer ging es in die konkrete Planung, im September haben wir dann den Auftrag vergeben und im Oktober begann die Installation. Alles ist planmäßig verlaufen, sodass wir tatsächlich am 16. Dezember betriebsbereit waren. Das ist ein schöner Erfolg.
Wie viel Energie produziert die PV-Anlage auf dem Bauhof-Dach?
Die 860 Paneele auf dem Dach haben eine Gesamtleistung von 378,4 kWp. Das ist die theoretische Maximalleistung. Die Energie, die wir damit erzeugen können, liegt bei 380 Megawattstunden pro Jahr. Damit können wir theoretisch über 100 Haushalte mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch versorgen.
Soll die Energie den Eigenbedarf des Bauhofs decken?
Nein, zur Deckung des Eigenbedarfs des Bauhofs wird die Gemeinde eine zweite PV-Anlage am Bauhof errichten. Wir dagegen speisen die Energie voll ins Netz der Gemeindewerke ein und bekommen dafür eine entsprechende Vergütung.
Wie kommt es, dass ein genossenschaftliches Projekt auf einem kommunalen Gebäude realisiert wird?
Wir haben nach großen Dächern gesucht. Je größer, desto effizienter. Im Rahmen von Gesprächen bekamen wir dann schon frühzeitig von Bürgermeister Christoph Schmid das Angebot, die Dachfläche von der Gemeinde zu pachten. Ich denke, es ist für eine Gemeinde auch ein Aushängeschild, ein Bürgerprojekt auf einem Gemeindegebäude durchzuführen.
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Könnten die Genossenschaft die Energie, die sie auf dem Bauhof-Dach gewinnt, direkt an ihre Mitglieder vertreiben?
Das ist ein relativ komplexes Thema, für das wir im Lauf des Jahres eine Lösung finden wollen. Denkbar wäre ein Bürgertarif, den die Gemeindewerke für die Genossenschaftsmitglieder schaffen könnten.
Wie viele Mitglieder haben Sie inzwischen?
Noch immer 257 Mitglieder. Genauso viele wie im Frühling. Das liegt nicht etwa daran, dass keiner mehr Mitglied werden will – im Gegenteil! Aber das Genossenschaftsrecht sieht vor, dass Genossenschaften nur so viele Einlagen nehmen dürfen, wie sie auch investieren können. Jetzt wollen wir jedoch weitere Projekte angehen, sodass Finanzierungsbedarf besteht und damit die Möglichkeit, wieder Mitglieder aufzunehmen. Wir haben eine Warteliste geschaffen, die sich schon stetig füllt.
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Welche Projekte?
Wir suchen weiter Dachflächen. Eine landwirtschaftliche Halle haben wir schon identifizieren können. Parallel dazu arbeiten wir an Agri-PV-Anlagen. Wir haben schon eine relativ große Weidefläche in Aussicht, die uns ein Landwirt verpachten würde. Das ist ein relativ großes Vorhaben, deutlich größer als die Photovoltaik auf dem Bauhof. Wir sind gerade dabei, mit der Gemeinde das Bauleitplanverfahren einzuleiten. Sobald der Aufstellungsbeschluss gefasst wird, kann ich Konkretes sagen.
Gibt es Vorbehalte bei den Menschen gegenüber Freiflächen-PV? Gelegentlich ist zu hören, sie würden die Landschaft verschandeln.
Ich hatte bislang den Eindruck, dass die Holzkirchner dem Thema sehr offen gegenüberstehen. Die Fläche, die wir in Aussicht haben, erfüllt sämtliche Vorschriften, etwa des Landschafts- und Naturschutzes. Deshalb denke ich, dass die Akzeptanz da sein wird. Aber natürlich muss das Vorhaben erst noch durch die Gremien, und da können auch Einwände erhoben werden.
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Ist Windenergie für die Genossenschaft ein Thema?
Ja, natürlich. Allerdings gibt es bei uns nur wenig Flächen, wo Windkraft möglich wäre. Wir könnten das auch nicht allein realisieren. Wir würden uns aber beteiligen.
Warum haben Sie die Bürgerenergie eigentlich als Genossenschaft gegründet?
Eine Genossenschaft hat den Riesen-Vorteil, dass die Bürger nicht nur investieren können, sondern auch Mitbestimmungsrechte haben. Das ist eine sehr demokratische Organisationsform. Zugleich ist sie durch das Gesetz gut abgesichert. Insolvenzen gibt es eigentlich nicht. Obendrein sind wir sehr nachhaltig. Wir erzeugen lokal Energie, die lokal verbraucht wird.