„Stehen Arbeitsplätze auf dem Spiel“: Opposition greift Merz wegen Zoll-Deal mit Trump an

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Welche Rolle spielte Friedrich Merz beim Zoll-Deal der EU mit den USA? Die Opposition sieht den Bundeskanzler in einer Mitverantwortung.

Berlin – Der Zoll-Deal mit Donald Trump liegt der EU schwer im Magen. Und das vom ersten Moment an. Kaum war die Einigung zwischen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem US-Präsidenten spruchreif, kamen Diskussionen auf, wie Europa nachbessern könnte. Denn während auf zahlreiche EU-Produkte wie Fahrzeuge künftig 15 Prozent Einfuhrgebühren erhoben werden, dürfen die USA bald viele Waren zollfrei in die EU bringen.

Bundeskanzler Friedrich Merz begrüßte die Einigung in einer ersten Stellungnahme. Allerdings warnte der CDU-Chef in einer Sitzung des Sicherheitskabinetts auch: „Die deutsche Wirtschaft wird erheblichen Schaden nehmen durch diese Zölle.“ Daher sei er „mit diesem Ergebnis nicht zufrieden im Sinne von ‚das ist jetzt gut so‘“. Zugleich gibt der Regierungschef zu: „Mehr war offensichtlich nicht zu erreichen.“ Auch wegen Merz? Diesen Vorwurf äußern nun die Grünen.

Kritik an Merz wegen EU-Deal mit Trump: „Verantwortet schwaches Verhandlungsergebnis“

Deren Fraktionschefin Katharine Dröge sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa): „Merz verantwortet das schwache Verhandlungsergebnis der EU, weil er den Turbo-Deal wollte. Und damit die Verhandlungslinie der EU geschwächt hat.“

Kritik am Kanzler: Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge knöpft sich nach dem Zoll-Deal der EU mit den USA Friedrich Merz vor. © IMAGO / Andreas Gora, IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass Trump eine Frist für Verhandlungen über seine Zölle bis zum 1. August gesetzt hatte. Viel Zeit blieb der EU also mutmaßlich nicht mehr, auch wenn der Republikaner als extrem wankelmütig gilt und die Deadline schon einmal um fast einen Monat verlängert hatte.

Sicher dürfte aber sein, dass von der Leyen nicht das Ergebnis erreicht hat, was sich Europa erhofft hatte. So ließ der Blick auf einen Spickzettel, den Trump während des gemeinsamen öffentlichen Auftritts in seinem Golfresort im schottischen Turnberry in der Hand hielt, vermuten, dass die EU darauf setzte, mit zehn Prozent Zoll davonzukommen. Was mit dem US-Präsidenten offensichtlich nicht zu machen war, der den Abschluss seinerseits als „größten aller Deals“ feiert.

Grüne attackieren Merz: „Wirtschaft zahlt Preis für schlechten Zoll-Deal mit Trump“

Dröge verweist derweil auf die beinahe täglichen alarmierenden Zahlen deutscher Unternehmen: „Das ist der Preis, den die deutsche Wirtschaft für den schlechten Zoll-Deal von Trump zahlt.“ Dabei denkt sie wohl nicht zuletzt an die Autobauer, deren Gewinne massiv einbrachen. Zudem sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal um 0,1 Prozent, wie das Statistische Bundesamt verkündete.

Bereits am Mittwoch urteilte die Öko-Partei in einem Statement: „Die EU-Kommission hat sich unter Wert verkauft. Was auf dem Papier wie ein Kompromiss aussieht, ist in Wirklichkeit ein Ungleichgewicht zugunsten der USA. Die Bundesregierung unter Kanzler Merz trägt dafür eine Mitverantwortung – durch ihr zögerliches Verhalten, mangelnde Rückendeckung für EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und die Weigerung, wirtschaftspolitisches Drohpotential gegenüber Trump aufzubauen.“

Ein Vorwurf lautet, die Regierung würde sich vom US-Präsidenten einschüchtern lassen: „Während Frankreich und andere EU-Mitgliedstaaten entschlossen auf klare Bedingungen drängten – etwa das sogenannte ‚Anti-Coercion Instrument‘, den Einbezug des Dienstleistungssektors und klare Beschränkungen für US-Digitalkonzerne – scheute die Bundesregierung jede Konfrontation gegenüber Trump.“

Die Grünen werben zugleich für eine selbstbewusste Handelspolitik. „Nur wenn Europa wieder zur zuverlässigen Stimme im multilateralen Handelssystem wird, kann langfristiger Schutz, Stabilität und Fairness erzielt werden“, ist zu lesen.

Zoll-Deal zwischen EU und USA (Auszüge)

15 Prozent Zoll auf die meisten EU-Waren (u.a. Autos, Autoteile, Arzneimittel, Halbleiter)

für Produkte der Stahl-, Aluminium- und Kupferindustrien sollen Zollkontingente für EU-Exporte festgelegt werden

US-Zölle auf Luftfahrzeuge und ihre Teile, bestimmte Chemikalien, bestimmte Generika und natürliche Ressourcen aus der EU zurück auf Vorjahresniveau

vollständige Abschaffung der bereits niedrigen Zölle auf Industriegüter

besserer Zugang zum EU-Markt für begrenzte Mengen von Fischereierzeugnissen aus den USA

besserer Marktzugang für bestimmte nicht sensible Agrarexporte aus den USA im Wert von 7,5 Milliarden Euro

Quelle: EU-Kommission

Opposition contra Merz: Dröge gegen „nationale Alleingänge und Abschottung“

Dröge greift diesen Aspekt ebenfalls auf und betont: „Wenn Merz jetzt nicht umdenkt und endlich europäisch handelt, stehen Arbeitsplätze auf dem Spiel. Und Investitionen in Zukunftstechnologien geraten in Gefahr.“ Es brauche eine Allianz all jener Staaten, die „gute Regeln, fairen Handel und Klimaschutz“ wollten.

Von der deutschen Politik erwartet sie nun ein Bekenntnis zur Stärkung des Binnenmarktes, anstatt „auf nationale Alleingänge und Abschottung zu setzen“.

Ursula von der Leyen und Donald Trump schütteln sich stehen die Hand
Danke für den Deal: US-Präsident Donald Trump hat die erhoffte Einigung mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erreicht. © IMAGO / ZUMA Press Wire

Ines Schwerdtner, Vorsitzende der Linken, hatte bereits am Montag erklärt: „Möglich wurde dieser Deal nur durch ein Denken, das Europa als wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Außenposten der USA versteht.“

Es sei nicht überraschend, dass Merz die Einigung begrüße. Jedoch zeige seine Reaktion „einmal mehr, dass er keine Konzepte für die Herausforderungen unserer Zeit hat. Merz und von der Leyen wirken planlos und eingeschüchtert.“ (mg)

Auch interessant

Kommentare