Zoll-Deal zwischen Trump und EU „gleicht einer Unterwerfung“ – Weitere Verhandlungen befürchtet

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Nach dem Zoll-Abkommen mit Donald Trump fürchten EU-Abgeordnete eine geschädigte EU-Wirtschaft – und sehen für neue US-Forderungen eine „reale Gefahr“.

Brüssel/Washington, D.C. – Zahlreiche EU-Abgeordnete kritisieren das Zoll-Abkommen zwischen US-Präsident Donald Trump und der EU-Kommission unter ihrer Präsidentin Ursula von der Leyen scharf. „Die Zoll-Einigung gleicht einer Unterwerfung“, sagte Bernd Lange, Vorsitzender des Ausschusses für internationalen Handel, der Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA.

„Ich kann in dem Zoll-Abkommen nirgends finden, dass EU-Interessen durchgesetzt wurden“, so Lange (SPD) weiter. Der Deal schade der EU-Wirtschaft und koste viele Arbeitsplätze. Der einzige Hoffnungsschimmer sei, dass eine weitere Eskalation des Handelskriegs verhindert wurde, sowie vermeintliche Stabilität. Aber: „Mit Trump gibt es keine Sicherheit“, sagte der gebürtige Oldenburger.

Zoll-Deal: EU-Abgeordnete trauen Trump nicht

In früheren Zoll-Verhandlungen habe die EU versucht, eine Klausel in den Vertrag zu schreiben, dass die USA nach einem Abkommen keine Details ändern dürfen, bis Trumps Amtszeit endet. Aber darauf hätten sich die Amerikaner nicht eingelassen. „Und selbst wenn wir es schriftlich festgehalten hätten: Trump hat in der Vergangenheit immer wieder Verträge gebrochen“, wirft Lange dem Republikaner vor.

Donald Trump klagt gegen Rupert Murdoch.
Bernd Lange, Vorsitzender des Ausschusses für internationalen Handel, sieht im Trump-Zoll-Deal eine Unterwerfung der EU. © Andrew Harnik/dpa

Das Zoll-Abkommen schade nicht nur der EU-Wirtschaft, sondern habe auch eine verheerende Wirkung auf die Partnerländer der Europäischen Union. Die Union stehe für eine regelbasierte Handelspolitik, aber dieser Deal schwäche die handelsbasierte Ordnung enorm, so Lange.

Auch die EU-Abgeordnete Svenja Hahn sieht in dem Papier keine langfristige Lösung, sondern „eher eine Atempause“, wie die FDP-Politikerin unserer Redaktion sagte. „Der konkrete Text und Details sollen noch ausgearbeitet werden, bisher gibt es nur politische Willenserklärungen, die von der EU-Kommission und der US-Regierung aber sehr unterschiedlich interpretiert werden. Die Gefahr neuer Zoll-Drohungen ist nicht gebannt, vor allem wenn Trump die europäische Interpretation nicht gefallen sollte“, sagte das Mitglied des Ausschusses für internationalen Handel.

Nach Trump-Abkommen: Wie sich die EU unabhängiger machen könnte

Auch das Ausschussmitglied Udo Bullmann blickt gegenüber unserer Redaktion skeptisch in die Zukunft. Trump wolle mit den US-Zöllen den US-Haushalt stärken, nachdem der Präsident diesen selbst mit enormen Steuererleichterungen geschwächt habe: „Im Moment sammelt Trump vorwiegend Geld für seine waghalsigen Steuerpläne ein. Aber auch dahinter gibt es keinen Grund zur Entwarnung.“

Mit Blick auf den US-Präsidenten urteilt der Sozialdemokrat: „Trump ist jemand, der die Verwundbarkeit und die Angst auf Seiten seiner Kontrahenten riecht und genau an diesen Punkt spielt. Nein, Frau von der Leyens Deal der Schwäche ist kein Ruhmesblatt.“

Von der Leyens Zoll-Verhandlungen zeigen laut Hahn: Die EU spielt weder politisch noch wirtschaftlich in der Liga einer Weltmacht. „Das werden wir auch nur, wenn wir wirtschaftlich stärker und unabhängiger werden.“ Dafür müsse die Europäische Union Bürokratie und Hürden im Binnenmarkt „radikal abbauen“. Gleichzeitig benötige Europa neue ambitionierte Freihandelsabkommen – „allen voran das Mercosur-Abkommen“, so Hahn.

Wegen Trumps USA: McAllister hofft auf neue EU-Freihandelsabkommen

Um sich von Trumps USA unabhängiger zu machen, müsse die EU „ihre eigene Erpressbarkeit“ überwinden, sagte Udo Bullmann. Die Union benötige internationale Partner, die Recht und Gesetz in der Weltpolitik stärken wollen. Dies seien Grundpfeiler der multilateralen Ordnung.

„Trumps erratische und egomane Politik ist Europas Chance, seine Rolle in den Augen der Welt neu und selbstbewusst zu definieren“, sagte Bullmann. Innenpolitisch müsse der Euro gestärkt werden – beispielsweise, indem die EU aus eigener Kraft attraktive gemeinsame Kapital- und Anleihemärkte schaffe. Außenpolitisch müsse Europa faire Partnerschaften für nachhaltige Entwicklungen mit einem „Win-win-Charakter“ aufbauen.

Das denkt auch David McAllister (CDU): „In einer Welt, in der wirtschaftliche Abhängigkeiten zunehmend als geopolitisches Druckmittel genutzt werden, ist die Diversifizierung unserer Handelsbeziehungen nicht nur ökonomisch geboten, sondern auch strategisch notwendig“, sagte der Ausschussvorsitzende für auswärtige Angelegenheiten der Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA.

EU-Abgeordnete macht Merz-Regierung für schlechten Trump-Zoll-Deal mitverantwortlich

Die EU benötige weitere Freihandelsabkommen, unter anderem mit Indien, Australien und Indonesien. Zudem müsse die Union mit kluger Standortpolitik und gezielter Förderung von Schlüsselindustrien gegensteuern, um Wertschöpfung und Arbeitsplätze langfristig in Europa zu halten. McAllister meint: „Auch wenn die Einigung einen wichtigen Beitrag zur Deeskalation geleistet hat, kann von einer grundsätzlichen Entwarnung keine Rede sein.“ Das transatlantische Verhältnis bleibe handelspolitisch anfällig. Die widersprüchlichen Aussagen auf beiden Seiten – etwa zu Pharma-Zöllen und zur Stahl-Regelung – machten deutlich, wie volatil die Lage sei. Es bestehe die reale Gefahr, dass Trump künftig weitere Forderungen stellen könnte.

Das vermutet auch die EU-Parlamentarierin Anna Cavazzini: „Es ist nicht unmöglich, dass Trump auch in Zukunft Extra-Zölle nutzt, um seine Ziele durchzusetzen oder wenn die angekündigten Investitionen nicht fließen“, sagte die Ausschussvorsitzende für Binnenmarkt und Verbraucherschutz unserer Redaktion.

Die Grünenpolitikerin bezeichnet die EU-Mitgliedsstaaten wie Deutschland unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) mitverantwortlich für das Zoll-Abkommen. Denn: Nationale Regierungen hätten „bei den Verhandlungen auf eine schnelle Einigung mit Trump gedrängt – koste es, was es wolle“, sagte Cavazzini.

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