Bundeskanzler Friedrich Merz und US-Präsident Donald Trump haben nach den Worten von Merz persönlich einen "guten Draht" zueinander gefunden. Das sagte der CDU-Politiker der "Süddeutschen Zeitung". "Nach unserem ersten Treffen hat er mir eine SMS geschickt, in der er dies zum Ausdruck brachte. Trump hatte offensichtlich das Gefühl, dass die Chemie zwischen uns stimmt und wir gut miteinander reden können." Er habe geantwortet: "Thank you."
Merz hatte Trump Anfang Juni in Washington getroffen, es folgten der G7-Gipfel in Kanada und der Nato-Gipfel in Den Haag.
"Er hört zu, er fragt nach": Merz schildert Trump-Verhalten beim Nato-Gipfel
Der Kanzler sagte, beim Nato-Gipfel habe Trump 32 Reden angehört. "Er hört zu, er fragt nach, er reflektiert. Er ist an anderen Meinungen und Ratschlägen interessiert." Hernach gab er allerdings eine denkwürdige Pressekonferenz.
Die US-Regierung habe gefordert, dass Deutschland und andere bei den Verteidigungsausgaben mit der Trittbrettfahrerei aufhörten. "Und das passiert jetzt. Die Europäer tun jetzt etwas für ihre eigene Sicherheit. Warum sollen wir Trump da nicht freundlich begegnen und sagen: Das machen wir. Allerdings treten wir selbstbewusst auf und nicht unterwürfig."
Merz steht zu „Drecksarbeit“-Äußerung nach Israel-Angriff auf Iran
In Fragen der internationalen Politik will sich Merz auch künftig mit undiplomatischen Formulierungen zu Wort melden. „Zur Außenpolitik gehört nicht nur Diplomatie, sondern auch analytische Klarheit. Die Bürgerinnen und Bürger spüren sehr genau, wenn die Führung eines Landes herumdruckst“, sagte er der "Süddeutschen Zeitung".
Merz hatte die israelischen Militärschläge gegen das iranische Atomprogramm am Rande des G-7-Gipfels mit den Worten begrüßt: „Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle.“ Auf die Frage, ob er seine Wortwahl bedaure, antwortete der Kanzler: „Nein“. Er warnte: „Wenn wir die Dinge nicht beim Namen benennen, übernehmen das die Falschen für uns.“
Merz bekräftigte seine Sympathie für die Angriffe Israels und der USA und wies Forderungen zurück, diese als völkerrechtswidrig einzustufen. „Natürlich gilt das Völkerrecht für uns. Ich will gar keine völkerrechtliche Einordnung vornehmen“, sagte er. Ihm stellten sich aber Fragen: „Kann man ernsthaft behaupten, dass Israel gegen Iran einen Präventivschlag geführt hat? Oder wird seit dem 7. Oktober 2023 Krieg geführt gegen Israel mit einer Hamas, die von Iran finanziert wird?“ Israel wehre sich „gegen die Hintermänner dieses Krieges und gegen die existenzielle Bedrohung durch eine iranische Atombombe“.
Merz äußert Skepsis gegenüber Telefonat mit Putin
Skeptisch äußerte sich Merz zur Möglichkeit eines Telefonats mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin. „Auf das letzte Telefonat mit meinem Amtsvorgänger folgten Bomben auf ein Kinderkrankenhaus. Wenn das also das Ergebnis solcher Telefonate ist, würde ich noch lange davon Abstand nehmen“, sagte er. Auch US-Präsident Trump zeige gegenüber Putin eine „wachsende Skepsis“ und werde kritischer. In Europa gebe es eine große Übereinstimmung in der Bewertung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. „Ich glaube, Präsident Trump nähert sich dieser Einschätzung an“, sagte Merz.
In Teilen der deutschen Bevölkerung gebe „es eine tief sitzende Kriegsangst“, konstatierte Merz. „Ich teile sie nicht, aber ich kann sie nachvollziehen. Prinzipiell ist es richtig, alle Wege zu einem Frieden zu suchen“, sagte er. Nötig sei aber ein realistischer Blick auf die imperialistischen Absichten Russlands. Merz verwies auf die auf Beschwichtigung Nazi-Deutschlands ausgerichtete Appeasement-Politik vor dem Zweiten Weltkrieg. „Wir dürfen einen solchen Fehler nicht noch einmal machen“, warnte er.
Merz wünscht sich stabile Umfragen - und würde sich auch mit SPD freuen
Als „Etappenziel dieser Wahlperiode“ nannte Merz, dass die Koalition aus CDU/CSU und SPD „stabil über 50 Prozent“ in den Umfragen liege. Dabei wandte er sich insbesondere an die SPD, die am Freitag zu ihrem Parteitag zusammenkam. „Ich habe auch kein Interesse daran, dass die SPD scheitert. Wenn die SPD wieder über 20 Prozent kommt, dann freut mich das genauso, wie wenn wir in der Union wieder über 30 Prozent kommen“, sagte er.
Eine aktuelle Umfrage nährt die Hoffnung. Im aktuellen Politbarometer des ZDF nähern sich Union und SPD zumindest wieder einer parlamentarischen Mehrheit, die in den bisherigen Umfragen nach der Bundestagswahl meist fehlte.