"Guantanamo im Sumpf": Alligatoren und Schlangen bewachen neues US-Abschiebeheim
Der Spitzname ist makaber: "Alligator Alcatraz". In den Everglades des US-Bundestaates Florida sollen künftig Alligatoren und Schlangen ein neues Abschiebeheim für Migranten bewachen und die Menschen vor möglichen Fluchtversuchen abschrecken.
Zu Beginn dieser Woche sind die Bauarbeiten gestartet. Die Haftanstalt wird vorwiegend aus großen Zelten bestehen und über 5000 Betten verfügen. Schon in wenigen Wochen sollen hier die ersten undokumentierten Migranten inhaftiert werden.
In den Everglades leben rund 200.000 Alligatoren, 2000 Krokodile sowie zwischen 100.000 und 300.000 Pythonschlangen. Die Everglades liegen im südlichen Teil Floridas und erstrecken sich über eine Fläche von rund 6000 Quadratkilometern. Sie gelten als einziger Ort auf der Welt, wo Alligatoren und Krokodile in freier Wildbahn koexistieren.
"Alligator Alcatraz": Alligatoren als natürlicher Barriere
Der Name "Alcatraz" im Spitznamen ist eine Anspielung an die berüchtigte ehemalige Gefängnisinsel in der Bucht von San Francisco, die für ihre Isolation bekannt war. US-Präsident Donald Trump hatte bereits im Mai vorgeschlagen, die frühere Haftanstalt und heutige Touristenattraktion wieder als Gefängnis zu eröffnen.
Entgegen mancher Vermutungen sei der Spitzname "Alligator Alcatraz" kein Scherz, betonten die Behörden in Florida zu Wochenbeginn. "Die Grenzen sind hier von Mutter Natur schon festgelegt. Viele dachten, es sei vielleicht nur ein Witz, aber wir meinen es absolut ernst", sagte Generalstaatsanwalt James Uthmeier.
Aufgrund des hohen Aufkommens von Reptilien in der unmittelbaren Umgebung erhoffe man sich tatsächlich, deutlich weniger Gelder als üblich für Wachpersonal und Schutzanlagen ausgeben zu müssen.
"Man muss nicht so viel Geld in das Gelände investieren", erklärte Uthmeier in einem Video auf X. "Die Leute kommen raus, und außer Alligatoren und Pythonschlangen wartet nicht viel auf sie. Nirgendwo, wo man sich verstecken könnte."
Abschiebeheim soll nur vorübergehend und provisorisch sein
Standort der geplanten Anlage ist ein Trainingsflughafen rund 88 Kilometer westlich von Miami. Ursprünglich wollte man den "Everglades Jetport" zum größten Flughafen der Welt ausweiten, bis der Bau in den 70er Jahren aus Umweltgründen gestoppt wurde. Der 109 Quadratkilometer große, unbebaute Flugplatz verfügt über eine drei Kilometer lange Start- und Landebahn.
Die Einrichtung soll nur vorübergehend als Abschiebeheim dienen, heißt es – entsprechend provisorisch und schnell werde man auch in den nächsten Tagen und Wochen bei der Errichtung vorgehen.
Uthmeier meinte: "Wir werden eine einfache Infrastruktur haben mit vielen robusten Zeltanlagen und Anhängeranlagen. Wir müssen nicht viele Gebäude bauen." Das Ziel sei es, bereits im kommenden Monat Juli die ersten Zelte in Betrieb zu nehmen.
Auch US-Heimatschutzministerin Kristi Noem bekräftigte in einem Statement: "Unter der Führung von Präsident Donald Trump arbeiten wir mit Hochdruck an kostensparenden und innovativen Lösungen, um dem Mandat des amerikanischen Volkes zur Massenabschiebung krimineller illegaler Einwanderer nachzukommen."
Projekt wird als menschlich grausam verurteilt
Kritiker verurteilen das Projekt aufs Schärfste und Umweltorganisationen schlagen Alarm: Die Folgen für das fragile Ökosystem der Everglades könnten verheerend sein, warnen sie. Vor allem aber bezeichnen sie das Vorhaben als menschlich grausam.
Mark Fleming, stellvertretender Direktor für Bundesrechtsverfahren am National Immigrant Justice Center, nannte die Pläne, Migranten in Floridas gefährlich heißen Sommermonaten in Zelten unterzubringen, unverantwortlich.
"Die Tatsache, dass die Regierung und ihre Verbündeten überhaupt eine so große provisorische Einrichtung in so kurzer Zeit in Erwägung ziehen, ohne einen offensichtlichen Plan für die angemessene Besetzung der medizinischen und anderen notwendigen Dienste mitten in der Sommerhitze von Florida, zeigt ihre skrupellose Missachtung der Gesundheit und Sicherheit der Menschen, die sie dort einsperren wollen", so Fleming der "New York Times". "Es ist einfach ein Schock für das Gewissen."
"DeSantis’ kleines Guantanamo im Sumpf"
Alex Howard, früherer Sprecher des Heimatschutzministeriums unter dem ehemaligen Präsidenten Joe Biden, bezeichnete das Projekt als "DeSantis’ kleines Guantanamo im Sumpf".
Der gebürtige Floridianer sprach von einer "grotesken Mischung aus Grausamkeit und politischem Theater". Man löse das Einwanderungsproblem nicht, indem man Menschen in Zelten verschwinden lasse, die von Alligatoren bewacht werden, erklärte er gegenüber dem öffentlichen US-Sender NPR.
"Man löst das Problem durch rechtmäßige Maßnahmen wie etwa humanitäre Bewährung, vorübergehenden Schutzstatus, eine humane Infrastruktur und tatsächliche Politik – aber nicht durch die Inszenierung eines 450-Millionen-Dollar-Stunts mitten in der Hurrikan-Saison."