„Enorme Kosten“ für Russlands Wirtschaft – können nur noch Sanktionen Putin stoppen?
Westliche Sanktionen gegen Russland könnten Putin aufhalten. Denn der Präsident wird einsehen müssen, dass er den Maßnahmen nicht trotzen kann.
Moskau – Der russische Präsident gilt als unberechenbar – doch es gibt offenbar Wege, die Wladimir Putin dazu zwingen könnten, seine Aggression einzustellen. Die westlichen Sanktionen gegen Russland spielen dabei eine Schlüsselrolle. Längst ist der Ukraine-Krieg zu einem Wirtschaftskrieg geworden. Anzeichen für langfristige wirtschaftliche Schäden sind bereits sichtbar.
Sanktionen gegen Russland zeigen Wirkung – Putin muss immer mehr Geld ausgeben
Der Krieg in der Ukraine wird für Putin immer teurer. Russland will 2024 die Militärausgaben massiv erhöhen – ein Zeichen, dass sich Putin auf einen längeren Krieg einstellen könnte. Der Präsident will umgerechnet etwa 109 Milliarden Euro im kommenden Jahr in sein Militär stecken. Das macht fast ein Drittel des Gesamthaushaltes aus. Dies entspräche etwa sechs Prozent des russischen Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Die hohen Militärausgaben trieben das BIP in die Höhe. Doch die Abhängigkeit vom Ukraine-Krieg wird sich für die Wirtschaft langfristig nicht auszahlen. „Wenn die russische Regierung hundert Milliarden Dollar für die Herstellung von Panzern und die Rekrutierung von Soldaten ausgibt, um sie in die Ukraine zu schicken, erhöht dies das russische BIP, auch wenn sich die Lebensqualität nicht ändert“, argumentiert der russische Wirtschaftswissenschaftler Sergei Guriev in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z).
Russische Wirtschaft leidet unter Sanktionen – hohe Inflation und Arbeitskräftemangel
Es ist zweifellos, dass andere Branchen der russischen Wirtschaft unter den Sanktionen und den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs leiden. Dafür reicht ein Blick auf die hohe Inflation und der Fachkräftemangel. Die russische Zentralbank hat abermals den Leitzins erhöht – zum fünften Mal seit Sommer. Seit Monaten versuchen die Währungshüter, gegen die hohe Inflation anzukommen und einen weiteren Rubel-Absturz zu verhindern.
Trotz der wirtschaftlichen Lage will Putin vor allem kinderreiche Familien unterstützen, wie er bei der Rede zur Lage der Nation verkündete. Doch diese Versprechen müssen nach Einschätzung von Experten auch im Kontext der anstehenden Präsidentschaftswahl betrachtet werden. Es ist durchaus denkbar, dass Putin seine Versprechen zur Besserung wirtschaftlicher Lagen nicht einlösen wird – oder nicht einlösen kann, da ihm langsam das Geld ausgeht.
Putins Verbündete drehen den Geldhahn ab – Banken lassen Russland hängen
Putins Verbündete sind zudem dabei, russische Konten zu schließen und den Zahlungsverkehr einzustellen. Chinesische Volksbanken, darunter die größte Bank Chinas, wollen die Geschäfte mit Russland einstellen. Nach Angaben aus Russland werden Gespräche über Chinas Kreditvergabe im russischen Bankensektor geführt – bislang allerdings ohne Erfolg. Auch Banken aus der Vereinigten Arabischen Emirate und türkische Banken kehren aus Sorge vor Auswirkungen der Sekundärsanktionen Putin den Rücken zu.
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„Sie sehen, dass türkische und chinesische Banken sich von Russland distanzieren wollen. All dies verursacht enorme Kosten für die russische Wirtschaft und erschwert ihre Entwicklung erheblich“, sagte Janis Kluge von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) im Gespräch mit Euractiv.
Sanktionen gegen Russland beeinflussen Ölhandel – Indien reagiert besorgt
Auf lange Sicht werden Putin wichtige Geldquellen wegbrechen. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs hat die Europäische Union etwa 200 Milliarden Euro an russischen Vermögenswerten eingefroren. Derzeit ringen EU-Länder über die Nutzung eingefrorener Vermögen. Wegen hoher juristischer Hürden in Deutschland und anderen Ländern können sie aber nicht einfach beschlagnahmt werden.
Man beachte auch die Wirkungen der Sanktionen auf den Ölhandel. Jüngst hatte Indien nach Erlassung eines weiteren US-Sanktionspakets gegen Russland angekündigt, den Handel mit Russland einzuschränken. Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge besteht in indischen Raffinerien derzeit Sorge über die neuen westlichen Sanktionen. Bei der Suche nach einem optionalen Öllieferanten könnte schlussendlich könnte Indiens Wahl künftig auf den Nahen Osten fallen. Heißt also: die Sanktionen werden sich auch Gewinne aus dem Ölhandel auswirken.
Schärfere Sanktionen gegen Russland erforderlich? Experte fordert mehr Maßnahmen
Dennoch: Guriev sieht Bedarf, einige der westlichen Sanktionen zu verschärfen – vor allem gegen Russland Handelspartner. Das gelte auch, um sicherzustellen, dass Putin die Ausfuhrbeschränkungen für Militärtechnologie oder Technologie mit doppeltem Verwendungszweck nicht einfach umgehen kann. Guriev fordert in dem F.A.Z-Beitrag, dass der Westen deshalb Sekundärsanktionen gegen Putins Handelspartner verhängt. Dann könnten die Bereitschaft noch mehr sinken, Putin zu unterstützen. (bohy)