Ampel-Gesetz zur Rente: Ab 2028 haben Arbeitnehmer deutlich weniger netto vom brutto

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Das Rentenpaket der Ampel-Koalition sieht eine deutlichere Erhöhung der Beiträge in die Rentenkassen vor, als bisher geahnt. Schon in vier Jahren soll die 20-Prozent-Marke erreicht sein.

Berlin – Die Ampel-Regierung plant mit ihrem Gesetz zum Rentenpaket II eine deutliche Erhöhung der Rentenbeiträge schon ab 2028. Das geht aus einem Entwurf des Gesetzes hervor, über das mehrere Medien, darunter der Spiegel, übereinstimmend berichten. Demnach soll der Beitrag in die Rentenkasse ab 2028 auf 20 Prozent springen, bis 2035 dann auf 22,3 Prozent.

Rentenniveau auf 48 Prozent absichern

Damit will die Ampel-Koalition die Finanzierung eines dauerhaften Rentenniveaus von 48 Prozent absichern. Das Rentenniveau besagt, wie viel Prozent eines durchschnittlichen Lohns ein Ruheständler als Rente im Schnitt erhält. Das durchschnittliche Bruttoeinkommen in Deutschland liegt bei 49.260 Euro, davon 48 Prozent sind 23.644,80 Euro. Das ergibt eine monatliche Bruttorente von 1970,40 Euro. Die tatsächliche Durchschnittsrente ist aber niedriger: 2023 erhielten Rentner und Rentnerinnen im Schnitt 1543 Euro pro Monat. Daran sieht man, dass das Rentenniveau eine rein rechnerische Größe darstellt und sich nicht unbedingt eins zu eins auf die tatsächliche Rentenhöhe auswirkt.

Laut Gesetzesentwurf müsste das Rentenniveau ab 2028 erstmals wieder abgesenkt werden, wenn kein neuer Weg zur Finanzierung gefunden würde. Dazu hat man entschieden, die Beiträge anzuheben und zugleich die Aktienrente einzuführen, um die Rentenkasse aufzufüllen.

Tabelle: So wirken sich die Rentenbeiträge auf den Lohnschein aus

Eine Erhöhung der Beiträge auf über 20 Prozent hat es in der Vergangenheit auch schon mal gegeben. Zwischen 1997 und 1998 lag der Beitragssatz bei 20,3 Prozent und ist 1999 auf 19,5 herabgesenkt worden. Seit 2011 sind die Beitragssätze dreimal reduziert worden.

Doch laut dem neuen Entwurf werden die Beiträge erstmals auf über 22 Prozent steigen, bis 2035 auf 22,3 Prozent, wie es in einer Einschätzung der Bundesregierung heißt. Wie sich das auf den Nettolohn eines Einzelnen auswirken kann, haben wir hier berechnet:

Bruttolohn Rentenbeitrag bei 18,6% ... bei 20 % ... bei 22 % ... bei 22,3 %
2000 Euro 186,00 Euro/Monat 200 Euro/Monat 220 Euro/Monat 223 Euro/Monat
3000 Euro 279,00 Euro/Monat 300 Euro/Monat 330 Euro/Monat 334,50 Euro/Monat
3500 Euro 325,50 Euro/Monat 350 Euro/Monat 385 Euro/Monat 390,25 Euro/Monat
4000 Euro 372,00 Euro/Monat 400 Euro/Monat 440 Euro/Monat 446 Euro/Monat
4500 Euro 418,50 Euro/Monat 450 Euro/Monat 495 Euro/Monat 501,75 Euro/Monat
4800 Euro 446,40 Euro/Monat 480 Euro/Monat 528 Euro/Monat 535,20 Euro/Monat
5000 Euro 465,00 Euro/Monat 500 Euro/Monat 550 Euro/Monat 557,50 Euro/Monat

Die Mehrbelastung ist also teilweise erheblich – schon jetzt muss eine Person mit einem Bruttolohn von 4000 Euro im Monat 842 Euro an Sozialabgaben leisten. Mit einem Rentenbeitragssatz von 22 Prozent springt das auf 910 Euro.

Wirtschaftsweiser: Rentenpaket reicht nicht aus

Der Wirtschaftsweise Martin Werding hält die aktuellen Rentenpläne der Bundesregierung für unzureichend. Er hoffe, dass im Laufe der Legislaturperiode noch etwas in Richtung private Altersvorsorge passiere, sagte Werding am Dienstag im ZDF-„Morgenmagazin“. „Das kann und muss man tun“, betonte Werding und verwies auf die ursprünglichen FDP-Pläne für eine Aktienrente. 

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) wollen am Vormittag ihre Pläne für einen neuen milliardenschweren Kapitalstock für die Rentenversicherung auf dem Aktienmarkt vorstellen. Mit dem FDP-Vorschlag hat dies aber wenig zu tun. Beitragsgelder sind nun für den Kapitalstock nicht vorgesehen. Die FDP hatte im Wahlkampf dafür geworben, dass zwei Prozent des Einkommens in eine kapitalgedeckte Vorsorge gesteckt werden. 

Christian Lindner (l) und Hubertus Heil (r) sitzen in einem Plenarsaal und reden miteinander.
Christian Lindner (l) und Hubertus Heil (r) sitzen in einem Plenarsaal und reden miteinander. © picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Werding hieß die aktuellen Pläne grundsätzlich gut. „Das ist im Grunde der Weg, mit einer geänderten Altersstruktur langfristig vorzusorgen“, sagte das Mitglied im Sachverständigenrat zur Beurteilung der wirtschaftlichen Entwicklung. Nur reiche dies nicht aus. Auch gab der Experte zu bedenken, dass die Bundesregierung nur mit bis zu zehn Milliarden Euro pro Jahr rechne, die aus den Erträgen am Aktienmarkt aus dem Kapitalstock in die Rentenkasse fließen soll. Das sei bei einem System mit Ausgaben von 400 Milliarden Euro ein sehr kleiner Beitrag und decke die Renten nur für ungefähr eine Woche ab.  

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert verteidigte den neuen Rentenplan. Er sagte im RTL/ntv-„Frühstart“, es gehe um Planbarkeit in der gesetzlichen Rente. Die Renten stiegen weiter entsprechend der Lohnentwicklung und künftige Rentenbezieher hätten eine Sicherung ihres Lebensstandards. Das wäre ohne das Paket nicht gesichert gewesen. Sichergestellt sei auch, dass nicht mit den Beiträgen der Versicherten spekuliert werde. „Das Risiko liegt nicht bei den Versicherten“, stellte Kühnert klar. 

Mit Material von AFP

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