Iran isoliert: USA arbeiten an historischem Abkommen mit Saudi-Arabien

  1. Startseite
  2. Politik

KommentareDrucken

Der saudische Außenminister Prinz Faisal bin Farhan bin Abdullah empfing am 20. März 2024 seinen US-amerikanischen Amtskollegen Anthony Blinken in Jeddah. © IMAGO / Saudi Press Agency / apaimages

Die USA wollen ihre Vermittler-Rolle in Nahost nicht an China verlieren: Sie fädeln ein Israel-Saudi-Arabien-Abkommen ein. Doch stimmt Netanyahu zu?

Riad – Die USA versprechen Saudi-Arabien bilateral vieles davon, was der Golfstaat sich schon lange wünscht: eine offizielle Verteidigungspartnerschaft mit den Vereinigten Staaten, Unterstützung bei seinem zivilen Atomkraftprogramm und erneuerte Anstrengungen für einen palästinensischen Staat. Im Gegenzug soll Kronprinz Mohammed bin Salman Israel offiziell als Staat anerkennen. Er scheint dazu bereit zu sein – die Verhandlungen sollen im finalen Stadium sein, berichtet das Wall Street Journal –, doch ob Israels Premierminister Benjamin Netanyahu ebenfalls zustimmt, ist fraglich.

In dem Bekenntnis zu einem palästinensischen Staat dürfte das größte Konfliktpotenzial liegen, denn Israel weiß derzeit selbst nicht so genau, was es mit dem weitgehend zerstörten Gazastreifen machen soll. Annähernd genauso problematisch ist der Status des Westjordanlandes: Nach den Angriffen der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und dem folgenden militärischen Vergeltungsschlag eskalierte die Situation auch dort zwischen radikalen israelischen Siedlern und der arabisch-palästinensischen Bevölkerung.

Diplomatische Anerkennung: USA wollen ein Abkommen zwischen Israel und Saudi-Arabien vermitteln

Ein palästinensischer Staat würde bedeuten, diese beiden Gebiete unter einer von Israel unabhängigen Regierung zusammenzufassen. Das Problem ist, dass aktuell niemand der Palästinensischen Autonomiebehörde unter dem 88-jährigen Mahmud Abbas zutraut, diese Aufgabe bewältigen zu können. Insbesondere Netanyahu lehnt eine solche Lösung ab, weil sie die Sicherheit Israels gefährde und ihm die religiös-konservativen Koalitionspartner im Nacken sitzen. Sie gaben sich stets als Anwälte der jüdischen Siedler, die sich teils illegal im Westjordanland niederlassen, weil sie darauf pochen, dass Gott ihnen dieses Land gab.

Benny Gantz, Mitglied des israelischen Kriegskabinetts und politischer Hauptrivale von Netanyahu, sprach sich hingegen erst Anfang April für einen Normalisierungsdeal mit Saudi-Arabien aus. Außerdem ist er für einen Einbezug der Golfmonarchie und anderer moderater arabischer Staaten in eine zukünftige Sicherheitsordnung für Gaza. Saudische Vertreter sollen nun dazu auch ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt haben. Laut Wall Street Journal stellten sie zudem in Aussicht, im Hinblick auf einen Palästinenserstaat vorerst rein mündliche Zusicherungen Israels akzeptieren zu wollen, um die übrigen Zugeständnisse der USA nicht zu gefährden.

Streben nach Regionalmachtstatus: Saudi-Arabien zwischen USA, Iran, Türkei und China

Doch warum interessiert sich Saudi-Arabien überhaupt für das Schicksal der Palästinenser? Nicht zuletzt, weil es mit Mekka und Medina Hüter der heiligsten Stätten des Islam ist, sieht sich Saudi-Arabien als eine Art Schutzmacht mindestens aller sunnitischen Muslime. Für die Schiiten beansprucht der Iran diese Rolle. Saudi-Arabien fühlt sich deswegen auf einer moralischen Ebene auch für die Muslime in Palästina verantwortlich. Hinzu kommt das Streben danach, die dominante Regionalmacht zu werden und als solche regionale Konflikte zu regeln.

Sowohl auf der moralischen Ebene als auch im Hinblick auf die Regionalmacht-Ambitionen konkurriert jüngst die Türkei immer stärker mit Saudi-Arabien. Aus diesem Grund brachte sich Recep Tayyip Erdoğan ebenfalls bereits als Vermittler im Gaza-Krieg ein. Die USA zielten mit ihren aktuellen Anstrengungen aber darauf, einen anderen potenziellen Vermittler aus der Angelegenheit herauszuhalten, wie US-Offizielle gegenüber dem Wall Street Journal sagten: Chinas Einfluss in der Region solle begrenzt werden. Ebenso wichtig sei es, den Iran weiter zu isolieren, indem man Saudi-Arabien mit Israel enger an den wichtigsten US-Verbündeten in der Region binde.

Überhaupt dürfte im drohenden Konflikt zwischen Israel und dem Iran ein entscheidender Faktor für die Beschleunigung der Verhandlungen mit Saudi-Arabien liegen, die die Hamas-Terrorattacke vom 7. Oktober 2023 zunächst auf Eis gelegt hatte. Der Golfstaat beteiligte sich in der Nacht des iranischen Großangriffs auf Israel ebenso wie das arabisch-muslimische Königreich von Jordanien an der Abwehr iranischer Drohnen und Raketen.

Trump hat vorgearbeitet: Ein außenpolitischer Erfolg könnte Biden bei der Wiederwahl helfen

Anders als Saudi-Arabien war Jordanien 1994 nach Ägypten der zweite arabische Staat, der Israel anerkannte. 2020 vermittelte Ex-US-Präsident Donald Trump die Abraham Accords, in denen Israel mit einer Reihe weiterer arabischer Staaten die Normalisierung der bilateralen Beziehungen vereinbarte. Seitdem haben in diesem Kontext die Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain, Marokko und der Sudan den jüdischen Staat anerkannt.

Joe Biden baut mit den aktuellen US-Anstrengungen also auf einem Fundament auf, das sein republikanischer Amtsvorgänger gelegt hatte. Er wird einen möglichen Erfolg allerdings für sich beanspruchen, denn in den Vereinigten Staaten stehen die Präsidentschaftswahlen unmittelbar bevor. Wenngleich es heißt, dass den amerikanischen Wählern innenpolitische Themen wichtiger sind, kann ein außenpolitischer Erfolg, den ein Israel-Saudi-Arabien-Abkommen darstellen würde, doch Bidens Popularität steigern.

Auch interessant

Kommentare