Hemmschuh für die Koalition: Bas will Gerechtigkeit – doch ihr Renten-Vorschlag entzweit die Generationen

Dass Politiker einen Fehler eingestehen, kommt sehr selten vor. Auf einem Fehler jedoch zu beharren, macht die Sache noch viel schlimmer.

Mit ihren ersten Auftritten und Äußerungen hat Bärbel Bas weder der Koalition noch ihrer Partei und schon gar nicht sich selbst einen Gefallen getan. Entgegen Expertenmeinungen verteidigt die SPD-Arbeitsministerin auch in ihrer jüngsten Rede im Bundestag ihren Vorschlag, Beamte in die Rentenversicherung einzubeziehen. Es gehe um Akzeptanz und um ein gerechtes System, so Bas im Bundestag.

Tatsächlich würde der anfangs leicht ansteigende Beitragszufluss junger, frisch vereidigter Beamter später wie ein Bumerang zurückschlagen. Denn Beamten steht eine Pension von bis zu 72 Prozent ihrer Besoldung zu. 

Dies müsste dann aus der Rentenkasse finanziert werden. Beamten- und Sozialversicherungsrecht hier zu synchronisieren, ist kaum möglich und wäre obendrein nicht effizient. Tatsache ist: Wer in die Rentenkasse einzahlt, erhält damit auch entsprechende Rentenansprüche.

Bas-Vorschlag keine Lösung – Experten haben etwas anderes vor

Bas' Vorschlag ist nur eine Umverteilung, aber keine Lösung des immer krasser werdenden Finanzierungsproblems der Rente. Beim Rentensystem wurden in den letzten 30 Jahren genug Löcher gestopft – alle angeblich im Namen der Gerechtigkeit. Doch das System führt nun zu Ungerechtigkeit zwischen den Generationen.

Nicht nur die Union ist daher dagegen. Auch Wirtschaft und Wissenschaft wollen etwas anderes. Die Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) etwa empfiehlt eine verlängerte Lebensarbeitszeit – gekoppelt an die steigende Lebenserwartung. 

Ebenso fordern dies beispielsweise das Institut der Deutschen Wirtschaft, das ifo-Institut, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), die Wirtschaftsweisen Veronika Grimm und Monika Schnitzer oder Rentenexperten der Universitäten Freiburg, Leipzig und Köln.

Lange bekannt, lange geleugnet: Die Rente ist unsicher

Während sich die Baby-Boomer nun noch entspannt verrenten können, werden alle darauffolgenden Generationen in den sauren Apfel beißen müssen. Was lange bekannt ist, prognostizierte vergangenes Jahr auch der Bundesrechnungshof in einer Stellungnahme zum gescheiterten Rentenpaket der Ampel. Denn eines ist klar: Die Rente ist unsicher.

Wer weiterhin das Rentenniveau stabil oder das Renteneintrittsalter niedrig halten will, muss deutlich den Beitragssatz oder die Steuerzuschüsse erhöhen. Doch beides ist für Steuerzahler, Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht hinnehmbar. Von derzeit 18,6 Prozent könnte sich bis 2045 dann der Beitragssatz für Arbeitgeber und -nehmer um sechs Prozentpunkte bis 2045 erhöhen. 

Gleichzeitig müssten die Steuerzahler aber auch noch mehr Geld zuschießen. Derzeit finanzieren sie die Rentner zu etwa 22 Prozent mit rund 85 Milliarden Euro pro Jahr. Dazu kommen noch rund 13 Milliarden Euro Mütterrente und sonstige Extras.

Worst-Case-Szenario eingetreten: Bas muss sich der Realität stellen

Auch, wenn Politiker am liebsten niemandem weh tun und alle glücklich machen wollen: Das Rentensystem in der heutigen Form hat keine Überlebenschance. Bärbel Bas sollte sich der Realität stellen.

  • Längere Lebensarbeitszeiten sind unumgänglich.
  • Frühverrentung und Mütterrente belasten das System zunehmend.
  • Das langfristige Rentenniveau von 48 Prozent des Durchschnittseinkommens ist zusehends illusorisch.
  • Die Generationen, die noch länger arbeiten müssen, benötigen zudem ein vom Staat gesichertes Finanzprodukt für die Eigenvorsorge.

Das deutsche Demografie-Problem für die Rente ist seit den 1990ern bekannt. Die Politik hat es seitdem nur vor sich hergeschoben und die Situation dadurch verschlimmert. Nun sollte sich die neue Arbeitsministerin dem Worst-Case-Szenario stellen. Denn bei weiterer Untätigkeit wird es noch schlimmer kommen.

Doch Bärbel Bas will nun erst einmal eine Rentenkommission einberufen. Ganz nach dem alten Beamten-Motto „Wenn ich nicht mehr weiterweiß, gründ‘ ich einen Arbeitskreis.“ Warum Bas dann auf ihrem Vorschlag beharrt, wenn doch die Kommission nach Lösungen suchen soll, bleibt unklar.