Das zur UNICEF gehörende Forschungsinstitut Innocenti hat jetzt die Ergebnisse seiner diesjährigen Studie zum Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen in verschiedenen Ländern veröffentlicht. Entgegen dem langfristigen Trend seit der Jahrtausendwende verschlechterte sich die Lage im Schnitt weltweit. Deutschland ist dabei keine Ausnahme. Betrachtet wurde dabei der Zeitraum zwischen 2018 und 2022, die Corona-Pandemie spielt hier also zur Hälfte mit hinein.
Dies sind die wichtigsten Ergebnisse für Deutschland:
- 68 Prozent der Jugendlichen im Alter von 15 Jahren sind zufrieden mit ihrem Leben. Das sind sieben Prozentpunkte weniger als noch 2018. Damit rutscht Deutschland von Platz 21 auf Platz 29 von nur 36 Ländern ab.
- 25,4 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind übergewichtig. Das ist etwas weniger als noch 2018. Deutschland liegt damit auf Platz 17, aber 2018 waren wir noch 14.
- Die Suizidraten und generell die Sterblichkeit von Kindern und Jugendlichen ging leicht zurück.
- Nur 60 Prozent der Kinder und Jugendlichen haben grundlegende Kenntnisse im Lesen, Schreiben und Mathematik. 2018 waren es noch 73 Prozent. Das ist nach den Niederlanden und Zypern der drittgrößte Rückgang aller Länder. Wir liegen damit bei den schulischen Kompetenzen nur noch auf Platz 21, zuvor war es Platz 6.
- Insgesamt belegt Deutschland damit den 25. Platz von 36 Ländern wenn es um das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen bis 15 Jahren geht. 2018 waren wir auf Rang 14.
Die Lage von Kindern und Jugendlichen in Deutschland hat sich also von 2018 bis 2022 deutlich verschlechtert. Daran trägt die Corona-Pandemie mit Schulschließungen und Lockdowns einen gewichtigen Anteil, aber dieses Problem hatten alle Länder.
Deutschland ist schlechter als der globale Trend
In Deutschland ging das Wohlbefinden aber sogar stärker zurück als im globalen Trend. Entsprechend müsste hier die Politik gegensteuern. Neben der Tatsache, dass Menschen in Deutschland generell zufrieden mit ihrem Leben sein sollten, hat das auch volkswirtschaftliche Gründe: Aus kranken Kindern werden kranke Erwachsene, die nicht nur das Gesundheitssystem stärker belasten, sondern auch weniger zum Sozialsystem beitragen können, weil sie weniger oder seltener in hoch qualifizierten Jobs arbeiten können.
Gleiches gilt für die schulischen Kompetenzen. Platt gesagt: Wer mit 15 Jahren Probleme beim Lesen und dem kleinen Einmaleins hat, der wird wahrscheinlich später kein Raketenwissenschaftler mehr.
Das wären Lösungen
Demnach sollte es also im Interesse der Bundes- und Länderregierungen sowie der Gesellschaft im Allgemeinen liegen, das Wohlbefinden von Kindern und Jugendliche zu verbessern. UNICEF macht auch gleich einige Vorschläge, wie das gelingen könnte.
- Zur Verbesserung der mentalen Gesundheit sollten gezielt Kinder in gefährdeten Situationen unterstützt werden. Das betrifft in Deutschland vor allem Kinder, die in Armut aufwachsen, geflüchtete Kinder und Kinder psychisch kranker Eltern. Neben ausreichenden medizinischen Angeboten ist für diese Gruppen vor allem die Teilhabe am sozialen Leben wichtig. Kinder, die in Sportvereinen oder auf Klassenfahrten dabei sind, entwickeln seltener mentale Krankheiten. Unter der Ampel-Regierung wäre die gescheiterte Kindergrundsicherung ein Mittel dazu gewesen. Die schwarz-rote Koalition möchte zumindest die monatlichen Sätze für Teilhabe von 15 auf 20 Euro für Kinder aus Bürgergeld-Familien erhöhen.
- Zur Verbesserung der körperlichen Gesundheit empfiehlt die UNICEF, mehr kostenlose warme Mahlzeiten – also in der Regel ein Mittagessen – in Kindergärten und Schulen anzubieten. So könnte sichergestellt werden, dass sich Kinder gesünder ernähren. Außerdem sollten Dörfer und Städte kinderfreundlicher gestaltet werden, also mit mehr einfach erreichbaren Orten, an denen sich Kinder und Jugendliche sportlich austoben können. Die Bundesregierung hat zu beidem keine Pläne im Koalitionsvertrag.
- Zur Verbesserung von schulischen Kompetenzen braucht es schlicht gesagt mehr Geld für das deutsche Bildungssystem. Bisher werden rund 4000 Schulen mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Kinder von der Bundesregierung durch das Startchancen-Programm unterstützt. Dies sollte laut UNICEF auf mehr Schulen und auch auf Kindergärten ausgeweitet werden. Zudem müsste endlich sichergestellt werden, dass der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz und ab kommendem Jahr auch auf einen Platz in einer Ganztagsschule in der Realität umgesetzt werden kann. Noch immer fehlt es da an hunderttausenden Plätzen. Die Bundesregierung will hier laut Koalitionsvertrag mehr investieren, nennt aber keine Zahlen.