Einseitige Preissteigerungen: Preiserhöhungen bei Netflix unzulässig – was Millionen Nutzer in Deutschland tun können
Einseitige Preissteigerungen ohne echte Zustimmung
Netflix hatte seine Preise zwischen 2017 und 2022 mehrfach erhöht – von ursprünglich 11,99 Euro auf zuletzt 17,99 Euro monatlich. Die Kunden wurden über Pop-up-Fenster auf der Plattform informiert und mussten aktiv einem „Zustimmungs-Button“ zur Preiserhöhung klicken, um den Dienst weiter nutzen zu können. Alternativ blieb nur ein Abo-Downgrade.
Das Landgericht Köln sah darin keine wirksame Vertragsänderung. Die Nutzer hätten die Preisänderungen als bloße Information und nicht als verhandelbares Angebot verstanden. Eine rechtlich bindende Zustimmung sei so nicht erfolgt.
„Ein Klick reicht nicht, wenn der Kunde nicht erkennt, dass er einem neuen Vertrag zustimmt“, erklärt Prof. Christian Solmecke von der Kanzlei WBS.LEGAL, die den Fall juristisch begleitet hat.
AGB-Klausel von Netflix ist unwirksam
Besonders deutlich urteilte das Gericht über die Geschäftsbedingungen von Netflix. Die Klausel zur Preisanpassung (Ziffer 3.5 der AGB) erlaubt es dem Unternehmen, Preise einseitig zu erhöhen, ohne eine Verpflichtung zur Preissenkung bei sinkenden Kosten.
Laut Gericht stellt dies eine unangemessene Benachteiligung der Kunden dar (§ 307 Abs. 1 BGB). Ein bloßes Kündigungsrecht reiche nicht aus, um das auszugleichen. Damit sei die Klausel rechtlich unwirksam.
Gericht folgt höchstrichterlicher Rechtsprechung
Das LG Köln stützte seine Entscheidung auf zwei aktuelle Beschlüsse des Bundesgerichtshofs (vom Januar und Februar 2025) sowie ein Urteil des Kammergerichts Berlin aus dem Jahr 2023. Während frühere Entscheidungen zu sozialen Netzwerken nur die kostenlosen Nutzungsbedingungen betrafen, gehe es bei Netflix um eine vertraglich geschuldete Hauptleistung – nämlich die Zahlung.
Diese Unterscheidung sei juristisch entscheidend.
Rückzahlung und Verjährung
Netflix muss dem Kläger nun rund 200 Euro an zu viel gezahlten Beiträgen zurückerstatten – alle Preiserhöhungen seit 2019. Ältere Ansprüche aus 2017 und 2018 seien verjährt, da die gesetzliche Regelverjährung von drei Jahren greift.
Eine Revision ließ das Gericht nicht zu – die zugrunde liegenden Rechtsfragen seien durch den Bundesgerichtshof bereits geklärt.
Wichtige Signalwirkung für Verbraucher
Rechtsanwalt Solmecke sieht in dem Urteil ein deutliches Signal an die Digitalbranche:
„Die Zeit der stillschweigenden Preisänderungen ist vorbei. Streaminganbieter wie Netflix dürfen ihre Preise nicht einseitig ändern. Verbraucher haben auch im Netz ein Recht auf klare Vertragsbedingungen.“
Die Kanzlei stellt betroffenen Kunden ein kostenloses Musterschreiben zur Verfügung, mit dem sich zu viel gezahlte Beiträge zurückfordern lassen.
Was bedeutet das für Netflix-Nutzer?
Das Urteil hat weitreichende Bedeutung: Millionen deutsche Kunden von Netflix könnten in vergleichbarer Weise betroffen sein. Wer nach einer Preiserhöhung den Dienst nur durch Klick auf einen Button weiter nutzen konnte, hat möglicherweise ebenfalls Anspruch auf Rückzahlung.
Die Entscheidung dürfte auch andere digitale Anbieter unter Zugzwang setzen, ihre Vertragsprozesse transparenter und rechtssicher zu gestalten.