Stefan Wintels: Chef der KfW kassiert üppige Nebeneinkünfte als Aufsichtsrat
Wenn staatlich mitgesteuerte Unternehmen in Deutschland miteinander ins Geschäft kommen, geht nicht immer alles so zu, wie es sein soll. Jüngster Fall: Die Post und die Telekom haben sich mit der staatlichen Förderbank KfW stillschweigend darauf geeinigt, dass der Chef der KfW Stefan Wintels für seine Nebenjobs als Aufsichtsrat bei Post und Telekom eine fürstliche Vergütung erhält. Es geht laut Finanzbericht 2024 der Förderbank um beträchtliche Summen: Wintels erhielt ein Grundgehalt in Höhe von 838.700 Euro von der KfW. Dazu kommen Bezüge aus den beiden Aufsichtsratsmandaten in Höhe von 328.600 Euro. Dank der beiden Mandate fällt das Gehalt des KfW-Chefs also um rund 40 Prozent höher aus.
Kritik vom Bundesrechnungshof
Darüber gestolpert ist der Bundesrechnungshof, der die staatlichen Institutionen überwacht. Er kritisiert die Regelung in seinem diesjährigen Bericht. Die Bundesregierung sei an Richtlinien für eine aktive Beteiligungsführung bei Unternehmen mit Bundesbeteiligung gebunden. Sie sehen klipp und klar keine Vergütung oder Aufwandsentschädigung für die Tätigkeit in Aufsichtsräten vor. Die KfW ist zwar nicht Teil der Bundesregierung, aber sie handelt auf Weisung von Finanz- und Wirtschaftsministerium. Für den Rechnungshof bestehe „keine hinreichende Klarheit, warum das der KfW zugefallene Mandat anders zu behandeln ist als das der Bundesregierung“ – sprich: Warum Abgesandte der Bundesregierung in die Aufsichtsräte der teilstaatlichen Unternehmen nichts bekommen, der KfW-Chef aber schon.
Ministerium verteidigt Praxis – mit Formalien
Das Finanzministerium rechtfertigt das Vorgehen mit dem formalen Argument, dass Bestimmungen der Bundesnebentätigkeitsverordnung nicht auf die Vorstände der KfW übertragbar seien. Auch die KfW selbst zieht sich auf eine formale Begründung zurück: „Die Vergütung insgesamt ist für jeden öffentlich einsehbar, liegt unterhalb des Marktvergleichs und ist vom Verwaltungsrat der KfW abgesegnet“, betont eine Sprecherin der Förderbank. Die Rechnungsprüfer bleiben dennoch bei ihrer Haltung und dringen auf eine Änderung der bisherigen Praxis: „Der Bundesrechnungshof ist der Auffassung, dass Mandatsträger der KfW in diesen Fällen nicht anders behandelt werden sollten als Mandatsträger der Bundesregierung.“ Die Ministerien, der die KfW untersteht, sollten darauf hinwirken.
Die KfW: Macht und Millionen
Die KfW ist die weitaus größte der 18 Förderbanken Deutschlands. Sie bezeichnet sich selbst sogar als eine der führenden Förderbanken der Welt. Ihre wesentliche Aufgabe ist es, im staatlichen Auftrag Finanzierungen durch günstige Kredite und Zuschüsse zu ermöglichen. Über das Kerngeschäft hinaus kann die Bundesregierung der KfW einzelne Geschäfte, die im staatlichen Interesse liegen, zuweisen. Im Verwaltungsrat der Förderbank sitzen Minister und Vertreter von Interessengruppen wie dem Bauernverband und „Haus und Grund“ Seite an Seite. Sie alle haben der Vergütung des Vorstands inklusive seines Gehalts für Nebentätigkeiten zugestimmt.
Alte Deals, neue Debatte
Die Regelung, von der Wintels profitiert, stammt aus der Zeit seines Vorvorgänger Ulrich Schröder, der im September 2008 aus dem Vorstand der inzwischen untergegangenen Westdeutschen Landesbank an die Spitze der KfW gerückt war und diese zusätzliche Gehaltskomponente ausgehandelt hatte. Der damalige SPD-Finanzminister Peer Steinbrück und sein CSU-Kollege aus dem Wirtschaftsministerium Michael Glos stimmten ihr zu. Bis dahin hatte in der KfW die eiserne Regel gegolten, dass die Bezüge aus Kontrollmandaten, die im Interesse der Bank ausgeübt werden, zu einem Teil an die KfW abgeführt werden müssen. Dieser Vorschrift unterwarf sich auch noch Schröders Vorgängerin Ingrid Matthäus-Maier. In anderen Staatsinstitutionen wie etwas der Bundesbank, wo es keinerlei Zusatzvergütungen für die Vorstände geben darf, wird sie streng eingehalten.
Luxusbedingungen für Top-Posten
Das Bundeswirtschaftsministerium hatte sich zuletzt kritisch vor mehr als zehn Jahren mit der Vergütungspraxis in der KfW befasst und in einem Bericht namens „Darstellung der betrieblichen Praxis zu den Nebenleistungen in den Vorstandsverträgen der KfW“ detailliert die Vorzüge der Spitzenjobs bei der KfW aufgeführt. Demnach erhielten KfW-Vorstände, die krankheitsbedingt vorzeitig ausfallen, die vollen Bezüge bis zum Ende der Vertragslaufzeit. Die Bank zahle den Arbeitgeberanteil der privaten Kranken- und Pflegeversicherung nicht nur für das jeweilige Vorstandsmitglied, sondern auch für dessen Ehepartner und Kinder. Die Beitragszahlungen liefen auch weiter, wenn der Vorstand – auf Wunsch bereits mit 63 Jahren – in den Ruhestand geht. Hinzu kämen eine üppige Altersversorgung und die Befreiung von der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Wird jetzt aufgeräumt?
Die neue Bundesregierung könnte das heikle Thema auf ihre Agenda setzen. Eine Sprecherin des Finanzministeriums sagte auf Anfrage des Handelsblatts: „Die Punkte des Bundesrechnungshofs sind derzeit im Hinblick auf eine Umsetzung durch die KfW im Finanzbericht 2025 in Prüfung.“ Im Übrigen habe sich Bundesregierung vorgenommen, die Förderpolitik „einer Konsolidierung sowie einem Fördercontrolling“ zu unterziehen – was immer das heißt.