Rentenchaos: "Dann geht das Boot noch schneller unter" - Experte zerlegt Bas' Beamten-Vorschlag

Die neuen Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) plant, Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung aufzunehmen. "Wir müssen mehr Leute an der Finanzierung der Rentenversicherung beteiligen", sagte Bas in einem Interview mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe. So will Bas die Einnahmen des stark belasteten Systems verbessern

Ökonomen halten nichts von diesem Vorstoß. Das IW Köln etwa summiert: "Zwar fließen kurzfristig mehr Beiträge in das System. Langfristig steigen aber auch die Ausgaben – denn auch die künftigen Beamtenrenten müssten aus dem Umlagesystem gezahlt werden."

Bas Rentenvorstoß "populistische Schauspielerkunst"

"Das ist rein populistische Schauspielerkunst", urteilt Rentenökonom Bernd Raffelhüschen, Professor für Finanzwissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, im Gespräch mit FOCUS Online: "Frau Bas hat überhaupt keine Möglichkeit das umzusetzen." 

Was er meint: Die meisten Beamten sind bei den Ländern beschäftigt, das heißt, für sie gilt Länderrecht. "Ohne den Bundesrat kriegt sie das nicht durch und das ist unwahrscheinlich", so Raffelhüschen. 

Auch er warnt vor den Folgen des Vorschlags für das Rentensystem: "Die Beamten sind ein alter Teil der Bevölkerung und wenn Sie deren Pensionsansprüche aus der Rentenkasse finanzieren wollen, schieben Sie die Granate, die im Moment auf den Länderhaushalten liegt, in den Schoß der Rentenversicherung." 

Weniger Beamte 

Um die beiden Systeme zu vereinigen, hätte man schon vor Jahrzehnten aufhören müssen, neue Beamte wie Lehrer, Hochschullehrer und Behördenmitarbeiter zu vereidigen, so Raffelhüschen. "Wir haben das tatsächlich teilweise gemacht: Postbeamte gibt es nicht mehr, Bundesbahnbeamte gibt es nicht mehr. Sparkassenangestellte sind keine Beamten mehr. Aber wir haben immer noch zu viele Lehrer, auch Hochschullehrer, und niedrigere Finanzverwaltung." Aber auch das sei Ländersache. 

Ein weiteres Problem: Wenn Beamte ins Rentensystem überführt werden, würde das für sie de facto einer Gehaltskürzung entsprechen. Schließlich zahlen Beamte aktuell keine Beiträge für ihre Altersvorsorge. Alternativ müsste der Staat den kompletten Beitrag übernehmen, statt dass sich Beitragszahler und Arbeitgeber den Beitrag teilen, wie in der freien Wirtschaft. "Teuer würde es in jedem Fall. Neben den laufenden Pensionszahlungen müssten Bund, Länder und Kommunen fortan eine jährliche Milliardensumme an die Rentenkasse überweisen", schrieb das IW Köln. 

Nur neue Beamte einzahlen lassen

Was Ökonomen stattdessen vorschlagen: Nur neue Beamte zahlen von Beginn ihrer Karriere an in die gesetzliche Rentenkasse ein. Doch auch das würde die gesetzliche Rente nicht retten, betont Raffelhüschen: "Das schafft nicht viel weg. Und diese Neueinstellungen sind natürlich nachher auch anspruchsberechtigt." Außerdem seien Beamte oft langlebiger als andere Berufsgruppen, bekämen also auch besonders lange Rente. 

Schon jetzt ächzen die Länderhaushalte unter den Pensionsverpflichtungen: "Wir haben schwebende Staatsschulden in einer Größenordnung von fast viertausend Milliarden Euro", warnt Raffelhüschen. Darum wollten auch die Bundesländer mehr Schulden machen dürfen: "Der Grund dafür ist nicht die Tatsache, dass die Länder mehr investieren wollen, das ist völliger Blödsinn, sondern die brauchen das Geld, um die Beamtenversorgungslasten zu schultern", so Raffelhüschen. "Und wenn Sie diese Verpflichtungen der Rentenversicherung aufdrücken, dann geht das Boot doch viel schneller unter, als es das ohne die Beamten täte."

Mehr Geld für eine Wahlperiode

Er wirft der Arbeitsministerin zu kurzfristiges Denken vor: "Das Einzige, was Sie davon haben, die Beamten mit einzubeziehen, ist, dass Sie kurzfristig mehr Geld zur Verfügung haben. Also für die nächsten drei, vier, fünf Jahre würde das helfen, aber danach macht es die Sache nur noch schlimmer." 

Doch was ist die Alternative? Österreich, Schweden und Norwegen hätten es bereits vorgemacht, erklärt Raffelhüschen: "Die Bundesländer und Bund verzichtet von jetzt ab darauf, Menschen zu verbeamten, außer bei hochgestellten Angestellten im Justizapparat, also Richter, und im hochstehenden Polizeiapparat." Dadurch schrumpfe der Beamtenbestand. "Sie zahlen deshalb mit ein, weil sie einfach keine Beamten mehr sind." Die Frage nach der Beitragsteilung stelle sich nicht und auch andere Arme des Sozialsystems, etwa die Krankenkassen, profitieren von den zusätzlichen Beitragszahlern.

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