„Endlich mal keine verblasene Akademikerin“: Warum Bas zum neuen SPD-Star wird
Mit dem möglichen Wechsel an der SPD-Spitze könnte Bärbel Bas mehr als nur Saskia Esken ablösen: Sie hat das Potenzial, zum neuen Star der Partei zu werden – und womöglich sogar zur innerparteilichen Rivalin für SPD-Chef Lars Klingbeil.
Das sagt FOCUS-online-Chefkorrespondent Ulrich Reitz in seiner Video-Kolumne "Reitz-Thema".
"Sie verkörpert eine Traditions-SPD, die fast schon untergegangen ist", sagt Reitz. Anders als viele identitätspolitisch orientierte Stimmen in der Partei, wie sie auch Esken war, konzentriere sich Bas auf klassische soziale Fragen – etwa auf das, "was die Leute eigentlich im Portemonnaie haben".
Ihre jüngsten Rentenvorschläge, auch wenn von Experten als nicht finanzierbar kritisiert und von der CDU zurückgewiesen, bezeichnet Reitz als "ehrenvolle Niederlage".
Denn: "Diese Debatte aufzuwerfen, führt Frau Bas in die Mitte und mitten ins Herz der SPD zurück."
Der Vorschlag, Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen, bedient laut Reitz einen in der Partei verbreiteten "herrlichen Neidreflex".
Reitz: Bas könnte Klingbeil überholen
Bas bringt nicht nur das klassische SPD-Profil mit – sie hat auch Machtmittel an der Hand. Als Arbeitsministerin verwaltet sie mit rund 170 Milliarden Euro den größten Haushalt im Bund.
"Sie vereinigt parteipolitische Macht mit Geldmacht und Regierungsmacht." Damit sei sie eine Schlüsselfigur im innerparteilichen Gefüge – und möglicherweise mehr als nur eine Ergänzung neben Klingbeil: "Das ist mehr als eine Personalentscheidung, es ist eine bedeutsame Richtungsentscheidung."
Auch regionalpolitisch sei ihre Nominierung strategisch klug. Bas kommt aus Duisburg, Nordrhein-Westfalen – einem Bundesland, das für die SPD lange Hochburg war, aber stark an Bedeutung verlor.
Indem man eine integrative Figur wie Bas an die Spitze setze, formuliere die SPD auch den Anspruch, "in Nordrhein-Westfalen stärker wieder mitzumischen".
Reitz mutmaßt: "Herr Klingbeil trifft hier eine machiavellistische Entscheidung, um sich die Möglichkeit zu geben, selber mal Kanzlerkandidat zu werden – wenn ihn nicht Frau Bas am Ende noch überholt."
Bas überzeugt mit typischer sozialdemokratischer Aufsteigergeschichte
Inhaltlich hebt Reitz vor allem ihre Wirkung und ihre Herkunft hervor: "Frau Bas ist in vielem das Gegenteil von Saskia Esken", sagt er. Während Esken in Talkshows eher geschadet habe, sei Bas "sympathisch, empathisch", eine "integrative Persönlichkeit", die eine "typische sozialdemokratische Aufsteigergeschichte" mitbringe.
Ihre Sprache sei bodenständig, ihre Haltung unverstellt: "Sie will nie was Besseres sein, obwohl sie mal Bundestagspräsidentin, also die Nummer zwei im Staat gewesen ist."
Ihre Verbundenheit mit Duisburg – einer Stadt mit mehreren kulturellen Identitäten – sei für Reitz symbolisch: "Frau Bas, das ist Duisburg."
Trotz fehlender Kirchenzugehörigkeit engagiere sie sich für religiös geprägte Institutionen, etwa als Schirmherrin eines Hospizes. Und sie sei bekannt für ihre Haltung gegen Sterbehilfe sowie ihre Predigt bei einer Gedenkfeier für Industriearbeiter.
Bärbel Bas bringt also Herkunft, Haltung, Macht und mediale Präsenz mit – genug, um die SPD neu aufzustellen. Und womöglich sogar genug, um an die Spitze zu rücken.