Wahl von Donald Trump: „Vielleicht kommen die Reformen schneller“

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Donald Trump ist zum zweiten Mal zum Präsidenten der USA gewählt worden. Die Meinungen, was für Deutschland und Europa bedeutet, gehen im Landkreis weit auseinander. Die einen befürchten eine weitere Flüchtlingswelle aus der Ukraine, andere hoffen auf Handels-Abkommen und wirtschaftlichen Aufschwung.

Josef Niedermaier, Landrat:

„Ich hätte mir ein anderes Ergebnis gewünscht, aber ich habe es fast befürchtet. Wir müssen diese Begeisterung für Trump erst mal verstehen, die Amerikaner haben nicht unsere Denkweise. Wenn man die Leute darauf hinweist, dass er schon dreimal verurteilt worden ist, antworten sie: ,Wenn er was Gutes macht, ist das okay.‘ Solche Aussagen passen nicht in unser Werteverständnis. Die beklagen auch, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander geht. Die Frage ist, ob er mit seinen Thesen nicht alles noch schlimmer macht. Ich glaube nicht, dass er ein großes Herz für Arme hat. Oft habe ich gehört: ,Geht’s uns wirtschaftlich gut, geht’s auch den Armen gut.‘ Ich habe entfernte Verwandtschaft in Amerika, bei denen ich schon öfter gearbeitet habe. Sie haben ein großes Unternehmen und wünschen sich von ihm eine rigorose Förderung der Wirtschaft und Ordnung im Land.

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Wenn Trump den Ukraine-Krieg schnell mit Zugeständnissen beendet, ist mit einer nicht zu unterschätzenden Flüchtlingswelle aus der Ukraine zu rechnen, so höre ich es aus offiziellen Kanälen. Das Land wird erodieren. Über Trumps Persönlichkeit mag ich mich nicht auslassen: Die ist ein No-go. Wenn man sich als Politiker so aufführt, widerspricht das allen meinen Werten.

Aber Jammern hilft nichts: Vielleicht hat es auch was Gutes, dass wir manche Dinge kapieren, vielleicht kommen bei uns dann die notwendigen Reformen schneller.“

Renée Obermeier, gebürtige Amerikanerin, Inhaberin „Blue Flamingo Fashion“ in Bad Tölz:

„Mich überrascht das Wahlergebnis nicht. Ein Schlüsselmoment war, als im August Robert Kennedy junior ins Trump-Lager übergelaufen ist – eigentlich ein Demokrat durch und durch, der sich für die Umwelt einsetzt. Da habe ich mir gedacht: Holla, die Waldfee. Wie verzweifelt die Demokraten waren, hat man auch daran gesehen, dass sie Trump mit Hitler verglichen haben, obwohl seine Tochter Ivanka Jüdin ist. In demokratischen Staaten läuft vieles verkehrt. In Los Angeles gibt es inzwischen viele Gebiete, wo viele Leute in Zelten wohnen. Bemerkenswert war, dass Trump in seiner ersten Amtszeit keinen Krieg geführt hat, und ich hoffe, dass er auch dieses Mal keinen Krieg führen wird. Er hat einen guten Draht zu Putin, daher hoffe ich, dass er in der Ukraine eine Friedenslösung findet. Das ist ein Hoffnungsschimmer.“

Sandra Krinner, Architektin aus Bad Tölz, studierte und arbeitete von 1996 bis 2010 in New York:

„Für mich kam es nicht überraschend, dass Trump die Wahl klar gewonnen hat. Wenn man die Amerikaner kennt, weiß man, dass sie größten Wert auf wirtschaftlichen Wohlstand legen. Ihnen ist es wichtig, dass sie sich und ihre Familie versorgen können, weil es nur ganz wenig soziale Unterstützung in den USA gibt. Nur damit kann man nicht überleben. Vielen Amerikanern ging es in der ersten Legislaturperiode von Trump besser. Für die deutsche Industrie und das Ingenieurwesen könnte es durch die Wahl einen Aufschwung geben, wenn man sich auf die kapitalistische Idee der Amerikaner einlässt. Man müsste halt verhandeln, dass es keine Strafzölle für Importe gibt. Handelsabkommen wären für Deutschland und die USA gut.

Für mich selbst ist die Wahl Trumps eine gute Nachricht, da ich als deutsche Architektin auch in amerikanischen Kasernen arbeite, weil dort deutsches und amerikanisches Baurecht gilt. In Ramstein bauen wir gerade ein Café, dort ist auch eine neue Bäckerei geplant. In Böblingen und Grafenwöhr ist es ähnlich. Trump ist für Frieden.“

Alexander Lippert aus Wolfratshausen, Europaunion:

„Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu diesem Wahlergebnis kommt, war relativ hoch. Gehofft haben wir was Anderes. Europa ist jetzt gefordert, in kritischen Kernthemen eng zusammenzuarbeiten – gerade in Bereichen Verteidigung, Klimakrise, Zölle und Welthandel. Das sind große Herausforderungen, weil wir in Europa viele Schlüssel-Technologien nicht haben. Da ist sehr, sehr viel Geld und Initiative notwendig, um aufzuholen. Ein großer Weckruf an Europa, weniger überraschend als vor acht Jahren. Immerhin sind jetzt schon mehr Strukturen geschaffen als 2016. Der positive Aspekt: Krisen helfen der EU, weiterzuwachsen. Das war schon bei den letzten Krisen so – man muss nur an die Finanzkrise, die erste Trump-Wahl oder den Brexit denken. Europa ist da nicht zerbrochen, und ich hoffe, dass es auch dieses Mal so ist.“

Auf eine Friedenslösung in der Ukraine hofft die Tölzer Amerikanerin Renée Obermeier. Dabei baut sie auf den guten Drahr zwischen Vladimir Putin (li.) und dem wiedergewählten US-Präsidenten Donald Trump.
Auf eine Friedenslösung in der Ukraine hofft die Tölzer Amerikanerin Renée Obermeier. Dabei baut sie auf den guten Draht zwischen dem russischen Präsidenten Vladimir Putin (li.) und dem wiedergewählten US-Präsidenten Donald Trump. © Evan Vucci

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