„Will ich nicht mehr erleben“: Reaktionen auf Ampel-Aus reichen von Ärger bis Erleichterung
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat das Ende der Ampel-Koalition besiegelt. Seine Entscheidung schlägt auch im Landkreis hohe Wellen.
Bad Tölz-Wolfratshausen – Mit der Entlassung von FDP-Finanzminister Christian Lindner hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwochabend das Ende der Ampel-Koalition besiegelt und angekündigt, am 15. Jabuar 2025 im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. Die Nachricht schlägt auch im Landkreis hohe Wellen. Örtliche Vertreter der im Bundestag vertretenen Parteien reagieren und positionieren sich für die vorgezogene Bundestagswahl.
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Klaus Barthel, Kreisvorsitzender SPD:

„Es war allerhöchste Zeit, die Notbremse zu ziehen. SPD und Grüne haben zuletzt immer wieder Zugeständnisse gemacht, aber wir können uns nicht von der FDP – der kleinsten Fraktion in der Bundesregierung – die Politik diktieren lassen. Die Entscheidung von Herrn Scholz war deshalb richtig. Wenn wir diesen Zustand bis zum ursprünglichen Wahltag im September 2025 durchgezogen hätten, hätte uns das unglaubwürdig gemacht. Auch den vorgeschlagenen Zeitplan des Bundeskanzlers finde ich vernünftig. Alles andere wäre zu schnell gewesen und hätte das politische System überfordert. So bleibt Zeit, um vorhandene Themen abzuschließen und eine geordnete Wahl in die Wege zu leiten. Letztendlich können wir als SPD dann erhobenen Hauptes in die Neuwahlen gehen. Bis zuletzt haben wir alles für den Koalitionszusammenhalt versucht und eigene Pläne für die Zukunft gesetzt.“
Karl Bär, Bundestagsabgeordneter aus Holzkirchen:

„Ich bin motiviert und positiv in diese Koalition hineingegangen, aber am heutigen Tag maximal frustriert. Ein solches Maß an Unzuverlässigkeit, das viele FDP-Kollegen an den Tag legten, will ich in einer deutschen Regierung nicht mehr erleben müssen. Kanzler Olaf Scholz hat mir und sicher sehr vielen in den Fraktionen der Grünen und der SPD aus der Seele gesprochen. Dass Lindner derart provoziert in einer Situation, da die USA einen neuen Präsidenten bekommt, die EU-Kommission noch nicht steht, unsere Wirtschaft ein Problem hat – so wenig Rückgrat und Verantwortungsgefühl für unser Land hätte ich ihm nicht zugetraut. Er will die Superreichen entlasten und dafür Geld bei den Bürgergeld-Empfängern und Rentnern einsammeln – und verweigert sich den nötigen Investitionen durch das Aussetzen der Schuldenbremse in einer Notsituation. Ich gehe von Neuwahlen im März aus. Danach dürfte es auf Schwarz-Grün, Rot-Grün oder wieder eine Große Koalition hinauslaufen, eine andere Option sehe ich nicht. Ich jedenfalls werde mich wieder um ein Mandat bewerben.“
Simon Roloff, Kreisvorsitzender FDP:

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„Wir unterstützen die Entscheidung von Christian Lindner voll und ganz. Lieber neue Wahlen als neue Schulden. Ich finde es nur konsequent, wenn der Finanzminister sagt: Nein, ich bin nicht bereit neue Schulden aufzunehmen. Da geht’s um Generationen-Gerechtigkeit, um Kosten, die Schulden verursachen, um die Stabilität des Haushalts. Die SPD hatte offenbar von langer Hand geplant, die Regierung am Mittwochabend so fallen zu lassen. Das ist ein großer Vertrauensbruch. Olaf Scholz trägt die Verantwortung. Er hat in seinem Statement auf der persönlichen Ebene nachgetreten. Das zeigt, dass es ihm überhaupt nicht um die Sache und um die beste Lösung für das Land ging, sondern um einen politischen Vorteil für die SPD. Das ist unanständig. Dass Verkehrsminister Volker Wissing die FDP verlassen hat, ist seine persönliche Entscheidung. Ich finde es sehr schade. Wenn er der Meinung ist, dass er den Kurs der FDP nicht mittragen kann, kann er das tun.“
Alexander Radwan, CSU-Wahlkreisabgeordneter im Bundestag:

„Was am Mittwoch passiert ist, war vom Bundeskanzler schon länger angedacht und geplant. Er hat Finanzminister Christian Lindner auflaufen lassen. Dass Olaf Scholz erst im Januar die Vertrauensfrage stellen möchte, zeigt nur: Hier steht Parteitaktik und persönliches Interesse über dem Interesse des Landes. Er hofft, dass sich der Staub bis dahin wieder legt. So können er und die SPD sich – ebenso wie die Grünen – in Ruhe für die anstehende Wahl sortieren. Aber das durchschaut jeder in der Bevölkerung. Der Kanzler muss die Vertrauensfrage diese oder spätestens nächste Woche stellen und den Weg für Neuwahlen im Januar freimachen. Der Versuch, die Union hier in staatspolitische Verantwortung zu nehmen, ist dreist. Diese liegt bei der Regierung. Es ist absolut verantwortungslos, was Kanzler und SPD hier aufziehen, und leider machen die Grünen mit. Sie sollten ihre Minister sofort zurückziehen. Die Union jedenfalls ist auf baldige Neuwahlen vorbereitet.“
Wolfgang Maison, Vorstand AfD-Kreisverband Bad Tölz:
„Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Ampel zerbricht, die Meinungen innerhalb der Koalition gingen so weit auseinander, das ist nicht zu überbrücken. Die Probleme in unserem Land sind riesig, wurden von der Regierung aber nicht angegangen. Ändern wird sich jetzt nichts. Die Raufereien um Machtpositionen werden weitergehen. „Blackrock“ Merz wird schauen, dass er an die Macht kommt. Doch auch eine unionsgeführte Regierung wird den CO2-Wahnsinn weiterverfolgen und das Abschlachten der Männer in der Ukraine finanzieren. Die AfD wird in der Opposition bleiben, weil keiner mit uns koalieren möchte. Unsere Aufgabe wird weiter sein, das Versagen der Altparteien transparent zu machen.“
Sebastian Englich, Kreisrat und Mitglied im Kreisvorstand der Linken:

„Als ich vom Ende der Ampel-Koalition gehört habe, war ich zuerst entsetzt, denn ich dachte, dass sie sich noch mal zusammenraufen. Als ich dann das Statement von Christian Lindner gehört habe, habe ich gedacht: Scholz hat ihn eigentlich drei Jahre zu spät rausgeschmissen. Letztlich war bei diesem Bündnis von Anfang an klar: Das wird nichts mit der FDP, denn in dieser Partei ist die soziale Schiene nicht gerade ausgeprägt. Für die Linke wird es bei der Bundestagswahl sicher knapp. Aber ich habe die Hoffnung, dass sich das BSW in Thüringen und Sachsen entzaubert und gezeigt hat, dass es nicht regieren, sondern nur mit populistischen Statements punkten will.“