Billigwarenflut nach Zollschock? Welche Produkte China jetzt nach Deutschland umleiten könnte

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Donald Trumps Zollstreit mit China hat auch Konsequenzen für Europa. Auch Deutschland könnte jetzt eine Welle von Billigprodukten überrollen, so Experten.

Berlin/St. Gallen – Im Rahmen einer beispiellosen Verschärfung des Handelskriegs zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt versucht US-Präsident Donald Trump mit Zöllen in Höhe von 145 Prozent, chinesische Produkte aus den USA zu drängen. Nun warnen Experten: Die Auswirkungen des Zollkriegs könnten für die Wirtschaft Europas erheblich sein. Auch der deutsche Markt könnte mit Billig-Produkten aus der Volksrepublik geflutet werden.

Donald Trumps Zollstreit mit China hat auch Konsequenzen für Europa. Auch Deutschland könnte jetzt eine Welle von Billigprodukten überrollen, so Experten.
Donald Trumps Zollstreit mit China hat auch Konsequenzen für Europa. Auch Deutschland könnte jetzt eine Welle von Billigprodukten überrollen, so Experten. © Imago/CFoto

Warenströme werden umgelenkt – fluten China-Produkte nun den deutschen Markt?

Trotz der Ankündigung einer 90-tägigen Zoll-Pause für etliche Länder – das Trump‘sche Zoll-Chaos hat Folgen für Europa. Nach dem aktuellen Stand der Zölle auf chinesische Waren wächst die Sorge, China könnte die EU nun mit seinen Billigprodukten fluten, die in den USA nicht mehr abgesetzt werden – und damit massiv der heimischen Industrie schaden.

In einer am Dienstag (22. April) veröffentlichten Studie des Global Trade Alert, einer Forschungsgruppe und handelspolitischen Überwachungsinitiative im schweizerischen St. Gallen wurden die möglichen Auswirkungen skizziert: Die Eskalation der Zölle, heißt es, habe zu einer Entkopplung des Gütermarktes geführt – die die Befürchtung nährt, dass „.chinesische Exporte im Wert von 429 Milliarden US-Dollar, die 2024 für den US-Markt bestimmt waren, auf Drittmärkte umgeleitet oder verlagert werden.“

Die Analyse der US- Importdaten, für die die Daten aus Trumps erster Amtszeit als Präsident ausgewertet wurden, identifiziert insgesamt 101 Produkte, bei denen eine Exportverlagerung möglich ist – von insgesamt 60 Produktgruppen wurden 2019 aus China 22 Gruppen in die EU umgelenkt.

Handelskrieg mit den USA – mit welchen Produkten China jetzt Deutschland überschwemmen könnte

„Waren aus der Gruppe ‚Elektromechanische und audiovisuelle Geräte sowie deren Teile und Zubehör‘ machten 2024 den größten Anteil der chinesischen Exporte in die USA aus, nämlich 42 Prozent“, erklärt Wan-Hsin Liu vom Kieler Institut für Weltwirtschaft gegenüber merkur.de. Dazu gehörten vor allem mechanische Geräte und Teile sowie Elektronikprodukte wie Laptops, Handys und Computerzubehör.

Weitere wichtige Importwaren der USA aus China seien Textilprodukte (9 Prozent), Möbel (6 Prozent), Waren aus unedlen Metallen (6 Prozent), Spielzeuge und Sportartikel (5 Prozent), Waren aus Kunststoffen und Gummi (5 Prozent) sowie Fahrzeuge und andere Transportanlagen (5 Prozent).

Trump und das Zoll-Chaos: „Hohe Wahrscheinlichkeit“ der Umlenkung von China-Produkte nach Europa

Liu ergänzt: „Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass diese Produkte nun wegen des eskalierten Zollkriegs zwischen den USA und China auf andere Märkte, einschließlich Europa, umgeleitet werden“. Die Marktumleitung werde sehr wahrscheinlich nicht nur auf Produkte beschränkt sein, die direkt in China hergestellt werden. Während des ersten USA-China-Handelskriegs hätten viele chinesische Unternehmen ihre Produktion teilweise in andere südostasiatische Länder verlagert: „Einige dieser Länder sind ebenfalls mit sehr hohen Zollsätzen seitens der US-Regierung konfrontiert, sodass auch für diese Waren sehr wahrscheinlich alternative Märkte gesucht werden“.

In der Konsequenz würden zwar die Preise der Konsumgüter in Europa durch das vergrößerte Angebot sinken. Auch die Preise von Teilen und Zubehör, die europäische Unternehmen aus China für ihre eigene Produktion importieren, werden abnehmen, so die Expertin der Forschungsgruppe Internationaler Handel und Investitionen: „Allerdings bedeutet die Umleitung der Waren, die China (und andere Länder wie in Südostasien) nun weniger an die USA verkaufen können, auch einen viel größeren Wettbewerbsdruck auf europäische Unternehmen, die Güter in stark betroffenen Warengruppen produzieren“.

„Es steht viel auf dem Spiel“: Experten warnen vor Weltwirtschaftskrise durch unüberlegte Schutzzölle

Aus diesem Grund könnten diese Staaten ihrerseits mit Schutzzöllen gegen China reagieren: Wenn jedoch Wirtschaft und Politik das Ausmaß und die Folgen der chinesischen Exportumlenkung falsch einschätzen, warnt Simon J. Evenett, Professor für Geopolitik und Autor des Global Trade Alert, könnte sich das zu einer systemweiten Verschärfung der Handelsbeschränkungen entwickeln: „Die Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung des Protektionismus der 1930er Jahre würde steigen. Es steht viel auf dem Spiel“, so Evenett.

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