Trumps Zölle treffen Deutschland: Diese Folgen für Löhne und Arbeitsplätze erwarten Experten

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Auch Deutschland bleibt von Donald Trumps Zoll-Politik nicht verschont. Ökonomen liefern erste Zahlen zu den Auswirkungen für Wirtschaft und Bürger.

München – Für die EU und damit auch Deutschland hätte es schlimmer kommen können. Aber natürlich auch deutlich besser. Die undurchsichtige Zoll-Politik von US-Präsident Donald Trump kennt verschiedene Abstufungen. China ist mit 34 Prozent belegt worden, für Indonesien sind es 32 Prozent, Südafrika bekam 30 Prozent ab. Europa muss sich auf 20 Prozent an Abgaben für Exporte in die USA einstellen.

Dagegen kommen fast alle südamerikanischen Länder, Australien, Saudi-Arabien und selbst Washingtons Erzfeind Iran mit Zöllen von jeweils zehn Prozent davon. Russland bleibt sogar ganz befreit – offenbar wegen der laufenden Verhandlungen über ein Ende des Ukraine-Kriegs, die die Trump-Administration augenscheinlich durch keine Störmanöver torpedieren will.

Trump-Zölle und Folgen für Deutschland: Wirtschaft leidet laut ifo-Institut dreifach

Für die EU, über Jahrzehnte der wichtigste Verbündete der USA, gelten dagegen keine mildernden Umstände. Clemens Fuest, Präsident des ifo-Institut aus München kritisierte schon vor der Umsetzung, Trumps Zoll-Plan sei „der größte Angriff auf den Freihandel seit dem 2. Weltkrieg“.

Wie sehr trifft er Deutschland? US-Präsident Donald Trump präsentiert sein lange angekündigtes Dekret zu Strafzöllen. © IMAGO / Kirchner-Media, IMAGO / Newscom / AdMedia

Die deutsche Wirtschaft werde darunter dreifach leiden. Denn Deutschland könne weniger in die USA exportieren. Aufgrund der geringeren Wettbewerbsfähigkeit Chinas gelte dies auch im Hinblick auf das Reich der Mitte. Zudem werden diese Länder stärker auf andere Exportmärkte ausweichen müssen, wodurch die deutschen Unternehmen zusätzlich unter Druck gesetzt werden.

Die Experten gehen davon aus, dass sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr durch die Zölle um 0,3 Prozent reduzieren wird. Diesen Wert errechnet auch das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) für das Handelsblatt.

Auswirkungen der Trump-Zölle auf Deutschland: Dienstleistungen und Landwirtschaft könnten zulegen

Schlüsselbranchen wie Auto und Maschinenbau trifft es wohl besonders stark. Dazu passt: Audi will die Exporte in die USA vorerst auszusetzen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Fuest sagt voraus: „Da Deutschlands Wirtschaft bereits stagniert, ist es möglich, dass die US-Zölle das Wirtschaftswachstum in Deutschland unter die Nulllinie drücken.“

Das Handelsblatt verweist auf ifo-Berechnungen, nach denen die Wertschöpfung in der Industrie kurzfristig um 2,5 Prozent falle, während sie in den Sektoren Dienstleistungen und Landwirtschaft jeweils um 0,4 Prozent zulege. Die Exporte in die USA würden um 21 Prozent einbrechen.

Schaden durch Zölle: Deutschland verliert in vier Trump-Jahren 200 Milliarden Euro

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) schätzt derweil, dass der kumulierte wirtschaftliche Schaden für Deutschland über Trumps vierjährige Amtszeit rund 200 Milliarden Euro betragen könnte. Für die EU wären es etwa 750 Milliarden Euro. Das BIP würde 2028 anderthalb Prozent niedriger ausfallen als ohne Zölle.

Die Höhe der zusätzlichen Abgaben sei für Deutschland „eine ökonomische Katastrophe“. Dass die 20 Prozent offenbar fälschlicherweise auch auf die Mehrwertsteuer zurückzuführen sind, obwohl diese US-Unternehmen gar nicht gegenüber der europäischen Konkurrenz benachteiligt, verstärkt den Eindruck einer Willkür.

Clemens Fuest steht an einer offenen Tür und hält diese fest
Macht sich Sorgen um die deutsche Wirtschaft: ifo-Chef Clemens Fuest ist gegen vorschnelle Gegenmaßnahmen als Reaktion auf die Zölle. © IMAGO / Sven Simon

Zoll-Politik und Arbeitsmarkt: Experte sieht 150.000 Jobs verloren gehen

In der Bild warnt Fuest vor Gegenmaßnahmen, über die in der EU offenbar wie schon in Trumps erster Amtszeit nachgedacht wird. „Falls es zu einer Eskalation kommt, könnten die Schäden für die deutschen Exporte größer sein“, wird der Top-Ökonom zitiert.

Zu Wort kommt auch Jürgen Matthes vom Kölner IW, der befürchtet: „Am Ende von Trumps Amtszeit könnten 150.000 Arbeitsplätze verloren gegangen sein.“

In dem Artikel geht es auch darum, wie sich Löhne und Zinsen entwickeln dürften. Erste werden demnach nur wenig steigen, wenn es der Wirtschaft schlecht geht. Bei Zinsen erwarten Experten zwar eine weitere Senkung – gerade im Falle einer Konjunkturkrise. Allerdings mache eine steigende Inflationsrate Zinssenkungen auch wieder unwahrscheinlicher.

Höhe der von Trump verhängten Strafzölle (Auswahl)

Lesotho: 50 Prozent

Syrien: 41 Prozent

Irak: 39 Prozent

Liechtenstein: 37 Prozent

Serbien: 37 Prozent

Thailand: 36 Prozent

Bosnien und Herzegowina: 35 Prozent

China (inklusive Hongkong und Macau): 34 Prozent

Indonesien: 32 Prozent

Taiwan: 32 Prozent

Moldawien: 31 Prozent

Schweiz: 31 Prozent

Südafrika: 30 Prozent

Indien: 26 Prozent

Südkorea: 25 Prozent

Japan: 24 Prozent

EU: 20 Prozent

Israel: 17 Prozent

Norwegen: 15 Prozent

DR Kongo: elf Prozent

Kamerun: elf Prozent

Reaktion auf Trumps Strafzölle: Greift die EU zu einer Digitalsteuer?

Das IW rät dazu, die EU solle nun besonnen und aus einer Position der Stärke reagieren. Allerdings gehe es in dieser neuen Phase des Handelsstreits nicht mehr darum, Trump mit Angeboten etwa bei Flüssiggas oder Rüstungsgütern zu locken, sondern die Waffen zu zeigen und ebenfalls eine Drohkulisse aufzubauen. Das scheint die Sprache zu sein, die der US-Präsident versteht.

Vorgeschlagen wird die Konzentration auf Dienstleistungen. Wie den Angaben von Eurostat für das Jahr 2023 zu entnehmen ist, ergab sich bei Gebühren für die Nutzung von geistigem Eigentum aus EU-Sicht ein Defizit von 125 Milliarden Euro gegenüber den USA. Hier würden Strafmaßnahmen kaum europäische Firmen treffen, allerdings würde der Staatenbund handelspolitisches Neuland betreten. Daher sei zu prüfen, welche Folgen diese Gegenmaßnahmen für die europäische Wirtschaft hätten.

Die ifo-Kollegen bringen eine Digitalsteuer ins Gespräch. Zunächst sollte jedoch verhandelt werden, inklusive einer relativ kurzen Frist bis zum Inkrafttreten der Gegenmaßnahmen, so ifo-Experte Andreas Baur. Eine vorschnelle Reaktion mit Gegenzöllen sei dagegen kontraproduktiv. (mg)

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