Nächster Autozulieferer muss Insolvenz anmelden – Hunderte Mitarbeiter betroffen
Mit Bohai Trimet rutscht nun der zweite Autozulieferer in Sachsen-Anhalt innerhalb weniger Wochen in die Insolvenz. Die Werke sollen erhalten bleiben.
Harzgerode – Die deutsche Autoindustrie, lange das Aushängeschild der Bundesrepublik, gerät zunehmend ins Straucheln. Nun meldet mit Bohai Trimet ein weiterer Autozulieferer Insolvenz an. Betroffen sind die Standorte in Harzgerode in Sachsen-Anhalt und Sömmerda, sowie nach Informationen der WirtschaftsWoche auch die Tochterfirmen Mofo Modell- und Formenbau sowie Harzgerode Guss und Sömmerda Guss. Ein Insolvenzverwalter soll langfristige Investoren finden und die Werke am Leben halten.
Standorte sollen bleiben: Produktion des insolventen Zulieferers Bohai Trimet läuft vorerst weiter
Nach der Pleite des wichtigen Autozuliferers Boryszew Kunststofftechnik Deutschland im März, folgt mit der Insolvenz von Bohai Trimet nun ein weiterer Schlag für die Region. 678 Mitarbeiter sind betroffen, davon 580 in Harzgerode, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet. Das Unternehmen stellt Aluminium-Druckgussteile für Autohersteller in Deutschland und Italien her – etwa für Karosserie, Motor und Getriebe. Vorläufiger Insolvenzverwalter ist der Fachanwalt Olaf Spiekermann, der aktuell mit einem Team vor Ort ist, um sich ein Bild von der Lage zu machen.
Die wichtigste Aufgabe sei es, „die Produktion stabil zu halten und sämtliche Lieferverpflichtungen zu erfüllen. Erste positive Signale wesentlicher Kunden gibt es bereits“, so Spiekermann laut einer Mitteilung seiner Kanzlei. In den kommenden drei Monaten will der Insolvenzverwalter die Gehälter der Mitarbeiter durch eine Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes absichern. Die Werke in Thüringen und Sachsen-Anhalt sollen bestehen bleiben, deshalb versucht Spiekermann nun, langfristige Investoren zu gewinnen.
Das Unternehmen war früher Teil des Essener Konzerns Trimet, der 2018 die Mehrheit an den chinesischen Zulieferer Bohai Automotive verkaufte. 2022 übernahm Bohai dann auch die restlichen Anteile. Damals hieß es, die Standorte seien wettbewerbsfähig – nun zeigt sich das Gegenteil: Die Automobilzulieferindustrie steht vor großen Herausforderungen. Im vergangenen Jahr hatte Bohai Trimet 150 Stellen abgebaut, wie WirtschaftsWoche berichtete. Dann folgte die Kurzarbeit, jetzt die Insolvenz.
Zölle und Zukunftsängste: Unter diesen Problemen leidet die deutsche Automobilindustrie
Im Jahr 2024 hatte die deutsche Autoindustrie ein Umsatz-Minus von fünf Prozent verzeichnet, bei Autozulieferern lag der Rückgang sogar bei acht Prozent, wie eine Untersuchung der Beratungsgesellschaft Ernst & Young zeigt. „Die deutsche Automobilindustrie steckt in einer massiven und umfassenden Krise“, so Constantin M. Gall, Managing Partner und Leiter Mobility bei EY für die Region Europe West. 19.000 Stellen waren im vergangenen Jahr weggefallen, das sei „nur der Anfang eines schmerzhaften, aber unabwendbaren Schrumpfungsprozesses“, wie es von den Studienautoren hieß. Immer mehr Firmen in der Branche melden Insolvenz an.
Bis 2035 werden laut einer Studie des Forschungsinstituts Prognos 190.000 Stellen in der Automobilindustrie in Deutschland gestrichen. Die gesamte Branche befindet sich demnach in einer Umwälzung: Grund dafür seien „neue Marktverhältnisse durch stärkeres Wachstum in anderen Weltregionen, die Transformation zur Elektromobilität, die Digitalisierung sowie wirtschaftspolitische Unsicherheiten“, so die Analyse aus dem Jahr 2024. Seit Beginn der zweiten Amtszeit von US-Präsident Donald Trump haben sich diese Unsicherheiten nochmals verschärft. Die erratische Zoll-Politik des Republikaners stellt die bisherige Wirtschaftsordnung des Freihandels infrage. Börsenkurse stürzten ab und die Rezessionsgefahr steigt.