Roche-Feier mit Söder und Scholz: „Herr Bundeskanzler, Sie sehen, was das für ein geiles Fest ist“
Roche hat am Donnerstag in Penzberg den Grundstein für sein neues Diagnostik-Produktionszentrum gelegt. Mit 600 Millionen Euro ist es die größte Einzelinvestition, die das Unternehmen jemals in Deutschland getätigt hat. Die Spitzenpolitik ließ sich das nicht nehmen: Bundeskanzler Olaf Scholz und Ministerpräsident Markus Söder kamen dafür extra nach Penzberg.
Rund 30 Journalisten hatten sich akkreditieren lassen. Fünf Fernsehteams waren nach Penzberg bekommen, um über die Grundsteinlegung für das 600-Millionen-Euro-Projekt zu berichten. Was ebenfalls ein Lockmittel gewesen sein dürfte: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich angesagt, ebenso Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) – also ein Aufeinandertreffen im beginnenden Bundestagswahlkampf vor der Kulisse eines Biotechnologie-Zentrums.
Am Nachmittag trafen die Spitzenpolitiker an der Baustelle ein. Das geschah streng nach Protokoll. Erst kam Ministerpräsident Söder mit seiner Fahrzeugkolonne, dann traf Bundeskanzler Scholz beim Pavillon ein, wo er wiederum von Söder begrüßt wurde. Wegen des unsicheren Wetters hatte Roche die Grundsteinlegung in einen kleinen Pavillon verlegt, die Bühne vor der Baustelle blieb leer. Wer allerdings Wahlkampf-Rangelei erwartet hatte, wurde enttäuscht. Scholz und Söder gingen freundlich miteinander um.
„Lieber Herr Bundeskanzler“, sagte Söder auf dem Podium zur Begrüßung. Und fügte dann an: „Herr Bundeskanzler, Sie sehen, was das für ein geiles Fest ist.“ Entspannt ging es später weiter bei der eigentlichen Grundsteinlegung, als sich Scholz lächelnd zu Söders Zeitkapsel mit dem bayerischen Löwen hinüberbeugte. Nicht der erste Löwe in einer Kapsel für eine Grundsteinlegung bei Roche. „Hier ist eine wahre Löwengrube“, sagte Söder. In Scholz‘ Kapsel lag ein Schreiben samt Kanzler-Bild (in einer anderen auch eine Ausgabe des Penzberger Merkur).
Bayerischer Löwe und Kanzler-Bild
Bundeskanzler Scholz bezeichnete die Investitionen von Roche in Penzberg und an den anderen deutschen Standorten als wichtiges Signal für die Modernisierung und die Attraktivität des Pharma- und Industriestandorts Deutschland. Er verwies auf die vor einem Jahr verabschiedete Pharma㈠strategie der Bundesregierung, die das Ziel habe, die Rahmenbedingungen für den Pharma㈠standort zu verbessern. Penzberg, einst Bergwerksstadt, heute ein wichtiger Biotech-Standort, nannte er als ein Beispiel, „dass man sich vor Veränderung nicht fürchten muss“.
Ministerpräsident Söder sagte, er sei stolz, dass Roche hier ist und investiert. Und zwar 600 Millionen Euro ohne staatliches Geld, wie er anfügte. Dies sei ein starkes Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort Bayern. Söder erinnerte zudem an die künftige Außenstelle der Fraunhofer-Gesellschaft, die in Nachbarschaft des Roche-Werks gebaut wird. Dafür stelle der Freistaat 40 Millionen Euro bereit. Gerade in einer Welt mit zunehmender Unsicherheit sei es wichtig, Schlüsselindustrien im Inland zu halten.
Am Vormittag hatten Roche-Vertreter das XXL-Projekt erläutert, für das im vergangenen Juni der symbolische erste Spatenstich erfolgt war (wir berichteten). Thomas Schinecker, Chief Executive Officer (CEO) der Roche-Gruppe, sagte, dass es sich bei den 600 Millionen Euro für das neue Diagnostika-Produktionszentrum um die größte Einzelinvestition handelt, die Roche je in Deutschland getätigt hat. In den vergangenen fünf Jahren investierte Roche ihm zufolge insgesamt drei Milliarden Euro in der Bundesrepublik, davon 1,3 Milliarden Euro in Penzberg.
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Investition von rund 600 Millionen Euro
In dem Produktionszentrum sollen ab dem Jahr 2028 rund 450 verschiedene Einsatzstoffe für diagnostische Tests hergestellt werden, „die eine schnelle und zuverlässige Diagnose in den Bereichen Infektiologie, Neurologie, Kardiologie, Onkologie und Diabetes ermöglichen“. Eine richtige Diagnose, sagte Schinecker, gebe den Ärzten eine Grundlage für zielgerichtete Behandlungen, was letztlich Kosten im Gesundheitssystem spart. Der Standort Penzberg spiele dabei eine zentrale Rolle. 80 Prozent der Einsatzstoffe, die weltweit bei Roche-Tests verwendet werden, würden hier produziert.
200 Mitarbeiter werden in dem „modernsten Diagnostika-Zentrum in Europa“ tätig sein, die zuvor in anderen Gebäuden im Werk gearbeitet haben. Neue Arbeitsplätze entstehen nicht. Claudia Fleischer, Geschäftsführerin von Roche Diagnostics, sagte über die Entwicklung der Mitarbeiterzahl in Penzberg, dass man momentan nicht signifikant Personal aufbaue, aber organisch weiterwachsen werde. Aktuell hat das Werk 7730 Mitarbeiter.

Bauprojektleiter Ludger Dierkes sagte, dass das Produktionsgebäude auf acht Etagen eine Bruttogeschossfläche von über 23.000 Quadratmetern haben wird, die Größe von etwa drei Fußballfeldern. Ihm zufolge werden 41.800 Tonnen Beton und 4150 Tonnen Baustahl verbaut, was einer Menge von rund 200 Einfamilienhäusern entspricht, dazu 150 Kilometer Rohrleitungen und 800 Kilometer Kabel. Auf der 41 Meter breiten Ostfassade und auf dem Dach würden über 1000 Photovoltaik-Module angebracht. Der Strom werde in der Fertigung genutzt. Außerdem soll der Neubau durch Energie aus dem Biomasse-Heizwerk versorgt werden, das gleich daneben gebaut wird.
Das Produktionszentrum entsteht auf der Roche-Erweiterungsfläche im Norden des Werks, und zwar auf deren Osthälfte. Zur Zukunft der Erweiterungsfläche sagte Geschäftsführerin Fleischer gegenüber der Heimatzeitung, dass der erste Ausbauschritt diese östliche Hälfte betrifft. Dort entstünden das Produktionszentrum, das Kraftwerk sowie „weitere Infrastrukturprojekte“, die sich „noch in der ersten Konzeptphase“ befinden. Konkreter wollte sie sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht äußern. Über die Westhälfte sagte sie, dass auch dieser Teil weiterentwickelt werde, wenn die Rahmenbedingungen passen. „Ich bin mir sicher, dass wir weitere Spatenstiche und Grundsteinlegungen erleben werden.“