Trump kehrt als US-Präsident zurück: Eskalation oder Chance für Europa?
Trump fordert Europa heraus: Neue Verteidigungsstrategien und Handelsbeziehungen könnten die Folge sein. Die EU muss sich auf einen Wandel einstellen.
Washington D.C. – Er ist wieder da. Donald Trump wird am 20. Januar erneut als US-Präsident vereidigt. Und er hat einiges vor. Allen voran den Rückbau von quasi allen Polit-Agenden, die sein Vorgänger Joe Biden bei Klimafragen, Gleichberechtigung und Diversitätsthemen setzte. Besonders drastisch aber dürfte der Aufschlag in der Einwanderungspolitik ausfallen. Massenabschiebungen und Festnahmen sind bereits angekündigt.
Während Trump die USA auf hart rechten Kurs bringt, schaut man in Europa nervös über den großen Teich. Wie umgehen mit dem Rechtspopulisten? Was wird nun aus Verteidigung, Wirtschaft und globaler Führung?

Trump zwingt Europa zu Eigenständigkeit in der Verteidigungspolitik
Trumps Druck auf europäische Länder, ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen, hat dazu geführt, dass Europa mehr Verantwortung für seine eigene Sicherheit übernehmen muss. Die Forderung nach einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent des BIP hat in vielen EU-Staaten zu einer Neubewertung der eigenen Verteidigungspolitik geführt. Dies hat nicht nur die Nato gestärkt, sondern auch die europäische Verteidigungszusammenarbeit intensiviert.
„Europa muss seine Fähigkeit zur eigenen Verteidigung massiv steigern“, betonte Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des EU-Verteidigungsausschusses. Schon Barack Obama habe die Europäer darauf hingewiesen, dass sie mehr in die europäische Sicherheit investieren und sich unabhängiger machen müssten, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Sie kritisiert: „Ganz Europa hat nach der Abwahl von Trump vor vier Jahren geglaubt, noch mal davon gekommen zu sein, sich ernsthaft um die eigene Verteidigung zu kümmern.“ Das sei geradezu kindlich naiv gewesen, vor allem aber unverantwortlich. Jetzt werde Europa umso härter von der Realität eingeholt.
Trump Wirtschaftspolitik führt zur Stärkung des europäischen Handelsraums
Immerhin: Trumps protektionistische Handelsmaßnahmen während seiner ersten Amtszeit, wie die Einführung von Zöllen auf europäische Produkte, haben die EU dazu veranlasst, den Binnenmarkt zu stärken und Handelspartnerschaften zu diversifizieren.
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Die EU hat begonnen, ihre Abhängigkeit von den USA und China zu reduzieren, und setzt verstärkt auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit innerhalb Europas. „Das erratische und unverlässliche Auftreten Trumps auf internationaler Bühne muss in Zeiten von Kriegen und wirtschaftlichen Herausforderungen Anstoß sein für eine engere strategische Zusammenarbeit der EU“, sagt die Vorsitzende des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, Anna Cavazzini (Grüne) laut RND.
Trumps Außenpolitik: Führungsrolle der EU in globalen Angelegenheiten
Der Rückzug der USA aus multilateralen Organisationen unter Trump hat der EU die Möglichkeit gegeben, Führungsrollen in globalen Initiativen zu übernehmen. In seiner ersten Amtszeit sind die USA aus dem Pariser Klimaabkommen, dem UN-Menschenrechtsrat und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausgetreten. Die EU hat sich verstärkt für den Multilateralismus eingesetzt und ihre internationale Position gestärkt.
Die transatlantische Partnerschaft könnte aber vor allem im Nato-Verteidigungsbündnis auf die Probe gestellt werden. „Ich bin überzeugt, dass die USA nicht aus der Nato austreten werden“, prognostiziert Ian Lesser, Vizepräsident des Thinktanks German Marshall Fund laut RND. Der US-Senat müsste mit einer Zweidrittelmehrheit dem Nato-Austritt zustimmen, was sehr unwahrscheinlich sei. Entscheidungen innerhalb der Nato werden mit den USA unter Trump allerdings schwierig. „Die USA könnten viele Entscheidungen blockieren“, so Lesser im Gespräch mit dem RND. „Trump wird Europa in Schlüsselfragen, wie der Politik gegenüber China und Russland, sehr hart unter Druck setzen.“ Wenn Europa sich hier von Trump nicht spalten lässt, könnte es aber geeinter als heute aus der Krise hervorgehen.
Trump, Musk, Europa und die Unvereinbarkeit der Social-Media-Vorschriften
Nach EU-Recht müssen große Technologie- und Social-Media-Konzerne schon heute schnell und konsequent gegen Hass und Hetze vorgehen, andernfalls drohen ihnen strenge Sanktionen. Unter der Führung von Trump könnten die EU-Vorgaben zu einer Eskalation führen, da strikte Regelungen für US-Firmen mit ihm kaum umsetzbar sind.
Elon Musk, der die Plattform X leitet, will als Chef des neu gegründeten Ministeriums für Regierungseffizienz Unternehmensvorschriften sogar abbauen. Gleichzeitig fordert die EU, dass die Technologieriesen in Europa auch angemessene Steuern entrichten – ein weiteres Streitthema.
Die EU hat bereits begonnen, ihre technologischen Kapazitäten zu stärken, um sich von den großen US-Technologiekonzernen unabhängiger zu machen.
Merz sieht Trumps zweite Amtszeit auch als Chance für Deutschland
Aber immerhin einer schafft es, der Misere der USA etwas Positives abzugewinnen: Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat sich optimistisch zur bevorstehenden zweiten Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident geäußert. „Wir sollten die neue Amtszeit von Donald Trump als Chance begreifen, ein neues Kapitel in den europäisch-amerikanischen Beziehungen aufzuschlagen“, sagte der CDU-Vorsitzende der Bild am Sonntag.
Im Falle seiner Wahl zum Bundeskanzler wolle er Trump daher vorschlagen, „einen neuen Anlauf für ein transatlantisches Freihandelsabkommen zu unternehmen. Davon würden beide Seiten profitieren.“ Merz hatte Trump, der politische Unberechenbarkeit zum Markenzeichen gemacht hat, als sehr gut kalkulierbar bezeichnet. (sot)