Der Landkreis Miesbach arbeitet an der Überarbeitung des Nahverkehrsplans. Ziel ist es, den öffentlichen Verkehr attraktiver und nachhaltiger zu gestalten. Jetzt steht das Rahmenkonzept fest.
Landkreis – Am Anfang stand eine weiße Landkarte. Ganz bewusst habe man bei der Fortschreibung des Nahverkehrsplans für den Landkreis Miesbach die vorhandenen Linien des ÖPNV außen vor gelassen, berichtete Thomas Uhlmann von MVV Consulting im Kreisentwicklungsausschuss. So basiere das bestehende Busnetz mehr auf historischen Gegebenheiten sowie über die Jahre eingeschliffenen Präferenzen der Verkehrsbetriebe. Ziel des Landkreises sei es aber, unter Einbeziehung der Erkenntnisse des ebenfalls gerade in Erstellung befindlichen Mobilitätskonzepts die Angebote an den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen auszurichten. Der ÖPNV müsse die „Daseinsvorsorge für Mobilität“ sicherstellen und „mittelfristig eine attraktive und nachhaltige Alternative zum motorisierten Individualverkehr“ bilden, rief Uhlmanns Kollege Jörg Martin den Arbeitsauftrag in Erinnerung. Wegen der starken Verkehrsströme in Tourismus und Freizeit sollte auch die Erreichbarkeit der Ziele in diesem Bereich eine besondere Rolle spielen.
Struktur
Die 1998 festgelegten, übergeordneten Grenz- und Richtwerte der Leitlinie zur Nahverkehrsplanung in Bayern seien dabei nur als eine Art Mindestanforderung an ein ÖPNV-Angebot anzusehen, erklärte Martin, bevor Uhlmann das von MVV Consulting erarbeitete Rahmenkonzept für den Landkreis Miesbach detailliert vorstellte. Um die Standards zu definieren, habe man die Region zunächst strukturell untersucht. Als „allgemein ländlicher Raum“ verfüge diese über die drei (gemeinsamen) Mittelzentren Holzkirchen, Hausham-Miesbach sowie Gmund/Kreuth/Rottach-Egern/Tegernsee. In der Nahverkehrsplanung berücksichtigt habe man alle Ortsteile ab 150 Einwohnern, wobei ab 1000 Einwohnern höhere Standards gelten sollten.
Verkehrszeiten
Im nächsten Schritt habe man die verschiedenen Verkehrszeiten definiert. Montags bis freitags gilt von 6 bis 9 Uhr und 16 bis 20 Uhr die Hauptverkehrszeit (HVZ), um die Pendler von und nach München bestmöglich zu versorgen. Von 9 bis 16 Uhr und von 20 bis 22 Uhr liegt die Nebenverkehrszeit (NVZ), erklärte Uhlmann. Den Schülerverkehr habe man nicht vergessen, dieser sei aber ohnehin nachfragebedingt mit einem guten Angebot ausgestattet. Immerhin noch als Schwachverkehrszeit (SVZ) sind die Stunden zwischen 22 und 1 Uhr sowie zwischen 4 und 6 Uhr geplant. Samstags herrsche wegen der Frequentierung durch Fahrgäste aus den Bereichen Tourismus und Freizeit zwischen 7 und 18 Uhr NVZ sowie von 18 bis 1 Uhr SVZ, sonn- und feiertags generell SVZ zwischen 7 und 22 Uhr.
Hauptnetz
Das Hauptnetz soll alle Orte/Ortsteile mit mehr als 1000 Einwohnern umfassen und größtenteils auch diejenigen unter dieser Grenze, vor allem wenn kein eigener Bahnhaltepunkt vorhanden ist. Hier soll mindestens Stundentakt bestehen, bei Bedarf weiter verdichtet. In der NVZ bleibt das Angebot „in der Regel stündlich“, in der SVZ reduziert es sich auf einen 120 Minuten-Takt „soweit möglich und sinnvoll“. Zumindest eine späte Zug-Ankunft an den jeweiligen Bahnhöfen gegen 22.30 Uhr sollte aber angebunden werden. Generell sollen Bus- und Bahntakt möglichst gut aufeinander abgestimmt werden. Sieben Strecken im Landkreis sind im Hauptnetz enthalten: die Ringlinie Tegernsee, die Linie Weißachtal/Kreuth/Wallbergbahn (teils durch die Linie X390 Richtung Jenbach), die Linie Neuhaus und Spitzingsee, die Querverbindung B 472 Miesbach-Bad Tölz (künftig mit dem Alpenbus Ost), die Schlierachtalstrecke auf der B 307 und das Mangfalltag bei Weyarn und Valley an der Staatsstraße 2073, die Nord-Süd-Achse über die B 318 ab Gmund Richtung Holzkirchen sowie das Leitzachtal mit Anbindung von Fischbachau und Irschenberg.
Ergänzendes Netz
Hier sind alle Ortsteile mit mehr als 200 Einwohnern enthalten, die nicht an Verbindungen des Hauptnetzes liegen. Selbst in der HVZ muss man sich dabei mit einem 120 Minuten-Takt begnügen, gegebenenfalls sind eine Verdichtung sowie zusätzliche Fahrten im Schülerverkehr zu prüfen. Letzteres auch in der NVZ mit generellem 120 Minuten-Takt. Noch ausgedünnter sind die Fahrpläne in der SVZ mit einem 180 Minuten-Takt.
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Tourismusnetz
Auch das Netz „Tourismus- und Freizeitverkehr“ gliedert sich in einen Haupt- und einen ergänzenden Bereich. In ersterem sind die Tegernsee-Ringlinie, der Bereich Kreuther Tal/Wallberg sowie die Verbindung Schliersee-Neuhaus-Spitzingsee enthalten, wobei hier „die allgemeinen Mindeststandards des Hauptnetzes an Wochenenden und Feiertagen auf ein ganztägiges Taktangebot verdichtet werden“ mit enger Anbindung an die Bahn. In zweiterem sind die Linien Rottach-Egern bis Moni-Alm, Moni-Alm über Valepp bis Spitzingsee, die Wendelstein-Ringlinie und die Achse Bayrischzell-Kufstein einbezogen. Auf pauschale Angebotsstandards würde man im ergänzenden touristischen Netz verzichten, da sich die Anforderungen saisonal zu stark unterscheiden.
Einzelziele
Alles, was über die Netzvorgaben hinausgeht, ist in den Einzelzielen für die Entwicklung des ÖPNV festgehalten. Diese Liste ist lang: ausreichend Linien für Schüler, umstiegsarme und übersichtliche Verbindungen, Park&Ride und Bike&Ride an Bahnhöfen und Haltestellen, saubere und beleuchtete Haltepunkte, flächendeckende Echzeitinformation, Barrierefreiheit, einheitlicher Bedarfsverkehr mit Anmeldezentrale, Optimierung der Lage von Haltestellen, ausreichend Kapazitäten im Ausflugs- und Urlauberverkehr, finanzierbarer ÖPNV, emissionsarme Fahrzeuge sowie Anbindung von Krankenhaus, stationären Einrichtungen, zentralen Einkaufsmöglichkeiten, Sport-, Freizeit- und Sozialeinrichtungen sowie Veranstaltungsorten.
Meinungen im Ausschuss
Als „wunderbare theoretische Gedanken“ bezeichnete Josef Bogner (FW) die Ausführungen von MVV Consulting zum Rahmenkonzept. „Aber wie schaut‘s mit der praktischen Umsetzung aus?“ Alleine schon der Busfahrermangel sowie die steigenden Kosten für Fahrzeuge könnten diese erschweren, fürchtete Bogner. Als "positiv für die Zukunft gestimmt“ zeigte sich Florian Kausch von der Stabstelle Mobilitätsentwicklung am Landratsamt. Der Nahverkehrsplan gebe Ziele vor, die man dosiert umsetzen werde. „Mehr als Theorie geht zum jetzigen Zeitpunkt leider nicht“, bekannte auch Landrat Olaf von Löwis (CSU). Es handle sich aber um ein dynamisches und durchdachtes Rahmenkonzept. „Eine runde Sache“, lobte Löwis die Arbeit von MVV Consulting. Anastasia Stadler (CSU) hob hierbei explizit auch den „visionären“ Arbeitskreis Mobilität im Landkreis hervor. „So weit wie heute waren wir seit Generationen nicht mehr.“ Balthasar Brandhofer (BP) mahnte aber an, diese Visionen jetzt auch mit konkreten Maßnahmen in einem überschaubaren Zeithorizont umzusetzen. Genau das sei der Plan, betonte Kausch. Ab Anfang Februar stünden Gespräche mit den Gemeinden an. Zuvor aber müssten die Kreisgremien die Rahmenkonzeption beschließen. Der Kreisentwicklungsausschuss erledigte dies schon mal einstimmig und setzte so eine klare Empfehlung an den Kreistag.