„So gut wie tot“: China drückt den Preis für Russlands Gas – und gefährdet Putins Kasse
Durch Gasexporte nach China will Russland die fehlenden Einnahmen in Europa ausgleichen. Das Regime von Xi Jinping will jedoch nicht den selben Preis zahlen.
Peking – Nach Beginn des Angriffs auf die Ukraine und den Sanktionen des Westens hat sich Russland vor allem China zugewandt. Das Land dient seitdem als Abnehmer des russischen Gases, das Moskau normalerweise nach Europa verkauft hätte. Für Wladimir Putin läuft das Geschäft jedoch nicht so wie gewünscht. China unter Führung von Präsident Xi Jinping ist offenbar nicht bereit, den gewünschten Preis zu zahlen.
China zahle nicht den Preis für russisches Gas, den Putin brauche, um die Verluste auf dem europäischen Markt zu kompensieren, erklärte etwa Wladimir Milow dem US-Nachrichtenportal Newsweek. Milow war während Putins erster Amtszeit von Mai bis Oktober 2002 stellvertretender Energieminister in Russland. Inzwischen ist er ein Oppositioneller und im Ausland tätig.
Russland kann mit Gas-Geschäften in China „keine Gewinne erzielen“ – laut Insider
Laut der Financial Times zahlt China Russland weniger als seinen bisherigen Lieferanten. Der Durchschnittspreis liege bei 4,4 Dollar pro Britische Thermal Einheit (BTU). In Europa habe der Preis bei 10 Dollar pro BTU betragen. Dementsprechend schlecht lief das Jahr 2023 für Gazprom: Der Staatskonzern habe einen Verlust von etwa 6,9 Milliarden Dollar gemacht.
„Es ist ganz klar, dass Russland mit dem Gasexport nach China keine Gewinne erzielen kann“, sagte Milow. Für Russlands Wirtschaft, die neben der Kriegsindustrie vor allem vom Gas abhängt, wäre das fatal. Die Aussicht, dass Gazprom eine Haupteinnahmequelle für die russische Wirtschaft und Putins Militärapparat bleiben könne, sei „so gut wie tot“, erklärte der frühere russische Minister gegenüber Newsweek.

Seit Beginn des Ukraine-Krieges haben Russland und China den Handel ausgebaut. 2023 sei er auf einen Rekordwert von 240 Milliarden US-Dollar angestiegen. Im Vergleich zu 2022 ist das ein Plus von mehr als 25 Prozent.
Russland will Gasexporte nach China ausbauen – um fehlende Einnahmen in Europa auszugleichen
Russland will das Geschäft mit China noch ausbauen. Dazu will das Putin-Regime den Bau der Gaspipeline Power of Siberia 2 vorantreiben. Diese soll Erdgas von den Feldern im Westen nach China bringen und eine Kapazität von jährlich etwa 50 Milliarden Kubikmetern haben.
Meine news
Für Russland ist mit der neuen Pipeline die Hoffnung verbunden, die verlorenen Einnahmen aus dem europäischen Gasgeschäft kompensieren zu können.
Auch China hat ein Interesse am Bau der Pipeline. Die dortige Nachfrage nach Gas steigt laut dem Center on Global Energy Policy der Columbia University bis 2030 auf 250 Milliarden Kubikmeter. Im vergangenen Jahr waren es laut Financial Times 170 Kubikmeter, das durch bestehende Pipelines und Flüssiggas-Lieferungen gedeckt werden könne. Bis 2040 entstehe jedoch eine Lücke von 150 Milliarden Kubikmeter.
Russland und China wollen Gaspipeline bauen – aber es gibt Streit um den Preis
Doch auch um das neue russisch-chinesische Pipelineprojekt gibt es Streit. China wolle nur einen kleinen Teil der geplanten Kapazität tatsächlich kaufen, berichtete die Financial Times. Das Medium beruft sich dabei auf drei Quellen, die mit dem Thema vertraut seien. Ein weiterer Streitpunkt ist der Preis. Laut den Insidern fordert China Preise, die nahe an den stark subventionierten Inlandspreisen in Russland liegen.
Russland ist dennoch optimistisch, dass es in „naher Zukunft“ eine Einigung zur Pipeline Power of Siberia gebe. „Es ist völlig normal, dass jede Seite ihre eigenen Interessen verteidigt“, erklärte Kreml-Sprecher Dimitri Peskow. Die Verhandlungen würden fortgesetzt, die Staatschefs beider Länder hätten den politischen Willen dazu.
Das chinesische Außenministerium erklärte laut Financial Times, dass die Präsidenten beider Länder vereinbart hätten, nach Bereichen zu suchen, wo die Interessen übereinstimmen. China werde mit Russland zusammenarbeiten, um die Übereinkünfte zwischen beiden Staatschefs umzusetzen und die Kooperation zum beiderseitigen Nutzen zu vertiefen.
Russland muss Chinas Bedingungen beim Gasexport annehmen – erwartet Experte
Auffällig ist bei den Verhandlungen, dass Gazprom-Chef Alexej Miller nicht mit Putin zum Staatsbesuch nach Peking gereist ist. Er wäre für Verhandlungen über die Gaslieferungen unverzichtbar gewesen. Seine Abwesenheit sei „höchst symbolisch“, erklärte Titiana Mitrova, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Center on Global Energy Policy an der Columbia University der Financial Times.
Letztendlich habe Russland keine Alternative und müsse Chinas Bedingungen akzeptieren, schätzt Alexander Gabuev, Direktor des Carnegie Russia Eurasia Center in Berlin. China glaube, dass es abwarten könne, um Russland die besten Konditionen abzuringen.