Asyl: Deutschland nach Aufstieg der radikalen Parteien im politischen Klimawandel

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Vizekanzler Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) spricht jetzt davon, ausländische Gefährder und Mörder schneller abzuschieben. Ein Kommentar von Merkur-Chefredakteur Georg Anastasiadis. © Britta Pedersen/dpa/Klaus Haag

Nach dem Kanzler tritt jetzt auch Robert Habeck dafür ein, ausländische Gefährder schneller abzuschieben. Der Sinneswandel wird bei den meisten Wählern aber nichts mehr bewirken. Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.

Haben wir richtig gehört? Ausländische Gefährder und Mörder könnten sich nicht auf den Schutz des Landes berufen, dessen Ordnung sie mit Füßen träten, und gehörten abgeschoben, auch nach Afghanistan und Syrien. Sagt Robert Habeck. Was in den Ohren der meisten Bürger nach einer Selbstverständlichkeit klingt, sorgt aus dem Mund eines Spitzen-Grünen für Staunen. Seine Parteifreundin Annalena Baerbock hatte kurz vor der Europawahl mit Blick auf Abschiebungen nach Afghanistan noch bemerkenswert anders geklungen: „Wie will man mit einem islamistischen Terrorregime zusammenarbeiten, mit dem wir gar keine Beziehungen haben? Und wie schließen wir aus, dass von dort aus dann nicht der nächste Terroranschlag geplant wird?“ Das Wort der Außenministerin hat Gewicht, ihr Haus kann den Weg für Rückführungen ebnen – oder auch nicht.

Die Wähler lassen sich mit Ankündigungen nicht mehr abspeisen

Mag sein, dass man seither sogar in der grünen Partei den Schuss der Wähler gehört hat und merkt, dass man die Bedenkenträgerei und auch die Geduld der Bundesbürger nicht überstrapazieren sollte. Mag außerdem sein, dass es Habeck im Ringen um die grüne „Kanzlerkandidatur“ opportun schien, seine Ministerkollegin ein wenig vorzuführen. Fakt ist: In die von Dogmen heillos zugestellte Migrationsdebatte ist vor den Landtagswahlen in Osten und dem drohenden Waterloo der etablierten Parteien plötzlich Bewegung gekommen. Doch fehlt den meisten Wählern inzwischen das Vertrauen, dass der mühsame Findungsprozess vor allem der linken Parteien im Land auch zu handfesten Ergebnissen führt. Sie lassen sich mit Ankündigungen, gleich ob vom Kanzler („wir müssen im großen Stil abschieben“) oder seinem Vize Habeck, nicht mehr abspeisen.

NRW-Innenminister Reul (CDU) hat dazu gestern das Richtige gesagt: Nicht mühselig durchgesetzte Abschiebungen sind die Antwort, sondern eine Begrenzung des Zuzugs jener, die zu Unrecht Asyl in Deutschland begehren. Die Debatte über beschleunigte Asylverfahren in Drittstaaten nimmt gerade Fahrt auf. Doch so sehr sich die Politik jetzt auch müht, aufgeschreckt durch den Siegeszug extremer Parteien: Für schnelle Ergebnisse ist es angesichts der Komplexität der praktischen Probleme und des viel zu langen Zögerns der Regierenden schon zu spät. In Deutschland ist der fortschreitende politische Klimawandel leider nicht mehr aufzuhalten.

Georg Anastasiadis

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