Vorbild Elon Musk? Tesla-Werksleiter in Grünheide rechtfertigt unangekündigte Hausbesuche bei Mitarbeitern
Folgt das Management des Tesla-Werks in Grünheide etwa CEO Elon Musk? Der Standortleiter André Thierig hat die unangekündigten Hausbesuche bei krankgemeldeten Mitarbeitern nun gerechtfertigt.
Grünheide – Das Tesla-Management des Auto-Werks in Grünheide stattet seinen Mitarbeitern im Krankheitsfall unangekündigte Hausbesuche ab – und hält dies offenbar für vollkommen gerechtfertigt. Nach dem entsprechenden Bericht des Handelsblatts hat sich der Leiter des Tesla-Werks in Brandenburg, André Thierig, nun zum Vorgehen des Pioniers für Elektroautos bekannt: „Das machen viele Unternehmen“, erklärte er und verwies darauf, dass man mit dieser Praxis an die „Arbeitsmoral der Belegschaft appellieren“ wolle.
Auffällige Mitarbeiter bekommen unangekündigte Hausbesuche – Werksleiter rechtfertigt Maßnahme
Phasenweise habe in den Sommermonaten der Krankenstand 15 Prozent oder mehr erreicht. Speziell die Freitags- und Spätschichten seien davon häufiger betroffen – dieser falle rund fünf Prozent höher aus als an anderen Wochentagen. Herausgepickt hätten sich die Tesla-Verantwortlichen jene Mitarbeiter, die zuvor durch häufige Fehlzeiten auffällig geworden seien: „Wir haben gut 200 Mitarbeiter festgestellt, die sich in der Lohnfortzahlung befinden, aber die in diesem Jahr noch gar nicht arbeiten waren. Sie bringen mindestens alle sechs Wochen neue Krankmeldungen“, erklärt Thierig.
„Wir haben uns zwei Dutzend Fälle herausgesucht.“ Der Fertigungs- und Personalleiter der Auto-Fabrik hätten die Besuche schließlich durchgeführt und hätten vor Ort entweder keine kranken Mitarbeiter angetroffen. Oder seien mit „sehr aggressivem Verhalten“ konfrontiert gewesen.

Tesla-Werkleiter André Thierig: „Deutsches Sozialsystem wird ein Stück weit ausgenutzt“
Dabei sei die Maßnahme in der übrigen Belegschaft auf Zustimmung gestoßen, wie Thierig weiter ausführt. Dieses Feedback habe man auf der Betriebsversammlung bekommen, als die Manager ihr Vorgehen dargelegt hätten. Anscheinend seien sich die Beschäftigten über die regelmäßigen Fehlzeiten bestimmter Kollegen frustriert gewesen. An den Arbeitsbedingungen könne es ohnehin nicht liegen, sondern vielmehr werde hier das „deutsche Sozialsystem ein Stück weit ausgenutzt“.
Die rund 1.500 Leiharbeiter, die für Tesla tätig sind, wiesen dagegen bei gleichen Arbeitsbedingungen nur einen Krankenstand von zwei Prozent auf.
IG Metall sieht unverhältnismäßiges Vorgehen: Beschäftigte klagen über „extrem hohe Arbeitsbelastung“
Deutliche Kritik folgte dagegen von der Gewerkschaft IG Metall. Der Leiter des Bezirks Berlin-Brandenburg-Sachsen sieht in den Maßnahmen vielmehr ein Alibi, um unverhältnismäßigen Druck auf Arbeitnehmer auszuüben: „Wenn Personal fehlt, werden die Kranken unter Druck gesetzt und die noch Gesunden mit zusätzlicher Arbeit überlastet. Wenn die Werkleitung den Krankenstand wirklich senken will, sollte sie diesen Teufelskreis durchbrechen.“ Die Aussage von Thierig bezüglich der Arbeitsbedingungen hält Schulze deshalb auch nicht für schlüssig, immerhin berichteten „Beschäftigte aus fast allen Bereichen des Werks“, dass eine „extrem hohe Arbeitsbelastung“ herrsche.
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Der Tesla-Manager rechtfertigt das Vorgehen allerdings als Möglichkeit, den Dialog zu seinen Mitarbeitern zu suchen. „Wir wollten wissen, was bei Ihnen los ist. Ein persönlicher Besuch hat dabei eine andere Wirkung als ein Anruf.“ Dass die Hausbesuche fortan aufhören werden, schloss er zudem aus.
Dient Elon Musk als Vorbild? Tesla fiel in den USA mit Punktesystem für erkrankte Mitarbeiter auf
Ob die Hausbesuche von Tesla-Chef Elon Musk abgesegnet oder gar beauftragt wurden, bleibt indes offen. Allerdings hat es ähnlich arbeitnehmerrechtlich fragwürdige Vorfälle bereits in der Vergangenheit in den USA gegeben. In einem Bericht des britischen The Guardian hatten Tesla-Beschäftigte in den USA ebenfalls über Druck bei Krankmeldungen berichtet. So sei ihnen etwa mit Entlassung oder Disziplinarmaßnahmen gedroht worden, wenn sie sich krankmeldeten. In einer Tesla-Fabrik in Fremont im US-Bundesstaat Kalifornien behaupteten mehrere Beschäftigte, dass das Unternehmen eine Art Punktesystem für An- und Abwesenheiten eingeführt hätte. Ziel sei es, sie von Krankmeldungen abzuhalten.
In der Tesla-Fabrik in Fremont behaupteten mehrere derzeitige Arbeitnehmer, das Unternehmen verwende ein Punktesystem für die Anwesenheit und nutze es, um Arbeitnehmer davon abzuhalten, Krankheitstage zu nehmen und sie an Beförderungen zu hindern.
Tesla-Mitarbeiter in den USA: „Wir bekommen Punkte in unsere Akte, wenn wir krank sind.“
Der Guardian zitierte einen Tesla-Mitarbeiter, der zweimal Punkte in seine Akte bekommen hätte, weil er krank war: „In meiner neuen Abteilung bekommen wir Punkte in unserer Akte, wenn wir krank sind, weil sie es als einen ungeplanten freien Tag betrachten.“
Indirekt belegen konnte der Guardian die Berichte der Tesla-Mitarbeiter mit einer Kopie der damaligen Anwesenheitsrichtlinien des Autobauers. Diese bestätigten die Existenz eines Anwesenheitspunktesystems. Diese beinhaltete, dass Arbeitnehmern, die länger als drei Monate beschäftigt sind, die Kündigung droht, wenn sie in einem Zeitraum von sechs Monaten 4,5 Anwesenheitspunkte sammeln. Eine konkrete Stellungnahme zu den damaligen Vorwürfen lehnte Tesla ab.