Union will Migrationspolitik notfalls mit AfD-Stimmen verschärfen – bröckelt die Brandmauer?

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Die Union will Anträge zur Verschärfung der Migrationspolitik in den Bundestag einbringen – „unabhängig davon, wer zustimmt“. Merz nimmt AfD-Unterstützung in Kauf.

Berlin – Nach dem Angriff in Aschaffenburg ist die Diskussion über eine strengere Asylpolitik erneut aufgeflammt. Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der Union, forderte am Donnerstag (23. Januar) Konsequenzen aus der Gewalttat: umfassende Verschärfungen des Einreise- und Aufenthaltsrechts. Sollte Merz nach der Bundestagswahl im Februar Kanzler werden, plane der CDU-Chef, gleich zu Beginn seiner Amtszeit seine Richtlinienkompetenz zu nutzen. Merz sprach sich für ein „faktisches Einreiseverbot“ für Menschen ohne gültige Einreisepapiere aus.

Asyldebatte nach Aschaffenburg: Merz kündigt Unions-Anträge an – notfalls auch mit AfD-Unterstützung

In Berlin erklärte der CDU-Vorsitzende am Freitag, dass die Unionsfraktion nach der tödlichen Messerattacke in Aschaffenburg in der kommenden Woche im Bundestag Anträge zur Verschärfung der Migrationspolitik einbringen werde. Diese Anträge würden „ausschließlich unserer Überzeugung entsprechen“, so Merz. Er fügte hinzu: „Und wir werden sie einbringen, unabhängig davon, wer ihnen zustimmt.“ Dabei nimmt die Union in Kauf, dass es Mehrheiten mit der AfD geben könnte. Zuvor hatte die Journalistin Karina Moessbauer von The Pioneer auf der Plattform X über die Pläne von CDU und CSU berichtet.

Merz betonte: „Wir stimmen keinem einzigen AfD-Antrag zu, weil wir sämtliche Themen, die wir für richtig halten, von uns aus in den Bundestag einbringen.“ Er ergänzte: „Wer diesen Anträgen zustimmen will, der soll zustimmen. Und wer sie ablehnt, der soll sie ablehnen. Ich gucke nicht rechts und nicht links. Ich gucke in diesen Fragen nur geradeaus.“

Merz stellt Aschaffenburg-Konsequenzen als Koalitionsbedingung – „Kompromisse nicht möglich“

Bereits am Donnerstag machte Merz deutlich, dass seine Konsequenzen Bedingungen für eine Koalitionsregierung unter seiner Führung seien. „Mir ist es völlig gleichgültig, wer diesen Weg politisch mitgeht“, erklärte der Unions-Kanzlerkandidat. Er werde keinen anderen Weg gehen, und wer ihn begleiten wolle, müsse sich nach diesen Punkten richten. „Kompromisse sind zu diesen Themen nicht mehr möglich.“

Migrations-Debatte nach Aschaffenburg: AfD-Chefin Alice Weidel unterstützt die Vorschläge des Kanzlerkandidaten der Union, Friedrich Merz (Montage) © IMAGO / Eibner, IMAGO / Revierfoto

Sollte Merz Kanzler werden, wolle er anordnen, „die deutschen Staatsgrenzen zu allen unseren Nachbarn dauerhaft zu kontrollieren und ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen“. Neben einem „faktischen Einreisestopp“ forderte er tägliche Abschiebungen. Personen, die ausreisepflichtig sind, dürften nicht mehr freigelassen werden, sondern müssten in Ausreisegewahrsam oder Ausreisehaft genommen und schnellstmöglich abgeschoben werden.

Debatte über Asylpolitik: Skepsis bei Grünen und SPD gegenüber Merz‘ Plänen

Die Forderungen von Merz stoßen in der politischen Landschaft auf gemischte Reaktionen. Unterstützung kam von FDP und AfD, während Vertreter von SPD und Grünen skeptisch blieben. Irene Mihalic, Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin, sagte dem Sender Welt TV: „Merz weiß sehr genau, dass das, was er fordert, mit Europarecht und auch mit dem geltenden Verfassungsrecht nicht zu vereinbaren ist.“ Das Europarecht sei in der „Frage der vollständigen Zurückweisung an unseren Grenzen eineindeutig“.

Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser äußerte in Berlin, dass zunächst geprüft werden müsse, ob die Vorhaben „europarechtlich zulässig“ seien: „Ich glaube nein.“ SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich warnte davor, „vollmundige Ankündigungen zu machen, die nicht nur praxisuntauglich sind, sondern auch gegen internationales Recht verstoßen“.

Weidel bietet Merz Zusammenarbeit an: AfD strebt „Migrationswende“ mit Union vor Bundestagswahl an

Die AfD forderte am Donnerstag die Union zur Zusammenarbeit in der Migrationspolitik auf. In einem offenen Brief an Merz drängte AfD-Chefin Alice Weidel darauf, dass „die Einleitung der überfälligen Migrationswende“ nicht bis nach der Bundestagswahl hinausgezögert werden dürfe. „Die kommende Sitzungswoche im Deutschen Bundestag bietet dafür eine Gelegenheit, die nicht ungenutzt verstreichen darf“, schrieb sie in dem Brief, den sie auf der Plattform X veröffentlichte.

Thorsten Frei, der parlamentarische Geschäftsführer der Union, lehnte Weidels Angebot ab. Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters erklärte er, dass die Union keine „vergifteten Angebote der AfD“ benötige, um „die Migrationspolitik grundsätzlich neu auszurichten“. Auch Merz bekräftigte in Berlin seine Haltung zur AfD: „Wir arbeiten mit dieser Partei nicht zusammen.“ Dies bedeute erstens: „Wir gehen mit denen nicht zusammen in eine Regierung. Zweitens: Wir verhandeln mit denen im Deutschen Bundestag nicht über irgendwelche Anträge.“ Dennoch nimmt die Union die Unterstützung der in Teilen rechtsextremen Partei mit den angekündigten Anträgen in Kauf. (pav mit Agenturen)

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