Ukraine-Krieg: Iran und Russland sind vereint gegen den Westen

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Wladimir Putin und der iranische Präsident Ebrahim Raisi im Dezember 2023 im Kreml. © President of Russia Office/Imago

Iran hat sich zum wichtigsten militärischen Unterstützer Russlands neben Nordkorea entwickelt. Die strategische Partnerschaft reicht bis in den Nahen Osten.

Der Deal steht offenbar kurz vor dem Abschluss: Russland werde in Kürze Kurzstreckenraketen vom Typ Fateh-110 und Zolfaghar von Teheran erwerben, berichtete das Wall Street Journal Anfang Januar. Damit würden die militärischen Fähigkeiten der russischen Armee, Ziele in der Ukraine anzugreifen, in einer kritischen Phase des Kriegs entscheidend erweitert, fürchten US-Offizielle. Die Sorge, dass die Sicherheitszusammenarbeit der Regime in Teheran und Moskau die antiwestliche Allianz stärke, treibt die Regierung von US-Präsident Joe Biden schon seit Längerem um – nicht zuletzt in Hinblick auf die Großkonflikte in der Ukraine und in Nahost.

Nicht ohne Grund. „Der russische Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 stellt einen Wendepunkt im Verhältnis zu Iran dar“, sagt David Jalilvand von der Research Consultancy Orient Matters zu Table.Media. „Seitdem haben beide Regime ihre Kooperation erheblich ausgeweitet, mit weitreichenden strategischen Komplikationen.“

Zwar hätten Russlands Präsident Wladimir Putin, sein iranischer Counterpart Ebrahim Raisi und dessen Vorgänger schon davor auch in militärischen Fragen zusammengearbeitet, nicht zuletzt bei der Unterstützung des Regimes von Baschar al-Assad in Syrien. Doch so eng wie seit dem russischen Überfall vor zwei Jahren hätten die beiden von internationalen Sanktionen belegten Regime ihr Vorgehen noch nie aufeinander abgestimmt – nicht zuletzt im Sicherheits- und Verteidigungsbereich.

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Iran hofft auf Su-35-Kampfjets aus Russland

Das machen zahlreiche Treffen auf höchster Ebene in den vergangenen Monaten deutlich. Erst im Dezember war Raisi auf Staatsbesuch in Moskau; das Treffen mit Putin dauerte fünf Stunden. Bereits zuvor hatte der Kreml mitgeteilt, dass sich die Ausweitung der Beziehungen auch auf „das Feld militärisch-technologischer Kooperation“ erstrecken werde. Aus Teheran wiederum hieß es im November 2023, dass die militärische Zusammenarbeit mit Russland von Tag zu Tag zunehme. Angeblich sollen Vereinbarungen über die Lieferung von Su-35-Kampfjets, Mi-28-Kampfhubschraubern und Jak-130-Schulflugzeugen bereits abgeschlossen worden sein.

Im vergangenen September besuchte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu Teheran und ließ sich auf einem Ausstellungsgelände der Revolutionsgarden ein neues Startsystem für Kamikaze-Drohnen vom Typ Schahed-136 zeigen sowie Raketen, Marschflugkörper und Luftverteidigungssysteme. Der Stabschef der iranischen Armee, Generalmajor Mohammad Hossein Ba­gheri, beteuerte, dass die Beziehungen zu Moskau eine „neue Dimension“ erreicht hätten – und kündigte ein gemeinsames Manöver für diesen Februar an. Auch mit dem Vorsitzenden des Obersten Nationalen Sicherheitsrats, Ali Akbar Ahmadian, Verteidigungsminister Mohammed-Resa Aschtiani und dem Chef der Luftwaffe der Revolutionsgarden, Amir Ali Hadschizadeh, traf Schoigu zusammen.

Russlands Sorge um geopolitisches Gleichgewicht am Golf

Neben eng abgestimmtem Vorgehen im Cyber-Bereich ist Russland zuletzt allerdings vor allem als Importeur iranischer Drohnen in Erscheinung getreten – während es mit Exporten von Rüstungsgütern Richtung Iran zögerte. Der Grund liegt in geostrategischen Erwägungen, die anders als in der iranischen Führung auch Israels Sicherheitsinteressen Rechnung tragen müssen.

Und geleitet sind von der Sorge, das geopolitische Gleichgewicht rund um den Persischen Golf nicht zu stören, meint der Iran-Experte Jalilvand. Da Putin weiter auf gute Beziehungen zu den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien setze, sei die Lieferung von Kampfjets und -hubschraubern „ein sensibler Punkt“. Dieser habe Moskau bislang davon abgehalten, Teheran militärisch vergleichbar zu unterstützen wie das Mullah-Regime das in die andere Richtung mit iranischen Drohnen tue.

Hinzu kommt auch, dass Moskau in der Vergangenheit sehr darauf bedacht war, ein Erstarken Irans im Kaukasus zu verhindern. Ebenso kritisch beäugte es bislang die nuklearen Ambitionen Teherans. Außerdem geht es in Syrien trotz Unterstützung Assads deutlich anders vor als Teheran: So intervenierte Russland 2015 zwar militärisch aufseiten des alawitischen Machthabers, doch sorgt ein sogenannter „militärischer Entflechtungsmechanismus“ für regelmäßige Treffen zwischen russischen und israelischen Offizieren. Zudem besteht so ein direkter Draht zwischen den Kommandozentralen der israelischen und russischen Militärführungen.

Divergierendes Vorgehen in Syrien

Der Iran hatte schon unmittelbar nach Beginn der Proteste gegen Assad 2011 Offiziere seiner Revolutionsgarden nach Syrien geschickt und die Unterstützung der syrischen Armee durch die schiitische Hisbollah aus dem Libanon koordiniert. Ohne Eingreifen Irans und Russlands wäre es Assad nicht gelungen, den Aufstand der aus den Golfstaaten unterstützten sunnitischen Dschihadistenmilizen niederzuschlagen. Andererseits sieht er sich durch Moskaus Unterstützung gezwungen, stillzuhalten gegenüber den zuletzt vermehrten israelischen Angriffen auf Hamas, Hisbollah sowie Kommandeure der Revolutionsgarden im eigenen Land. Moskau würde ein aktives Eingreifen in den Krieg gegen Israel nicht dulden.

Mit Blick auf die wiederholten Angriffe US-amerikanischer und britischer Kampfjets gegen Stellungen der von Iran unterstützten Huthi-Milizen im Jemen wiederum treten die Führungen in Moskau und Teheran Hand in Hand auf. Vor dem UN-Sicherheitsrat verurteilte der russische Außenminister Sergej Lawrow Ende Januar in die Angriffe als „ungerechtfertigte Aggression“ und direkte Bedrohung für den internationalen Frieden. Zuvor hatte er sich mit seinem iranischen Amtskollegen Hossein Amir-Abdollahian über das weitere Vorgehen in Nahost abgestimmt.

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