Die nächste Verzögerung droht: Vergabe-Irrsinn legt Schulbaustelle lahm

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Das Gymnasium in Olching. © Weber (Archiv)

Das Puchheimer Hallen-Debakel ist noch nicht abgeschlossen, da deutet sich schon das nächste Baustellen-Desaster an. Diesmal in Olching.

Olching – Schon jetzt steht fest, dass sich die Sanierung des Gymnasiums in Olching deutlich verzögern wird. Denn im Hintergrund kommt es zu einem wahren Vergabe-Krimi.

Das Gymnasium Olching ist leer geräumt, die Container-Siedlung als Interims-Schule bezogen. Doch die Sanierung des alten Baus kann nicht beginnen. Grund: Vergabe-Probleme.

Alles schief gelaufen

Doch wie kann es dazu kommen? Hier kommt die Puchheimer-Verdruss-Baustelle ins Spiel und eine Firma, die dort tätig war. In Puchheim wurden alte Turnhallen abgerissen und durch neue ersetzt. Doch von Anfang an, schon bei den Abrissarbeiten, lief ziemlich alles schief. Es kam zu Verzögerungen, die ihrerseits wieder Probleme aufwarfen. Am Beginn dieser Entwicklung stand eine Firma, der das Landratsamt „Schlechtleistungen“ vorwirft, wie man das im Behördenjargon nennt. Ein Rechtsstreit ist anhängig, wobei der Kreisbehörde schon mal vorgeworfen wurde, die Schlecht-Firma nicht genug kontrolliert zu haben. Der Rechtsstreit dauert an.

Der Zusammenhang

Der Zusammenhang mit Olching? Ganz einfach: Genau die Firma von der Puchheimer-Verdruss-Baustelle hat sich im Vergabe-Verfahren für die Arbeiten in Olching beteiligt – und prompt das günstigste Angebot abgegeben. Nach der Vergabeordnung sind Verwaltung und Kreistag an dieses kostengünstigste Angebot gebunden, beteuern Beobachter.

Dabei dürfte klar sein: Aus Sicht der Verwaltung und des Kreistags würde es praktisch an Wahnsinn grenzen, eine Firma zu beauftragen, mit der man denkbar schlechte Erfahrungen gemacht hat und mit der man im Rechtsstreit liegt. Das Veto des Landkreises liegt nun bei der Vergabestelle. Egal wie das Schiedsgericht aber urteilt: Weitere Probleme sind zu erwarten. Denn sollte die genannte Firma unterliegen, muss man mit einer Klage rechnen, was wiederum zu Verzögerungen führt – Verzögerungen, die im Falle Olchings besonders bitter sind, weil der Landkreis ja die Ausweich-Container gemietet hat und bezahlen muss.

Die nächste Klage

Dazu kommt nach Tagblatt-Info eine weitere, sehr große Unwägbarkeit: Sollte sich die Firma mit dem billigsten Angebot trotz Gegenwehr vom Landkreis durchsetzen, ist mit einer Klage des zweit günstigsten Bieters zu rechnen. Denn dieser ist nach Tagblatt-Informationen der Überzeugung, dass das Angebot des Ausschreibungsgewinners viel zu billig („Minderangebot“) und damit komplett unrealistisch ist.

Der Kreis steht also vor einem Dilemma – und einer weiteren Verdruss-Baustelle mit unabsehbaren finanziellen Folgen. Die aktuellen Schätzungen für die Sanierung des Gymnasiums liegen bereits jetzt bei 84 Millionen Euro. Zu ersten Verzögerungen hatten Statikprobleme bei den Containern geführt.

Offiziell will das Landratsamt nur bestätigen, dass ein Bieter einen Nachprüfungsantrag gestellt hat und die Sache jetzt bei der Vergabekammer liegt. Ein Zuschlag sei aufgrund des laufenden Verfahrens aktuell nicht möglich. Das gesamte Vergabeverfahren unterliege bis zum Zuschlag dem Grundsatz der Geheimhaltung.

Vier Gründe, warum öffentliches Bauen schier unbezahlbar ist

In allgemeinerer Form war das Problem des öffentlichen Bauens jetzt auch Thema im Kreisausschuss des Kreistags. Johann Wörle (CSU), Mitglied der Baukommission, nannte unter dem Punkt „Verschiedenes“ vier Gründe dafür, warum das Bauen so teuer geworden ist.

Einer der Gründe sei die „primitive Bauweise“ und mittelmäßige Architektenleistungen vor 50 Jahren. Diese alte Problematik falle einem jetzt praktisch auf die Füße. Wörle: „Das ärgert mich am meisten.“

Weiterer Grund für die Entwicklung laut Wörle: Die hohen Anforderungen an den Brandschutz und an die Statik. Nur der Papst stehe offenbar noch über diesen Forderungen, meinte Wörle nicht ohne Sarkasmus.

Nächstes Problem: Das Vergaberecht und natürlich die allgemeine, aktuelle Lage, an der man nichts ändern könne. Wörle warf die Frage auf, ob es nicht besser wäre, langlebig und pflegeleicht zu bauen statt „reparaturanfällige Primitiv-Bauten“ zu errichten.

Olchings Bürgermeister und SPD-Kreisrat Andreas Magg wiederholte in diesem Zusammenhang seine Zweifel an der aktuellen Beschlusslage in Sachen Gymnasium und zitierte dabei Wörle. „Warum haben wir uns entschieden, einen ,primitiven Bau‘ zu sanieren?“ Vielleicht wäre es besser gewesen, neu zu bauen, fand Andreas Magg. In dieser Frage hatte allerdings der Landrat schon vor einiger Zeit betont, dass das noch teurer geworden wäre. st

Kommentar

Es kann nicht wahr sein, dass Verwaltung und Kreistag wider besseres Wissen praktisch gezwungen werden, eine Firma zu beauftragen, mit der sie schlechteste Erfahrungen gemacht hat. Wenn ein Vertrauensverhältnis zerstört ist, muss der Kreistag die Möglichkeit haben, entsprechend zu reagieren.

Das Vergaberecht – es hat natürlich prinzipiell seine Berechtigung – führt sich hier selbst ad absurdum: Es lässt die öffentliche Hand sehenden Auges ins offene Messer rennen und tut nichts dagegen. Dabei wäre es durchaus sinnvoll, wenn Kommunalpolitiker bei Vergabe-Entscheidungen mehr Spielraum hätten als es jetzt offenbar der Fall ist.

Denn praktisch alle bringen zahlreiche Erfahrungen mit. Sei es aus ihrer Tätigkeit auf Kreisebene oder sei es aus der Tätigkeit in Stadt- und Gemeinderäten. Solches Wissen ungenutzt zu lassen, ist fahrlässig. Den Verantwortlichen bei der Sanierung des Gymnasiums sind gute Nerven zu wünschen. Denn natürlich wird sich Hohn, Spott und Kritik über sie ergießen – den sie vor dem Hintergrund des rechtlichen Vergabe-Rahmens nicht verdienen. (st)

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