B 17 bei Hohenfurch: Monsterbrücke oder teurer Tunnel als Ortsumfahrung
Lange Gesichter machten die Hohenfurcher Gemeinderäte, als das Ingenieurbüro Mooser aus Kaufbeuren seine Konzeptstudie B 17 für die Ortsdurchfahrt Hohenfurch vorstellte. Die vier Varianten rissen das Gremium nicht gerade vom Hocker. Stattdessen gab es weitere Vorschläge, die mit hohen Kosten verbunden sind.
Hohenfurch - Schon seit sehr vielen Jahren ist die Ortsumfahrung Hohenfurch im Bundesverkehrswegeplan verankert. „Es ist sehr schwer, da reinzukommen“, so Hohenfurchs Bürgermeister Guntram Vogelsgesang. Seit 2014 habe sich nichts mehr getan, „wir liegen in der Priorität ganz weit hinten“. Es sei „relativ unwahrscheinlich“, dass die Ortsdurchfahrt vom Staat aufgegriffen werde. Und obwohl die B 17 nicht mehr Gemeindesache, sondern die des Staatlichen Bauamts ist, wurde entschieden, das Thema proaktiv anzugehen. Das Ingenieurbüro Mooser aus Kaufbeuren wurde beauftragt, verschiedene Möglichkeiten der Umfahrung auszuarbeiten. Diese sollen vom Gemeinderat diskutiert und dann in der höheren Politik platziert werden.
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Am liebsten sollte die Bundesstraße B 17 einfach verschwinden. Warum also nicht gleich Hohenfurch untertunneln? Was sich insgeheim viele Anwohner und Gemeinderäte wünschen, ist ziemlich unrealistisch. Das ließen die Fachleute, Christoph Häusler, Geschäftsführer und Ingenieur, sowie Bertram Mooser, Prokurist und beratender Ingenieur, in ihrer Konzeptstudie deutlich durchklingen. In Zahlen: Bis zu 120 Millionen Euro pro Kilometer kann der Rohbau eines Tunnels kosten. Kommt ganz auf den Untergrund an.
Topografie mit Talsohle nicht hilfreich
Zudem sei die Topografie des Ortes mit Tallage nicht hilfreich. „Im besten Fall lägen wir bei 30 Millionen Euro pro Kilometer“, so Häusler. Des weiteren seien Tunnels „nicht unbedingt beliebt wegen der hohen Unterhaltskosten“, ergänzte Bürgermeister Vogelsgesang. Dennoch lenkten die Ingenieure ein und versprachen, neben den vier vorgestellten Varianten noch zwei Tunnel-Lösungen auszuarbeiten.
Zwei Vorschläge außerhalb des Ortes und zwei innerorts präsentierte das Büro dem Gemeinderat. Diese hätten sich herauskristallisiert, nachdem unter anderem ein Kreisverkehr ausgeschlossen wurde. Gründe waren hier die benötigte Größe, aber auch die Staugefahr, die ebenso mehr Abgase mit sich bringe.
Variante 1: Umfahrung im Westen ist realistisch
Die erste Variante umfasst eine westseitige Umfahrung des Ortes mit einer Länge von 4,25 Kilometern. Baubeginn wäre etwa 500 Meter nördlich des Gewerbegebietes, danach schwenkt sie in Richtung Westen. Die Höhenführung wäre eher bestandsnah. Eingeplant wurde hier eine Überführung der WM6 und Schönach sowie eine Unterführung von Bahn und Wirtschaftsweg. Bauende wäre nördlich der Anbindung St 2014. „Vor allem von der Genehmigungsfähigkeit ist diese Streckenführung nicht unrealistisch“, so Mooser. Grobe Kostenschätzung: 30,2 Millionen Euro.
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Variante 2: Naturschutz als Problem im Osten
Anders sieht es bei der ostseitigen, 3,77 Kilometer langen Ausführung aus. Diese beginnt etwas weiter im Norden und schwenkt dann Richtung Osten ab. Sie beinhaltet eine Talquerung Schönnachtal (Brückenlänge: 200 Meter). Bauende wäre rund 500 Meter südlich der Gemeindegrenze.
Trassierungstechnisch sei alles gut machbar. Doch dann komme der Naturschutz ins Spiel. Leider befinde man sich nahe am FFH-Gebiet des Lechs. „Eine Genehmigung ist möglich, aber nur mit hohem Aufwand“, betonte Mooser. Das Gelände auf der Ostseite sei „relativ bewegt“. Große Auffüllungen und Einschnitte wären notwendig. „In einer Studie würde die Idee nicht weiterverfolgt werden“, sagte Häusler klar. Kostenpunkt: 37,4 Millionen Euro.
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An dieser Stelle kam erstmals das Thema „Tunnel“ bei den Gemeinderäten zur Sprache. So hätte sich CSU-Mann Matthias Zeidlmaier bei der Ostumfahrung eine ähnliche Unterführung gewünscht, wie es die Gemeinde Bertoldshofen (Ostallgäu) mit der B16 gemacht hat. „Die Idee wäre gut. Die Straße ist eingegraben und das Ortsbild unberührt“, so Mooser. Dennoch sei es viel zu teuer, mit rund 240 Millionen Euro müsse man rechnen. Graben müsste man unter die WM 6 und die Schönach.
Variante 3: Hohenfurch in Ost und West getrennt
Eine nach Moosers Aussage „extreme“ Möglichkeit sei der dritte Vorschlag. Dieser befinde sich innerorts und sehe eine entkoppelte Parallelführung von B 17 und WM 6 für 775 Meter vor, getrennt durch Lärmschutzwände. Anvisiert werde eine Ertüchtigung der bestehenden Unterführung der B 17. Im Zentrum allerdings sei keine Ost-West-Querung möglich. Diese bestehe dann nur noch über den geplanten Kreisverkehr „Overfly“ unterhalb der B 17 am südlichen Ortsende und etwas weiter nördlich. Auch am Parkplatz des Verbrauchermarkts müsste einiges gemacht werden. „Die erste Reihe der Parkplätze müsste woanders hin“, so Häusler.
Die Bundesstraße würde an beiden Seiten mit fünf bis sechs Meter hohen Lärmschutzwänden eingehaust werden, die auch begrünt werden könnten. „Das wäre ein Riegel durch den Ort und würde Hohenfurch in Ost und West trennen“, gab Mooser zu bedenken. Die Verbindung für den Fuß- und Radverkehr würde davon aber unberührt bleiben.
Vorteilhaft wäre diese Lösung in puncto Abgasemission, diese würden durch den flüssigeren Verkehr abnehmen. Großer Hemmschuh: Der Eisplatz müsste komplett weichen und an einen anderen Standort verlegt werden. Auch die Fußballer hätten ein Problem: Bisher war der Fußballplatz über einen Weg neben der Bundesstraße angebunden. „Hier müsste eine neue Zufahrt geschaffen werden“, so Häusler. Als „optisch nicht ansprechend“, quittierte Gemeinderätin Christine Grünewald (CSU) den Vortrag. Kosten: 20,1 Millionen Euro.
Variante 4: Elf Meter hohe Brücke über den Köpfen
Höhere Dimensionen strebt die Variante vier an. Denn hier handelt es sich um eine an höchster Stelle zwölf Meter hohe und 600 Meter lange Brücke mit durchsichtigen Lärmschutzwänden. Vom Gewerbegebiet bis in den Süden, Bereich Fußballplatz, ziehe sich das Monstrum. Die WM 6 werde höhenversetzt geführt. Verschoben werden müsste die Schönach-Brücke, ansonsten bliebe „unten“ alles gleich. Am südlichen Ortsende sei ein Knotenpunkt „Overfly“ geplant.
„Hier wäre die jetzige Trennung des Ortes durch den Verkehr weg“, so Mooser. Dafür hätte man den Riegel oberhalb der Köpfe. Der Blick in den Himmel sei nicht mehr möglich, es gebe einen nicht zu verachtenden Schattenwurf. Grobe Kosten 42,4 Millionen Euro. Klingt radikal, dennoch seien solche Brücken durchaus üblich. Prominentestes Beispiel die Brennerautobahn, die über einige Orte führe. „Und in Amerika gibt es das überall“, so Mooser.
Ortsdurchfahrt Schwabniederhofen hat 50 Jahre gedauert
Auch hier konnte CSU-Rätin Christine Grünewald nur den Kopf schütteln: „Zum einen haben wir strenge Bebauungspläne für die Häuslebauer, alles muss ins Ortsbild passen. Dann würden wir sowas reinklatschen“, kritisierte sie. Und erntete einhelliges Nicken aus dem Kreis des Gremiums.
„Die neue Ortsdurchfahrt Schwabniederhofen hat 50 Jahre gedauert“, gab Vogelsgesang zu bedenken. „Die Frage ist nun: Was fordern wir und was gibt es für Alternativen?“ Im Magen liege ihm die Opferung des Eisplatzes in der dritten Ausarbeitung. Zudem stünden seitens der Ingenieure noch Gespräche mit dem Verbrauchermarkt an, da der Verkehr oft um ihn herumgeleitet würde.
Brocken erstmal sacken lassen
Zudem merkte der Rathauschef an, dass man innerorts auf eigene Flächen zurückgreifen könne. „Außerhalb betrifft es auch das Gewerbe.“ Die Eigentümer würden im Prozess aber mitgenommen, versicherten die Ingenieure.. Diesen großen Brocken müssen die Gemeinderäte nun erst einmal sacken lassen. „Gemeinsam mit den Tunnelvarianten werden wir noch einmal ausführlich diskutieren“, sagte Vogelsgesang.