EU-Land kommt nicht von Putins Gas los – und unterstützt Russlands Wirtschaft
Europa will weg vom russischen Gas, um Russlands Wirtschaft zu schwächen. Ungarn positioniert sich anders. Es will die Russland-Kooperation ausbauen.
Budepest – Nur noch ein paar Monate, dann beendet die Ukraine die russischen Gaslieferungen durch ukrainische Pipelines. Der wichtige Liefervertrag, der auch für die Versorgung einiger europäischer Länder gesorgt hatte, soll dann auslaufen – eine Verlängerung gibt es nach aktuellem Stand nicht. Länder wie Ungarn und die Slowakei hatten sich beschwert, da sie diese Ressourcen noch brauchen. Ungarn handelt jetzt direkt gegen die westliche Linie.
Ungarn will mehr Gas kaufen – und stützt damit Russlands Wirtschaft
Während viele europäische Länder größte Anstrengungen unternehmen, um sich von russischem Öl und Gas zu lösen, schlägt Ungarn die entgegengesetzte Richtung ein. Angeblich haben Budapest und Russlands Gas-Flaggschiff Gazprom Gespräche begonnen, bei denen es um zusätzliche Gaskäufe im Jahr 2025 gehen soll. Das hatte der ungarische Außenminister Peter Szijjarto in einem Interview mit der vom Kreml kontrollierten RIA Novosti gesagt. Dabei besteht die Gefahr, dass Ungarns Abhängigkeit von russischem Gas wächst.

„Wir haben bereits eine Vereinbarung unterschrieben, die das letzte Quartal 2024 betrifft und bei dem es um zusätzliche Gaslieferungen geht“, erklärte Szijjarto. „Aktuell befinden wir uns in Verhandlungen über einen Deal im nächsten Jahr.“ Diese neue Vereinbarung soll größere Gaslieferungen ermöglichen, weil Ungarn hier auf die Turkstream-Pipeline zugreifen will, die unter dem Schwarzen Meer verläuft.
Aktuell erhält Ungarn rund 4,5 Milliarden Kubikmeter russischen Gases pro Jahr. Erst 2021 hatte das Land einen 15-jährigen Vertrag mit Gazprom abgeschlossen, berichtete Kyiv Independent. Es wäre nicht das erste Mal, dass Szijjarto durch Gas- und Ölgeschäfte mit Russland auffällig wird – im April 2024 hatte er eine Reise nach Moskau unternommen, um Ungarn zusätzliche Gaslieferungen über die langfristig vereinbarten Mengen hinaus zu sichern.
Weg von russischem Gas – Hilft die EU nicht genug?
Dem ungarischen Außenminister zufolge decken russische fossile Treibstoffe rund 70–80 Prozent von Ungarns jährlichem Bedarf. Im Jahr 2022 hatte Ungarn noch Erdgas im Wert von 10,6 Milliarden US-Dollar (9,7 Milliarden Euro) gekauft – dieses Gas war das am meisten importierte Produkt des Landes. Der Hauptlieferant war Russland – auf diesen entfielen Lieferungen im Wert von 5,58 Milliarden US-Dollar (5,14 Milliarden Euro).
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In der Vergangenheit hatte Ungarn sich darüber beschwert, dass die Europäische Union zwar die Loslösung der EU-Staaten von russischem Gas vorgebe, aber nicht genug dafür tue, dass dieser Schritt auch gelingt. Erst im September hatte Csaba Marosvari, Ungarns Minister für Energiesicherheit, erklärt, dass gerade die kleineren Länder ohne Zugang zum Meer Unterstützung dabei bräuchten, sich vom Öl und Gas aus Russland zu lösen. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet hatte, forderte Marosvari mehr Fördermittel aus EU-Töpfen.
Russisches Gas für Europa – Risiken von Turkstream-Pipeline
Die Turkstream-Pipeline ist schon seit längerem im Visier der EU, da sie unter anderem dazu dienen kann, russisches Gas „getarnt“ nach Europa zu leiten. Wie der türkische Energieminister Alparslan Bayraktar erklärte, ist das im Staatsbesitz befindliche Unternehmen BOTAS in der Lage, sieben bis acht Milliarden Kubikmeter Erdgas durch Bulgarien nach Zentraleuropa zu leiten. Das Risiko dabei: Laut Politico befinden sich die türkische Firma BOTAS und Gazprom in Gesprächen, um ein „Hub“ für russisches Gas zu entwickeln. Dementsprechend stehe zu befürchten, dass sich im „Turkish Blend“, einem Gasmix, den die Türkei nach Europa leiten will, ein großer Anteil an russischem Gas vorhanden sein könnte.
Wenn die EU verhindern will, dass Russland aus Gasverkäufen nach Europa Geld verdient, dann müsse sie die Gaslieferungen durch Turkstream stoppen. Zuvor hatte eine Explosion an den Nord-Stream-Pipelines dafür gesorgt, dass Kreml-Chef Wladimir Putin kein Gas mehr direkt nach Deutschland liefern kann. Russlands Einnahmen aus Öl und Gas hatten zuletzt Rückschläge zu verzeichnen.