Gas-Aus trifft Russlands Wirtschaft hart – „Situation ist sehr schwierig“: Putin entgehen Milliarden
Die Ukraine will kein russisches Gas mehr nach Europa leiten. Europäische Länder haben bereits Alarm geschlagen. Für Putin geht es um Milliarden.
Moskau/Kiew – Es gibt keinen Deal: Ende des Jahres soll ein wichtiger Gasliefer-Vertrag zwischen der Ukraine und Russland ein für alle Mal enden. Aufgrund der russischen Aggression hatte die Ukraine darauf verzichtet, einer Verlängerung zuzustimmen. Sowohl für bestimmte Länder als auch für Russland ist das ein harter Schlag.
Liefervertrag zwischen Ukraine und Russland läuft aus – kein russisches Gas mehr für Europa?
Fünf Milliarden Dollar: So viel Geld soll Russland allein im Jahr 2024 an den Gasverkäufen verdienen, die durch ukrainische Pipelines von Russland aus nach Europa fließen. Das hatten Berechnungen der Nachrichtenagentur Reuters ergeben, die auf Moskaus Gaspreisprognosen beruhten. Ab 2025 wird Russland diese Summe entgehen – mit Schwankungen je nach Entwicklung der Gaspreise. Das liegt daran, dass die ukrainischen Pipelines ab dem 1. Januar kein russisches Gas mehr transportieren sollen.

Hintergrund des Ganzen ist ein Handelsabkommen, dass Russland und die Ukraine vor etwa fünf Jahren geschlossen hatten. Dieses erlaubte den Transit von russischem Gas durch die Ukraine. Im Gegenzug hatte die Ukraine kleinere Lieferkosten erhalten. Sollte kein russisches Gas mehr durch ihre Pipelines fließen, würden auch diese ausbleiben. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte bekanntgegeben, dass die Ukraine das Abkommen fortsetzen könnte – aber nur unter der Voraussetzung, dass Russland bis zum Kriegsende keine Zahlungen mehr für den Treibstoff bekomme. Business Insider hatte berichtet.
Für Russland ist die Situation ernst genug, dass sich der Kreml-Sprecher Dmitri Peskov dazu geäußert hatte. „Die Situation hier ist sehr schwierig und erfordert größere Aufmerksamkeit“, zitierte ihn staatliche Nachrichtenagentur TASS. Am Donnerstag hatte sich der russische Präsident Wladimir Putin zu Wort gemeldet und angegeben, es sei keine Zeit mehr, dass die Ukraine einen neuen Gas-Transit-Vertrag abschließen könnte.
Österreich löst von von Russland-Gas, Moldau ruft Notstand aus – wegen Ukraine-Entscheidung
Während die Ukraine diesen Verlust vergleichsweise gut wegstecken kann, haben die europäischen Länder, für die das Gas gedacht ist, bereits Alarm geschlagen. Unter anderem betrifft der Lieferstopp die Slowakei, Ungarn und Österreich. Der slowakische Staatschef Robert Fico hatte diesbezüglich erst am Montag (23. Dezember) den Kreml besucht. Österreich hatte recht lange gebraucht, um sich von russischem Gas zu lösen – ein Langzeitvertrag hatte das Land an die Lieferungen gebunden. Es gibt Alternativen, etwa in Form von anderen Pipelines, aber diese sind üblicherweise teuer als die bisherige Praxis.
Österreich hatte den Ausstieg letztendlich wegen eines Schiedsgerichtsentscheids geschafft. Wegen ausgebliebener Lieferungen im Rahmen der Nord-Stream-Explosionen hatte Österreich einen Schadensersatz zugesprochen bekommen. Der österreichische Energiekonzern OMV hatte daraufhin angekündigt, die 230 Millionen Euro mit laufenden Gaslieferungen von Gazprom verrechnen zu wollen, woraufhin Russland den Gastransport eingestellt hatte. OMV hatte den Vertrag kurzerhand aufgekündigt. So entgehen Russland weitere Millionen.
Auch das direkt an die Ukraine grenzende Land Moldau ist noch von russischen Gaslieferungen abhängig – zumindest seine Region Transnistrien, in der eines der größten Kraftwerke des Landes steht. In Vorbereitung auf die ausbleibenden Lieferungen hatte das Land bereits einen 60 Tage lang andauernden Notstand ausgerufen. Ungarn hatte bereits in der Vergangenheit vor Energieengpässen gewarnt, auch wegen russischer Öllieferungen.
Russland von Gas-Verkäufen abhängig – Zahl der Abnehmer schrumpft
Für Russland ist der Lieferstopp vor allem darum ein Problem, weil westliche Sanktionen den Energiemarkt ohnehin schon unter Druck setzen. Diese zielen darauf ab, Russlands Einnahmen aus Öl und Gas zu mindern – langfristig soll das dafür sorgen, dass Russlands Wirtschaft das notwendige Geld fehlt, um den Ukraine-Krieg weiterzuführen. Zwar hatten sich China und Indien als alternative Abnehmer gemeldet, aber weil Russland auf den europäischen Markt weitestgehend verzichten muss, konnten sie hier teils deftige Preisabschläge verhandeln.
Eines der Resultate aus dieser Entwicklung ist, dass Russlands Gewinne aus Pipeline-Gas im Oktober 2024 (verglichen mit Oktober 2023) um etwa zehn Prozent zurückgegangen sind. Pro Tag beliefen die Gewinne sich auf etwa 64 Millionen Euro, berichtete das Centre for Research on Energy and Clean Air. Der Energiesektor ist eine von Russlands wichtigsten Einkommensquellen und macht etwa ein Fünftel des russischen Bruttoinlandsprodukts aus.
Im neuen Jahr wird ein weiterer Sanktions-Hammer auf Russland zukommen. Im Rahmen neuer EU-Sanktionen, eingesetzt im Juni 2024, sollen „alle künftigen Investitionen in LNG-Projekte, die in Russland im Bau sind, sowie Ausfuhren dieser Projekte verboten“, hatte die EU-Kommission im Juni mitgeteilt. Nach einem Übergangszeitraum von neun Monate soll außerdem die Nutzung von EU-Häfen für die Umladung von russischem Flüssigerdgas (LNG) verboten sein. Diese Maßnahme wird aller Voraussicht nach im März 2025 in Kraft treten. Für Putin ist das ein schwerer Schlag – die europäischen Häfen sind aufgrund spezialisierter Technologie zur Umladung wichtig für Russland und eigentlich sollte LNG Russlands Wirtschaft neue Milliarden einbringen.