Neuer Schlag gegen Russlands Wirtschaft: EU sucht Alternativen für Putins Gas

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Die Ukraine will kein russisches Gas mehr transportieren. Europa sorgt sich vor einer Energiekrise. Aserbaidschan soll das Problem lösen.

Kiew – Aktuell sollen sich Aserbaidschan, die EU, Russland und die Ukraine in Verhandlungen zum Thema Erdgas befinden. Das habe der Präsident Aserbaidschans, Ilham Aliyev, am 6. September mitgeteilt, berichtete Kyiv Independent. Aktuell lässt die Ukraine noch den Transport von russischem Gas in Richtung EU zu, aber der entsprechende Vertrag läuft Ende Dezember 2024 aus – und die Ukraine ist nicht gewillt, weiter russisches Gas durch ihr Territorium fließen zu lassen.

Neues Gas aus Aserbaidschan – zum Schaden von Russlands Wirtschaft

Während Russland zwar durch verschiedene (und teils wechselnde) Begründungen den Transport von Gas nach Europa weitestgehend verhindert hat, fließt immer noch eine kleine Menge nach Österreich, Ungarn und in die Slowakei. Österreich sucht derzeit nach Auswegen, um aus Gaslieferungs-Langzeitverträgen auszubrechen, die vor Jahren verhandelt wurden, die Slowakei und Ungarn sind zumindest in Teilen auf das Gas angewiesen.

Wolodymyr Selenskyj in Cernobbio.
Wolodymyr Selenskyj in Cernobbio. Die Ukraine will kein russisches Gas mehr transportieren. Europa sorgt sich vor einer Energiekrise. Aserbaidschan soll das Problem lösen. © IMAGO/IPA/ABACA

Sowohl die EU als auch die Regierung in Kiew hatten bereits angekündigt, keine Verlängerung des Russland-Vertrags anzustreben. Stattdessen soll ein anderer Versorger her – und das ist in diesem Fall Aserbaidschan. Bereits Anfang Juli hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj angedeutet, mit Aserbaidschan zu sprechen. „Russland, Ukraine und europäische Insitutionen sind an uns herangetreten, um die Versorgung von Gas durch ukrainisches Territorium zu besprechen“, hatte Aliyev während einer Rede in Italien offenbart. Seit mehreren Monaten seien jetzt Verhandlungen gelaufen. Sollte der Gastransit durch die Ukraine zum Erliegen kommen, könne das in einigen europäischen Ländern zu „ernsten Schwierigkeiten“ führen.

Aserbaidschan-Gas als Ersatz – So will der Westen von russischem Gas wegkommen

Schon vor Monaten hatten europäische Offizielle der Regierung in Aserbaidschan vorgeschlagen, das Gas durch eine Pipeline zu leiten, die noch im Sommer 2024 russischen Treibstoff über die Ukraine nach Europa bringt. Das soll eine offizielle Quelle gegenüber dem Portal POLITICO angegeben haben. Der Vorschlag sah simpel aus: Sobald der Vertrag zwischen Russland und der Ukraine Ende 2024 auslaufe, solle Aserbaidschan einspringen und sein Erdgas – ohne Russland – nach Europa transportieren.

Ein Problem dabei ist die Energie-Infrastruktur Aserbaidschans. Aktuell gelangt sein Gas vorrangig über den sogenannten Südlichen Gas-Korridor (SGC) nach Europa. Dabei handelt es sich um ein Netzwerk aus Pipelines, das durch den südlichen Kaukasus, durch die Türkei, die Balkan-Staaten bis nach Italien verläuft. Um die Exporte in einem wirkungsvollen Maß zu erhöhen, wäre es nötig, entweder die Infrastruktur des Landes auszubauen – oder eben einen Umweg über die nördlicher gelegene Ukraine zu nehmen.

Eine direkte Pipeline von Aserbaidschan aus in die Ukraine gibt es laut einer Übersichtskarte des European Network of Transmission System Operators for Gas (ENTSOG) nicht. „White Stream“ 1 und 2 führen von Georgien (Aserbaidschans Nachbarland) aus quer durch das Schwarze Meer bis nach Rumänien. Alle Pipelines, die das Land in nördlicher Richtung verlassen, führen zwangsläufig durch Russland.

Aserbaidschan statt Russland – Von der Leyen schließt Deal

Das könnte zweierlei bedeuten: Erstens hätte Russland die Möglichkeit, an den Nutzungsgebühren für seine Pipelines zu verdienen. Zweitens könnte es die Durchleitung einfach blockieren, genau wie es im Winter 2021 mit der Jamal-Pipeline oder 2022 bei Nord Stream 1 passiert war. Die Energiesicherheit der europäischen Länder wäre also trotzdem von Russland abhängig, obwohl sie dann extra auf russische Ware verzichten würden.

Hintergrund des Ganzen sind die westlichen Sanktionen. Um den russischen Präsidenten Wladimir Putin um seine Einnahmen aus Gas- und Ölverkäufen zu bringen, haben die westlichen Verbündeten der Ukraine eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen, von Sanktionen bis hin zu wirtschaftlichen Winkelzügen. Die enormen Verluste, von denen der russische Gas-Titan Gazprom berichtet hatte, zeigen, dass dies nicht unbemerkt bleibt. Russlands Wirtschaft leidet bereits unter den Maßnahmen des Westens.

Schon im Juli 2022 hatte die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Handel mit Aliyev abgeschlossen, um Aserbaidschans Öl-Exporte bis 2027 auf ein Volumen von mindestens 20 Milliarden Kubikmeter pro Jahr zu bringen.

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