Weg von Putins Gas: Umweltverbände wollen Russlands Wirtschaft schwächen – und schreiben an Merz
Russland liefert noch immer jede Menge flüssiges Erdgas nach Europa. Umweltverbände protestieren dagegen. Sie nehmen Friedrich Merz in die Pflicht.
Berlin – Durch den Verkauf von Erdgas und Öl nach Europa verdient Kreml-Diktator Wladimir Putin nach wie vor Milliarden Euro. Für den CDU-Chef Friedrich Merz wird das zur Herausforderung. Sollte er das Kanzleramt übernehmen, liegt es auch an ihm, wie Deutschland künftig mit dieser Problematik umgeht. Jetzt haben sich Umweltorganisationen aus Deutschland und der Ukraine zusammengetan und fordern die endgültige Abkehr von russischem Erdgas.
Deutscher Konzern kauft „Rekordmengen“ russisches Gas – das soll ein Ende haben
Mit einem öffentlichen Brief wollen sie den designierten Bundeskanzler und CDU-Chef Friedrich Merz (CDU) dazu bewegen, sich stärker gegen die indirekte Finanzierung des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine durch den Kauf von Gas einzusetzen.
Sie kritisieren unter anderem, dass das bundeseigene Unternehmen Sefe (ursprünglich eine Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom), „Rekordmengen“ an russischem Flüssigerdgas (LNG) für Europa einkaufe. „Wir fordern Sie deshalb auf, hier einen Kurswechsel zu vollziehen und anzuordnen, die indirekte Unterstützung des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine durch Sefe zu stoppen“, zitierte die Deutsche Presse-Agentur aus dem Brief an Merz. Schon die Ampel-Koalition habe versprochen, russische Gasimporte schrittweise einzustellen – dies müsse eine neue Regierung nun durchsetzen.
Unter anderem haben die Deutsche Umwelthilfe (DUH), das Umweltinstitut München und Business 4 Ukraine unterzeichnet.
EU-Länder kaufen zu viel russisches Erdgas – droht bei Stopp die Energiekrise?
Hintergrund des Ganzen ist eine europaweite Anstrengung, von russischen Energieträgern wegzukommen. Nach dem Angriff auf die Ukraine im Jahr 2022 hatte die EU zahlreiche Sanktionen gegen Energieexporte aus Russland verhängt, darunter etwa Kohle und Öl. Bis 2027, so der Plan, will die EU kein Gas mehr aus Russland importieren – eine rechtliche Festschreibung dazu gibt es allerdings nicht.
Bei diesen Anstrengungen hatten mehrere europäische Länder vor größeren Problemen gestanden. Unter anderem waren die Slowakei, Ungarn und Österreich von russischen Gaslieferungen abhängig. Österreich konnte sich zwar über einen Winkelzug aus entsprechenden Verträgen retten, doch die Slowakei und Ungarn hatten vor einer Energiekrise gewarnt, sollten sie kein russisches Gas mehr beziehen können. Sie hatten auch gegen die Entscheidung, den Transit von russischem Gas durch Pipelines in der Ukraine zu stoppen, protestiert.
Trotz allem beziehen auch andere europäische Länder noch jede Menge Gas aus Russland. Die Denkfabrik Ember nennt hier beispielsweise Italien, Tschechien und Frankreich. Zahlen des Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) stützen dies – im Jahr 2024 sollen EU-Mitgliedstaaten rund sieben Milliarden Euro in russisches LNG investiert haben. Die Menge stieg um neun Prozent im Vergleich zu 2023.
Forderung zu Nord Stream 2 – Pipeline soll kein russisches Gas weiterleiten
In ihrem Brief stellen sich die Umweltverbände auch gegen eine mögliche Wiederinbetriebnahme der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2. „Die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 würde nicht nur Putins Kriegskasse mitfinanzieren, sondern Europa weiter von fossilem Erdgas abhängig machen und damit die Klimaschutzziele sabotieren“, schreibt Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Genau wie Nord Stream 1 sollte diese Pipeline eigentlich russisches Gas durch die Ostsee nach Deutschland liefern. Zwar war der Bau damals vollendet worden, aber es fehlte immer eine entsprechende Zertifizierung. „Eine kommerzielle Inbetriebnahme der Nord-Stream-2-Pipeline ist nicht möglich, da die Nord-Stream-2-Betreiberin nicht nach §§ 4b, 10 ff. Energiewirtschaftsgesetz als unabhängige Transportnetzbetreiberin durch die Bundesnetzagentur zertifiziert ist“, teilte die Bundesregierung im August 2022 durch den damaligen Staatssekretär Patrick Graichen mit. Auch fast drei Jahre später ist diese Zertifizierung nicht erfolgt.
„Ohne rechtliche Gründe“ – Merz als Gegner von Nord Stream
Ob und in welchem Rahmen Merz reagiert, wird sich herausstellen – historisch aber hat er sich wiederholt als Gegner russischen Gases erwiesen. 2018 plädierte er beispielsweise gegen den Bau von Nord Stream 2, nachdem Russland mit Gewalt ukrainische Boote festgesetzt hatte. 2022 forderte er früh den Stopp von russischen Gasimporten durch Nord Stream 1. Einige Monate hatte Russland diese Lieferungen von sich aus eingestellt. „Russland hat die Gasversorgung einseitig und ohne rechtliche Gründe eingestellt“, sagte eine Sprecherin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) auf Anfrage von IPPEN.Media.