Wie der Forstinninger Vincent Lang Hamburg verzaubert

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Vincent Lang in seiner Rolle als Harry Potters Sohn Albus in dem deutschsprachigen Theaterstück von J.K. Rowling, an dem der Forstinninger 500 Mal beteiligt war. Inzwischen hat es ihn ins Ohnsorgtheater verschlagen. © Axel Heimken

Harry Potter hat einen Sohn. Der heißt Albus und zaubert mit Vorliebe in Hamburg. 500 Mal verkörpert von einem Forstinninger.

Forstinning - „Zwei Münchner in Hamburg“. Das waren einst Uschi Glas und Elmar Wepper in einer beliebten ZDF-Serie Anfang der 90er Jahre. TV-Geschichte ist das. Die Gegenwart schaut so aus: Ein Forstinninger in Hamburg. Und zwar Vincent Lang, der von der Löfflmühle stammt, an der Alster 500 Mal Harry Potters Sohn auf der Bühne verkörperte und demnächst sogar auf Plattdeutsch agiert; im Ohnsorg-Theater.

Ziemlich lässig und dazu schmungvoll kommt Vincent Lang in die Szenekneipe im Hamburger Stadtteil St. Georg nahe der Außenalster hereingestürmt. Hier, in der Straße „Lange Reihe“, reiht sich eine Gaststätte an die nächste. Der Vietnamese neben dem Inder neben dem Thailänder und dem Perser. Wir haben uns zu einem (oder zwei Bier) verabredet, ohne uns je vorher gesehen zu haben. Erkennungszeichen? Ich etwas über zwei Meter groß, er mit einer nicht wegzudiskutierenden Ähnlichkeit mit Harry Potter, also Daniel Redcliff. Nein, eher sogar noch mit dem Harry Potter, den die Fans aus den Beschreibungen in den Büchern von Joanne K. Rowling und den Darstellungen auf den Buchcovern kennen.

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Vincent Lang, der spontan noch seine Freundin Jolene mit zu diesem Pressetermin mit der Ebersberger Zeitung mitgebracht hat, schmunzelt ein wenig. Ja, es sei auch schon vorgekommen, tatsächlich mit dem inzwischen weltberühmten Potter-Darsteller aus den früheren Kinofilmen verwechselt worden sei. So ganz falsch lagen sie da nicht, Vincent Lang ist nämlich nicht nur Schauspieler, sondern war 500 Mal und vom ersten Tag an in dem Potter-Musical „vom verwunschenen Kind“ der Sohn des Magiers; in der Hauptrolle als Albus Potter. Für Vincent Lang ein Stahlbad, nicht nur wegen der großen medialen Aufmerksamkeit um alles, was mit Potter und Co. zu tun hat. Ausgerechnet bei seiner letzten Vorstellung passierte dann auch das Missgeschick. Lang alias Albus Potter rutschte auf seinem Tarnumhang, der ihn im Stück unsichtbar machen sollte, aus und kam ins Straucheln. Mit großem, Improvisationsgeschick und Spontaneität rettete er die Szene und den Worten: „Alter, ist der rutschig“. Szenenapplaus war ihm sicher. Auf YouTube wurde das Ganze natürlich auch gleich verewigt.

Ende Juli fiel für ihn dort der Vorhang. Freiwillig. Lang wechselte Theater und Genre und stand wochenlang im berühmten Ohnsorgtheater auf der Bühne in einer leicht überdrehten Umweltkomödie mit dem Namen „Der letzte Pinguin“. Alleine dieses neue Engagement war der Hamburger Boulevardzeitung MOPO ein Interview mit dem 29-Jährigen wert. Journalistengespräche sind jungen Mann aber nicht neu. Neu war an diesem Sommertag in Hamburg lediglich, dass er mal wieder ins Gespräch kam mit einem Vertreter seiner eigentlichen Heimat. Lang stammt von der Löfflmühle, auch Wolfmühle genannt. Der dortige Chef Andreas ist sein Onkel, und Senior Anton der Opa.

Einen gewissen Promistatus hat der gebürtige Münchner also immer irgendwo mit dabei, ohne ihn wie ein Monstranz sichtbar werden zu lassen. Auch das Internet ist reichlich bestückt mit persönlichen Daten: von der Körpergröße (1,73 m) über Augen- und Haarfarbe über Hobbys und Fremdsprachenkenntnisse bis hin zu musikalischen Fähigkeiten (Klavier und Mundharmonika) und seiner bisherigen künstlerischen Vita als Profischauspieler.

Die weist für den Mann aus dem Moos chronologisch zunächst erst einmal den erfolgreiochen Besuch an der Frankfurter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst aus (Oktober 2015 bis September 2019). Tatsächlich aber begann die Laufbahn schon viel früher: in einem Theaterkurs an der Lena-Christ-Realschule in Markt Schwaben. Schriftsteller oder Schauspieler, erzählt er, das seien schon früh die beiden Optionen für das spätere Leben gewesen. Für das Dasein als Schriftsteller aber habe er sich damals einfach noch zu jung geführt. Über viel Lebenserfahrung, die er hätte zu Papier bringen können, konnte er im jugendlichen Alter nun auch nicht verfügen, also sollte es das Schauspieltum werden. Probleme, Gefühle zuzulassen und extrovertiert zu sein, kannte Vincent schon damals nicht.

Was folgte, waren Bewerbungen bei Schauspielschulen. Frankfurt gab ihm den Zuschlag, da war er einer von acht Ausgewählten unter 1000 Kandidaten. Zur Aufnahme galt es, aus Kleists „Zerbrochenem Krug“ einen Monolog vorzutragen, in die Rolle des Kriegsheimkehrers Beckmann in Borcherts „Draußen vor der Tür“ zu schlüpfen, und auch der „Kaufmann von Venedig“ war fünf Minuten lang Prüfungsstoff. Lang setzte sich jedenfalls durch. Sein Erfolgsrezept: „Keine Angst vor Fehlern haben, möglichst cool bleiben, authentisch, kreativ und spontan“. Einer seiner Lehrer: Tobias Moretti.

Nach vier Jahren wurde aus dem Burschen aus dem Landkreis Ebersberg so ein Diplom-Schauspieler.

Ein Zuckerschlecken war es aber nie. Finanziert wurde das Ganze im Wesentlichen aus Bafög-Mitteln. „Da war hart, hat aber Spaß gemacht“, sagt er. Momente des Zweifels seien auch dagewesen. Stärker aber war die Erkenntnis, dass mit einer erfolgreichen Ausbildung auch ein Riesenprivileg verbunden sein konnte. Es drückt sich bis heute aus in fünf Teilnahmen an Filmproduktionen und schon mehreren Engagements in Frankfurt, an der Oper Köln, im St.-Pauli-Theater und eben am Hamburger Theater am Großmarkt, das noch immer Schauplatz des Potter-Musicals ist.

Bis zu acht Vorstellungen pro Woche absolvierte Lang zuletzt dort. Premiere war 2021. Nicht selten vor täglich über 1500 Zuschauern. Joanne K. Rowling hat das Theaterstück selber geschrieben. Lang bekam die Rolle gleich nach seinem erfolgreichen Studium. „Ich habe aber nicht studiert, um jahrelang das Gleiche zu machen“, fügt er gleich ungefragt die Begründung dafür an, einen neuen Cast gesucht zu haben. Und spricht von einem guten Moment weiterzuziehen.

Vincent Lang und Jörg Domke
Der Profischauspieler Vincent Lang in einer Hamburger Szenekneipe im Gespräch mit EZ-Redakteur Jörg Domke. © jödo

Herausforderungen musste der Oberbayer, der nach eigenen Angaben den bairischen Heimatdialekt ebenso beherrscht wie Berlinerisch und Hamburgisch, nicht lange suchen. „Der letzte Pinguin“ im Ohnsorg hatte am 14. Januar Premiere. Und eine weitere Herausforderung, sprich Premiere, steht demnächst schon an, ebenfalls an. Am 3. November (Premiere) wird im Ohnsorg „Alarm in‘t Theaterhuus - Carmen darf nicht platzen“ aufgeführt, eine plattdeutsche Komödie. Weshalb der Forstinninger in Hamburg die letzten Wochen auch ganz intensiv damit verbrachte, den norddeutschen Dialekt zu verinnerlichen. Mit dem Lustspiel bleibt das Ensemble nur ein paar Wochen an der Elbe und tourt dann in Orte wie Vechta, Uelzen, Elmshorn, Neumünster, Emden, Stade, Wismar, Papenburg, Jever, Kiel, Eckernförde oder Husum. Gute Trainingsmöglichkeiten böten einige in Hamburg leicht zu empfangende Radiosender, verrät er sein Erfolgsrezept.

Einmal Hamburg, immer Hamburg? Das hier, sagt er, sei eine tolle Stadt, nach fünf Jahren könne er sich aber auch vorstellen, mal wieder den Lebensmittelpunkt nach München zu verlegen. Und, wie es scheint, auch gerne mit seiner Freundin Jolene (25) an der Seite. Beide haben sich vor drei Jahren kennengelernt; ohne Pottersche Hexerei - sondern im Theater.

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