"Phase 0": Russland bereitet sich für einen Krieg mit der Nato vor

Die Experten des US-amerikanischen Thinktanks "Institute for the study of war" (ISW) sind sicher: Russland hat "Phase 0" der Vorbereitungen auf einen zukünftigen Krieg mit der Nato gestartet. 

Laut "ISW" ist noch unklar, ob in Russland wirklich die Entscheidung getroffen wurde, einen solchen Krieg vom Zaun zu brechen. Oder in welchem Zeitraum das geschehen könnte. Doch mehrere Aktivitäten der Russen deuten aus Sicht des "ISW" darauf hin.

1. Aussagen des russischen Auslandsgeheimdienstes SVR

Der russische Auslandsgeheimdienst SVR warnt wiederholt vor Operationen unter falscher Flagge, die dann Russland in die Schuhe geschoben werden sollen. Neuestes Beispiel: Am Montag warnte der SVR, dass Großbritannien gemeinsam mit pro-ukrainischen Russen einen Angriff auf ein Schiff der ukrainischen Marine oder ein ziviles Schiff in einem europäischen Hafen plane.

Der SVR behauptet, die Saboteure würden dann Russland verantwortlich machen. Und zusätzlich plane Großbritannien bei der Aktion den Einsatz von chinesischem Gerät, um auch noch die Chinesen beschuldigen zu können, Russland im Kampf gegen die Ukraine zu unterstützen.

Zuletzt hatte der SVR immer wieder solche Behauptungen aufgestellt, auch über Angriffe auf Polen, Moldau oder Serbien. Die "ISW"-Experten sind überzeugt, dass die Russen damit "Phase 0" der psychologischen Kriegsführung starten.

Diese ziele vor allem auch auf die eigene Bevölkerung ab. Die Sicht auf den Westen soll beeinflusst werden, um "eine mögliche zukünftige russische Aggression gegen die Nato zu rechtfertigen und öffentliche Unterstützung dafür zu gewinnen".

2. Russland intensiviert Provokationen gegen Nato-Staaten

Die "ISW"-Analysten schreiben: "Russland war in den letzten Jahren an einer Vielzahl offener und verdeckter Angriffe auf Nato-Staaten beteiligt, darunter Sabotageakte, Störungen der elektronischen Kriegsführung (EW), GPS-Störungen und Brandstiftungen." 

In den vergangenen Wochen hätten die Russen diese Angriffe intensiviert - unter anderem mit den Drohnen und Kampfjets, die in Nato-Luftraum eindringen.

Wie die "ISW"-Experten schreiben, sei auch dies Teil von "Phase 0". Russland wolle Angst in der europäischen Bevölkerung schüren und die Entschlossenheit der Nato schwächen. Die Kriegsgefahr solle für die Europäer allgegenwärtig werden. 

Ein Teil des Kalküls: Der Westen soll davon abgehalten werden, die Ukraine zu unterstützen und die eigene Verteidigungsfähigkeit zu stärken, aus Angst, damit womöglich russische Angriffe zu provozieren. Russland wolle seine Gegner zu Entscheidungen provozieren, die am Ende Russland nutzen, so die Experten.

3. Russland baut sein Militär um

Laut "ISW"-Experten gibt es auch in der Struktur des russischen Militärs Hinweise darauf, dass Russland Vorbereitungen auf einen möglichen Konflikt mit der Nato trifft.

Der Hintergrund: Zuletzt veröffentlichte ein kreml-naher Insider Zahlen zum derzeitigen Zustand der russischen Armee. Dabei enthüllte er, dass Präsident Wladimir Putin den Aufbau einer strategischen Reserve plane. Experten deuteten dies als Zeichen dafür, dass Putin nicht an einem kurzfristigen Sieg und damit Ende des Ukraine-Kriegs interessiert ist - und den Konflikt mit dem Westen langfristiger angehe.

Klar ist für die "ISW"-Experten aber auch: Es gibt derzeit keine Anzeichen dafür, dass Russland sich auf einen unmittelbar bevorstehenden Krieg mit der Nato vorbereitet. "Phase 0" diene vor allem der Beeinflussung des Westens und der eigenen Bevölkerung und solle den Boden für weitere Phasen bereiten.