Putin zahlt Millionen-Entschädigung an Kriegsopfer – Russlands ärmste Regionen profitieren
Putin zahlt verwundeten Soldaten ein Vermögen. Das Geld bringt neuen Reichtum in Russlands ärmste Regionen. Unternehmen nutzen den Trend aus.
Moskau – Russlands ärmere Regionen gewinnen neuen Reichtum. Offenbar zieht das jetzt zunehmend neue Infrastruktur in den russischen „Rostgürtel“, neue Einzelhändler, neue Restaurants und Fitness-Ketten. Hinter diesem Geldsegen stehen die hohen Solde und Entschädigungen, die der Kreml seinen Soldaten zahlt – oder deren Familien, sollten die Soldaten in der Ukraine fallen. Jetzt zahlt sich aus, dass der russische Präsident Wladimir Putin seine Armee massenhaft aus den ärmeren Regionen rekrutiert hat.
„Krieg ist ein großer Gleichmacher“ – Entschädigungen spülen Millionen in Russlands ärmste Regionen
Neben den Summen, die durch Soldzahlungen in diese Regionen fließen, treibt auch die Kriegswirtschaft die Jobentwicklung in den betroffenen Gebieten an. Laut der Financial Times geht das mit höheren Gehältern für Fabrikarbeiter und „noch nie dagewesenen“ Geldspritzen für die „historisch armen“ Städte und Ortschaften einher. „Der Krieg ist in gewissem Sinne ein großer Gleichmacher“, zitierte die Financial Times Janis Kluge, einen Russland-Experten des German Institute for International and Security Affairs. „Er gibt den Leuten, die in Friedenszeiten keine großen Perspektiven hatten, jede Menge Geld. Das betrifft Leute ohne Schulbildung, die in abgehängten Gegenden leben.“

Kluge zufolge kommt es nun zu einem deutlichen Plus an Bedarfen für Güter und Dienstleistungen, die es früher wegen des Geldmangels schlichtweg nicht gegeben hatte. Russische Einzelhändler und andere Unternehmen haben den Trend erkannt und in einer Zeit, in der westliche Sanktionen eigentlich die russische Wirtschaft verkrüppeln sollten, eine Expansion gestartet. Darunter soll sich etwa die X5-Gruppe befinden, die einige der wichtigsten russischen Supermarktketten besitzt – sie expandiert in den Osten des Landes. Auch die Südöstliche Region Khabarovsk soll von einem Wachstum bei den Jobangeboten profitieren.
Kriegswirtschaft macht Russland resilient – ohne Krieg droht Stagnation
Die russische Kriegswirtschaft hatte verschiedene Sanktionseffekte mindestens ausgleichen können – wenn man den offiziellen Zahlen des russischen Statistikamts glaubt. Im Jahr 2022 hatte es noch ein leichtes Minus gegeben, gefolgt von Wachstum in den Jahren 2023 und 2024. Trotzdem haben die Sanktionen dafür gesorgt, dass Russland einige Schritte vollziehen musste, die mittelfristig die wirtschaftliche Sicherheit gefährden. In einer Analyse hatte das Center for European Policy Analysis (CEPA) beschrieben, dass Russlands Wirtschaftswachstum in hohem Maße von den Militärausgaben abhängt – das Land ist also vom Krieg abhängig.
In der Abwesenheit von Zahlungen rund um den Krieg, darunter Investments für mit dem Krieg verbandelte Industrien, soll Russlands Wirtschaft „sehr wahrscheinlich“ stagnieren.
Putin fährt Entschädigungen zurück – „Deathonomics“ heizen die Wirtschaft an
Zweitens spülen die Verwundungen und gar Tode der Soldaten im Ukraine-Krieg jede Menge Geld in die Kassen der ärmeren Regionen. Grundlegend ist es so, dass der Kreml den Soldaten und Familien immer dann eine Entschädigung zahlt, wenn die Soldaten eine Verletzung oder gar tödliche Verwundungen davontragen. Der russische Ökonomen Wladislaw Inozemtsew soll geschätzt haben, dass die Familie eines 35 Jahre alten Russen, der ein Jahr lang im Krieg dient und dann stirbt, rund 14,5 Millionen Rubel (150.000 US-Dollar) als Entschädigung erhält. Darüber hatte das Wall Street Journal berichtet. Andere Boni oder Versicherungsleistungen seien darin noch nicht enthalten gewesen. In einigen Regionen Russlands hätten diese Bonuszahlungen schon dazu geführt, dass die verstorbenen Soldaten mehr Geld wert gewesen seien als sie durch Arbeit bis zum 60. Lebensjahr erwirtschaftet hätten.
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„An die Front zu gehen und ein Jahr später zu sterben ist wirtschaftlich profitabler als das weitere Leben des Mannes“, hatte Inozemtsew gegenüber dem Journal gesagt. Von „Deathonomics“ war dabei die Rede, einem Kompositwort aus den englischen Begriffen für Tod und Wirtschaft. Die Armutsrate sei in einigen Regionen Russlands auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1995 gefallen.
Allerdings scheint Putin gemerkt zu haben, dass diese Art der Bezahlung die Staatskassen enorm belastet. Laut dem Kyiv Independent hatte er am 13. November 2024 einer Reduzierung der Bezahlung zugestimmt, die verwundete Soldaten erhalten. Die Maximalzahlung von drei Millionen Rubel (29.000 US-Dollar) soll seitdem aufgeteilt sein – vorher hatte der Kreml bei der Bezahlung nicht nach Art der Verwundung unterschieden, nun sollen drei Abstufungen gelten. Bei „schweren“ Verwundungen bleiben es drei Millionen Rubel, bei „kleinen“ Verletzungen immerhin eine Million Rubel und dann gibt es 100.000 Rubel (ungefähr 960 US-Dollar) für „andere kleine Verletzungen“. Das hatte das Nachrichtenportal unter Berufung auf die russische staatliche Nachrichtenagentur TASS berichtet.