„Chaos“: Europa blickt auf Trumps Zoll-Knall – und sieht „globale Tragödie“

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Die Welt blickt auf Donald Trumps „Liberation Day“. Europas Presse ordnet die US-Zölle jetzt schon ein und wählt drastische Worte.

Washington – Die Welt blickt gespannt auf die USA. Um 22 Uhr europäischer Zeit will Donald Trump Details zu seinen neuen Zöllen nennen. Erst dann wird bekannt, welche Waren es treffen wird. Die Trump-Zölle könnten auch die Europäische Union schwer treffen und die Weltwirtschaft erschüttern. „Sie werden sofort in Kraft treten“, sagte Trumps Sprecherin Karoline Leavitt.

Trump hat den Tag der Verkündung vorab als „Liberation Day“, also „Tag der Befreiung“ angepriesen. Die Welt-Wirtschaft wartet gespannt, was der Republikaner-Präsident verkünden wird. Europas Presse ordnet vorab ein – eine Presseschau:

„Liberation Day“: Trumps Zoll-Hammer trifft auch die Schweiz - „Gefahr für den Wohlstand“

Die Neue Zürcher Zeitung kommentiert am Mittwoch die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump:

„Donald Trump wirbelt mit seiner Handelspolitik die Weltwirtschaft durcheinander. Im Kern verfolgt er damit eine Idee: Es sei notwendig und richtig, dass möglichst viele Güter wieder in den USA selbst hergestellt werden. Firmen sollen die Produktion in die USA verlagern. Das hieße im Extremfall: keine Spielzeuge und Smartphones mehr aus China, keine Computerchips aus Taiwan, kein Wein aus Frankreich, keine Autos aus Deutschland, keine Medikamente und kein Käse aus der Schweiz.

Trump huldigt der Vorstellung, dass nur einheimische Güter gute Produkte seien. Er ist damit nicht allein. Viele Politiker finden Importe schlecht. Auch in der Schweiz sind protektionistische Vorstellungen weit verbreitet. (...)

Doch dieses Denken ist eine fundamentale Gefahr für den Wohlstand. Es spiegelt ein tiefes Misstrauen gegenüber dem Prinzip der Arbeitsteilung, das große Teile der Welt in den vergangenen Jahrzehnten reicher gemacht hat. (...) Wenn jedes einzelne Land alles selbst machen will, gibt es nichts mehr zu exportieren. Der Handel kommt zum Erliegen. Wer exportieren will, muss notwendigerweise akzeptieren, dass dies auch andere Länder tun.“

„Liberation Day“: Trumps Zoll-Knall trifft Polen – „Chaos und Unberechenbarkeit“

Zu dem von US-Präsident Donald Trump als „Tag der Befreiung“ angekündigten Paket weitreichender Strafzölle schreibt die polnische Tageszeitung Rzeczpospolita am Mittwoch:

„Am gefährlichsten für die Welt und vor allem für die USA ist, dass die Zollpolitik der Regierung von US-Präsident Donald Trump so ideologisiert ist. In diesem Sinne beruft sich der sogenannte “Tag der Befreiung„ weniger auf die harten Regeln der Ökonomie als auf Trumps persönliche und obsessive Überzeugung, dass Protektionismus für die Wirtschaft der USA heilsam sein wird. 

Erschwerend kommt hinzu, dass die tiefgreifende Ideologisierung der Zollfrage gleichzeitig mit etwas einhergeht, was in der Geschäftswelt absolut untragbar ist: Chaos und Unberechenbarkeit. Für die Märkte ist es ein Kuriosum, dass selbst einen Tag, bevor die größte Volkswirtschaft der Welt ihre Zollpolitik bekannt gibt, nicht klar ist, wen es wie stark treffen wird. Die Märkte warten ungläubig auf diese Entscheidungen, als hätten sie es mit der Gruppenauslosung für die WM oder mit einer billigen Lotterie zu tun. Eines ist überall zu hören: Es ist unmöglich, in einer Welt mit unsicheren Regeln Geschäfte zu machen. Und was Trump mit seiner „verrückten“ Zollpolitik macht, bringt die Welt der Regeln an den Rand des Wahnsinns.“

US-Präsident Donald Trump geht über den Südrasen des Weißen Hauses.
US-Präsident Donald Trump geht über den Südrasen des Weißen Hauses. © Jose Luis Magana/dpa

„Liberation Day“: Trumps Zölle treffen Großbritannien – „Begründung ist verworren“

Zur Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump meint der Londoner Guardian am Mittwoch:

„Er stellt die Besteuerung von Importen als ein Mittel dar, um die amerikanische Wirtschaft zugunsten der vom Freihandel und der Globalisierung benachteiligten Arbeiter wiederaufzubauen. Zugleich ist er offenbar der Ansicht, dass es in der Politik nicht um Wahrheit oder Gerechtigkeit geht, sondern um Druckmittel und Vorherrschaft. (...)

Seine Begründung für die Verhängung von Zöllen ist verworren. Aber zwei Faktoren scheinen ausschlaggebend zu sein. Da ist zum einen sein Selbstbild als ultimativer Dealmaker, als der Mann, der jede Situation zu seinem Vorteil wenden kann. Hinzu kommt seine Auffassung von Politik als eine Möglichkeit, die Gesellschaft so zu strukturieren, dass eine Gruppe gegenüber anderen bevorzugt wird - nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht, sondern auch in Bezug auf ihre Legitimation und die Frage, wer das Sagen hat.

Die Zölle werden für die betroffenen Staaten vermutlich wieder aufgehoben, wenn diese Trumps Wünschen nachkommen und damit ihm politisch nützliche Wählergruppen, große Tech-Verbündete oder seine wohlhabenden Spender zufriedenstellen.“

„Liberation Day“: Trumps Zölle treffen auch Italien – „wer wird die Rechnung bezahlen“

Die italienische Tageszeitung Corriere della Sera meint am Mittwoch zu den Strafzöllen von US-Präsident Donald Trump gegen andere Länder:

„Am ‚Tag der Befreiung‘ fragt man sich, wie viele Menschen die Gefangenen von Donald Trumps Zöllen sein werden. Wer wird eigentlich die Rechnung bezahlen? Welche Ausnahmen gibt es? Und vor allem: Wie lange wird es dauern, bis sich viele Amerikaner gleichermaßen gefangen fühlen von den Entscheidungen ihrer Regierung? Seit jeher stellen Zölle, und schlimmer noch ein Handelskrieg, einen Teufelskreis dar, ein negatives Summenspiel. 

Die US-Sparer bevorzugen mehr als alle anderen die Aktienmärkte. Die Börsenindizes orientieren sich nicht an politischen Glaubenssätzen. Sie sind ein unanfechtbares Urteil. Die von den Zöllen betroffenen Europäer sind dann in der unangenehmen Lage, einerseits zu hoffen, dass die Märkte Trump abstrafen, und andererseits, dass dies nicht geschieht, weil auch ein erheblicher Teil ihrer Ersparnisse in amerikanischen Märkten und Unternehmen steckt.“

„Liberation Day“: Trumps Zölle treffen auch Portugal – „eine globale Tragödie“

Die portugiesische Zeitung Correio da Manhã kommentiert die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump:

„In diesem Frühjahr laufen wir Gefahr, dank der Politik der Trump-Regierung in einen schrecklichen wirtschaftlichen Winter zu geraten. Zölle auf Importe mögen auf den ersten Blick populär wirken und dem amerikanischen Wahlvolk sinnvoll erscheinen, aber in der Praxis werden die ersten Opfer dieser populistischen Maßnahmen die Amerikaner selbst sein, die mit Inflation für die Maßnahmen des Präsidenten bezahlen müssen.

Aber die gesamte Weltwirtschaft wird leiden, weil die Grenzschließungen in Amerika eine globale Abkühlung zur Folge haben werden. Weniger BIP bedeutet weniger Arbeitsplätze, und mit der durch die Steuererhöhung verursachten Inflation, die die Zölle mit sich bringen, riskiert die Welt, in eine neue Stagflation zu geraten (...) - mit geringem Wirtschaftswachstum, hoher Arbeitslosigkeit und hohen Preisen.

Trump wurde mit einem Teil der Stimmen von Enttäuschten und Ausgegrenzten durch die Globalisierung gewählt, aber insgesamt profitierte die amerikanische Wirtschaft vom freien Welthandel. Dieser Versuch des amerikanischen Isolationismus ist eine globale Tragödie, da die USA immer noch der mächtigste Markt der Welt sind. Und wir alle werden letztlich in unserem Geldbeutel unter dieser Entscheidung des Weißen Hauses leiden.“ (rjs/dpa)

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