„Ohne Wohnungen funktioniert es nicht“: Bauministerin Geywitz zu Gast in Herzogsägmühle

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Schongau
  4. Peiting

Kommentare

Lutz Schmidt und Ulrich Wallheim vom Verein „Selbstvertretung wohnungsloser Menschen“ im Gespräch mit Bundesbauministerin Klara Geywitz, die zu einem kurzen Besuch nach Herzogsägmühle gekommen war. © Hans-Helmut Herold

Hoher Besuch in Herzogsägmühle: Bundesbauministerin Klara Geywitz war im Rahmen ihrer Bayernreise zu Gast im Diakoniedorf. Beim Austausch vor Ort ging es vor allem um die Themen Wohnungslosenhilfe und Wohnungsbau.

Herzogsägmühle – Pünktlich auf die Minute betrat Klara Geywitz den Rainer-Endisch-Saal. Ein kurzer Smalltalk mit den Landtagsabgeordneten Harald Kühn (CSU) und Susann Enders (Freie Wähler) sowie Bezirkstagsvizepräsident Michael Asam und Peitings zweitem Bürgermeister Gunnar Prielmeier, dann brachte Herzogsägmühle-Geschäftsführer Andreas Kurz den besonderen Gast auch schon zu seinem Platz in der ersten Reihe. Eine gute Stunde war für den Besuch der Bundesministerin angesetzt. Zeit, die man im Diakoniedorf natürlich bestmöglich nutzen wollte.

Kurz begann mit einem Rückblick auf die wechselvolle Geschichte Herzogsägmühles, spann den Bogen von der Arbeiterkolonie zum heutigen Diakonieunternehmen. Dabei klammerte er die Zeit des Nationalsozialismus nicht aus, in der teils bis zu 1000 Menschen in Herzogsägmühle untergebracht gewesen und 446 verstorben seien.

Selektionsdenken beginne im Kleinen, mahnte er mit Blick auf die jüngsten Geschehnisse in Geywitz’s Heimatstadt Postdam, wo ein Treffen mit Rechtsextremen bekanntlich bundesweit hohe Wellen geschlagen hatte.

„Ich freue mich wahnsinnig, dass Sie hergekommen sind“

John-Edward Schulz lenkte anschließend als Leiter des Fachbereichs „Menschen in besonderen Lebenslagen“ den Fokus auf das Thema Wohnungslosenhilfe, die seit 2023 in die Zuständigkeit von Geywitz’ Ministerium fällt.

Schulz lieferte einen Abriss der vielfältigen Leistungen und Angebote der Diakonie auf dem Gebiet. Die offerierte Hilfe sei dabei viel mehr, als nur ein Dach über dem Kopf anzubieten, betonte der Leiter.

Dass die Bundesregierung sich die Bekämpfung von Wohnungslosigkeit zum Ziel gesetzt hat, begrüßte nicht nur Schulz („Ich erwarte mir da viel“). Es sei schön, dass sich die Politik endlich mit dem Thema beschäftige, sagte auch Ulrich Wallheim. Der Herzogsägmühler gehört dem Vorstand der „Selbstvertretung wohnungsloser Menschen“ an und hatte Geywitz anlässlich des Tags der Wohnungslosen beim Bundespräsidenten in Berlin kennengelernt. „Ich freue mich wahnsinnig, dass Sie hergekommen sind“, sagte Wallheim.

Andreas Kurz (Geschäftsführer Diakonie Herzogsägmühle) führte die Bauministerin durchs Diakoniedorf.
Andreas Kurz (Geschäftsführer Diakonie Herzogsägmühle) führte die Bauministerin durchs Diakoniedorf. © Hans-Helmut Herold

Tatsächlich habe sich der Bund lange rausgehalten und die Wohnungslosenhilfe den Akteuren vor Ort überlassen. Mit dem Nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit, der voraussichtlich im Frühjahr im Kabinett beschlossen werde, soll sich das ändern, so die Ministerin.

Doch bis zur Umsetzung dürften viele Jahre vergehen, zeigte sich Geywitz realistisch. „Das ist ein Riesenbrett.“ Nicht nur würden viele Faktoren wie Mietrecht und Gesundheitsfragen hineinspielen. Vor allem aber mangelt es hierzulande an ausreichend Wohnungen. Wenn es möglich sei, 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr zur Verfügung zu stellen, müsse man auch 50 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau aus dem Ärmel schütteln können, forderte Wallheim hier deutlich mehr Anstrengungen. „Ohne Wohnungen funktioniert der Ansatz ,housing first’ nicht.“ Dem musste auch Geywitz zustimmen, die freilich darauf verwies, dass der Bund in den nächsten Jahren immerhin 18,5 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau in die Hand nehmen wolle.

Wie schwer es allerdings in Zeiten hoher Zinsen und Baukosten ist, günstigen Wohnraum zu schaffen, dafür hatte man in Herzogsägmühle gleich das passende Beispiel für die Ministerin parat. Nach jahrelangen vergeblichen Bemühungen sollen „Am Roten Berg“ nun wie berichtet 30 Wohnungen entstehen, die Bauanträge für die insgesamt sieben Gebäude sind bereits genehmigt.

Scheck über 2000 Euro für den Nothilfefonds

Doch Verhandlungen mit dem Investor, einer Stiftung, über den Mietpreis hätten das Vorhaben zuletzt wieder verzögert, sagte Kurz, als er der Ministerin das Projekt und die geplante künftige Wärmeversorgung des Diakoniedorfs (wir berichteten) vorstellte. Die angedachten zwölf Euro pro Quadratmeter seien ein „völliges Nogo“ gewesen. Letztendlich habe die schwächelnde Baukonjunktur dazu geführt, dass man nun bei zehn Euro Miete pro Quadratmeter gelandet sei. Der Spatenstich soll noch heuer erfolgen.

Wo genau, bekam Geywitz anschließend bei einer kleinen Besichtigungstour durch das Diakoniedorf gezeigt, nachdem die Ministerin zuvor noch einen Scheck über 2000 Euro für den Nothilfefonds überreicht hatte. Ein kurzer Stopp noch an der Herberge, dann war die kurze Stippvisite zu Ende.

Alle News und Geschichten sind auch auf der Facebook-Seite der Schongauer Nachrichten zu finden.

Auch interessant

Kommentare