Wegen fehlender Hort-Plätze: Eltern aus Bad Wiessee in heller Aufregung
Die Eltern in Bad Wiessee sind in heller Aufregung. Bei einer Info-Veranstaltung im Rathaus haben sie erfahren, dass nur ein Bruchteil der Hort-Kinder auch künftig einen Platz in der Nachmittagsbetreuung bekommen wird.
Bad Wiessee - Um allen Wiesseer Familien einen Krippenplatz bieten zu können und das maximal Mögliche aus dem neuen Kita-Zentrum herauszuholen, hatte sich die Gemeinde Bad Wiessee im Frühjahr dieses Jahres auf die Suche nach einem neuen Träger sowohl für die Krippe als auch den Hort begeben. Mit dem bisherigen Betreiber der beiden Einrichtungen, der evangelischen Kirchengemeinde unter Leitung von Pfarrer Martin Weber, war es zum Zerwürfnis gekommen.
Während die Krippenkinder durch den neuen Träger, den katholischen Kita-Verbund Tegernseer Tal, offenbar nun allesamt untergebracht werden können, fehlt es bei der neuen Hort-Versorgung hinten und vorne. Die Diakonie Rosenheim kann als neuer Träger im September voraussichtlich nur mit 25 Plätzen ins neue Kita-Jahr starten. Bisher waren im Wiesseer Hort rund 100 Kinder betreut worden – etwa 75 Familien mit Bedarf würden demnach erst mal leer ausgehen.
Nachricht von fehlenden Hort-Plätzen war für die Eltern ein Schock
Diese Nachricht birgt Zündstoff. Bei einer Info-Veranstaltung der Diakonie Rosenheim und der Gemeinde für die Hort-Familien im Rathaus reagierten die Eltern mit Entsetzen. „Als das präsentiert wurde, war natürlich der Schock, die Empörung im Saal bei allen Eltern groß. Da ging es kurzzeitig emotional hoch her“, schildert Marco Mach, der nicht nur betroffener Vater, sondern auch Mitglied im Elternbeirat des Horts ist. Es habe Tränen gegeben, ein Großteil sei schockiert gewesen, berichtet eine andere Mutter, die namentlich nicht genannt werden möchte.
Familienvater sagt: „Gemeinderat fehlt jegliches Gespür für Familien“
Mach findet es eine „Frechheit“, dass nach der Trennung von der evangelischen Kirchengemeinde ein Träger den Zuschlag für den Hort erhalten habe, „obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch kein Personal dafür hat“. Viele Eltern sind dringend auf einen Hortplatz angewiesen, weil ihre berufliche Existenz daran hängt. „Da fehlt doch dem Bürgermeister und dem Gemeinderat jegliches Gespür für Familien in Bad Wiessee, von denen jetzt viele beruflich reduzieren oder gar kündigen müssen“, zürnt der Familienvater.
Eltern planen Protestveranstaltungen in Bad Wiessee
Die Eltern machen nun mobil. Sogar von Protestveranstaltungen vor dem Rathaus war gegenüber unserer Zeitung die Rede. Außerdem haben sich Wiesseer Familien zusammengetan und ein Schreiben an Bürgermeister Robert Kühn, den Gemeinderat, Landrat Olaf von Löwis und Bayerns Familienministerin Ulrike Scharf formuliert, in dem sie die aktuelle Situation schildern und ihre „Besorgnis und Enttäuschung über die zukünftige Hortbetreuung in Bad Wiessee“ zum Ausdruck bringen. Bis zum Freitag (19. Juli) hatten bereits rund 50 Familien den Brief unterzeichnet. Viele Eltern stünden vor „erheblichen Herausforderungen“, die bisherige Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei nicht mehr gegeben, heißt es in dem Schreiben. Es wird eine „schnelle Lösung“ gefordert.
Diakonie Rosenheim bezieht Stellung und bestätigt Situation
Auf Nachfrage bestätigte ein Sprecher der Jugendhilfe Oberbayern für die Diakonie Rosenheim die aktuelle Situation in Bad Wiessee. „Es ist richtig, dass wir davon ausgehen müssen, dass wir erst mal mit 25 Hortplätzen starten werden“, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme. Ob und in welcher Form für Kinder, die aktuell noch keinen Hortplatz bekommen, vorübergehend eine alternative Betreuung angeboten werden könne, sei noch nicht entschieden.
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Neuer Träger will zum Start des Kita-Jahres keine „Übergangslösung“
In einem Elternbrief hatte die Diakonie Rosenheim vor wenigen Wochen eigentlich angekündigt, statt eines Horts zunächst eine Schulkindbetreuung anzubieten, weil für dieses Modell weniger pädagogische Fachkräfte benötigt werden. Davon ist nun nicht mehr die Rede. Man wolle auf jeden Fall mit einer Hortgruppe und nicht mit einer „Übergangslösung“ starten, heißt es in der Stellungnahme. Dies sei auch aus pädagogischer Sicht wichtig: „Im besten Fall finden Kinder ein Umfeld vor mit Kontinuität und klaren Strukturen. Wenn wir 25 Kindern ein solches Umfeld anbieten können, dann ist für diese Kinder bereits viel gewonnen“, so der Sprecher. Für die Eltern, die keinen Platz für ihren Nachwuchs erhalten, dürfte dies ein schwacher Trost sein.
Fehlende Hort-Plätze: Diakonie will schnellstmöglich Abhilfe schaffen
Die Diakonie Rosenheim versichert: „Unsere Bemühungen um Mitarbeitende tragen Früchte.“ Und der Träger räumt ein, dass das Fehlen der Hortplätze ein Dilemma für die Familien sei. „Es tut uns sehr leid, dass wir insbesondere in Anbetracht der Kurzfristigkeit nicht bereits Anfang September das Hortangebot in vollem Umfang werden anbieten können.“ Man versuche, so schnell wie möglich Abhilfe zu schaffen. Auf die Frage, ob der neue Träger bei Abschluss der Vereinbarung mit der Gemeinde davon ausgegangen sei, dass sich die Personalgewinnung leichter gestalten werde und dass vielleicht auch das bisherige Hort-Personal der evangelischen Kirche zum neuen Träger wechseln werde, erklärt der Sprecher: „Ja, genau davon sind wir ausgegangen.“
Fest steht: Bürgermeister Robert Kühn und der Gemeinderat müssen sich wegen der Hort-Situation nun auf reichlich Gegenwind durch die Eltern gefasst machen.
gab