Kaderzusammenstellung: Der FC Bayern in der Geiselhaft von „Übervater“ Hoeneß?
Max Eberl bestätigte auf der PK vor dem Bundesliga-Eröffnungsspiel gegen RB Leipzig die Marschroute des FCB-Aufsichtsrats um Uli Hoeneß, nur noch Spieler zu leihen.
München – Eigentlich erscheint es alternativlos, dass der Kader des FC Bayern München in der Offensive nach zahlreichen Abgängen noch ergänzt bzw. verstärkt werden muss, um die wie immer hochgesteckten Saisonziele erfüllen zu können. Jedoch werden die Bedingungen dafür vereinsintern permanent erschwert.

Denn im Rahmen der Pressekonferenz vor dem Bundesliga-Auftakt gegen RB Leipzig bestätigte Max Eberl das, was FCB-Aufsichtsrat und Ehrenpräsident Uli Hoeneß bereits zuvor im Interview mit der Süddeutschen Zeitung angekündigt hatte.
Eberl bestätigt den von Hoeneß und Aufsichtsrat ausgerufenen Sparkurs
„Das was Uli in der Öffentlichkeit sagt, ist auch intern angesprochen, ich erfahre das nicht über die Medien. Der Klub hat entschieden, dass wir sparen wollen. Wir haben Kingsley Coman verkauft und konnten Nick Woltemade nicht verpflichten. Deshalb wurde mir die Aufgabe übertragen, einen Spieler auszuleihen“, so der 51-Jährige.
Der Sportboss des Rekordmeisters will nun aber nicht „den Kopf in den Sand stecken“, sondern „kreative Lösungen“ finden. „Wir müssen uns überlegen, welche Qualität wir unserem Kader hinzufügen wollen, ohne dabei leichtsinnig zu sein. Kaufen ist einfacher als leihen. Am Ende der Transferperiode passieren oft sehr, sehr seltsame Dinge“, führte Eberl aus.
„Wir haben eine Aufgabe, die lösen wir. Wir wollen einen Kader haben, der kompetitiv ist“, so Eberl weiter, dem zufolge es nun darum geht, „in der Offensive noch einen Spieler zu leihen“. Christopher Nkunku gilt als Kandidat, jedoch will der FC Chelsea den französischen Nationalspieler, mit dem sich die Bayern einig sein sollen, nur verkaufen. Eine komplizierte Situation für Eberl, Christoph Freund & Co.
Für Wirtz wollte Hoeneß noch eine Viertelmilliarde ausgeben
Der plötzliche Sparkurs des Hoeneß-dominierten Aufsichtsrats kommt durchaus überraschend, speziell wenn man bedenkt man, dass man an der Säbener Straße für den großen Wunschspieler des FCB-Patrons, Florian Wirtz, insgesamt 250 Millionen Euro locker machen wollte und auch bereit war, für Nick Woltemade über 60 Millionen Euro zu investieren, wenn auch nicht die vom VfB Stuttgart ausgerufenen 75 Millionen.
Durch die Abgänge von Thomas Müller, Leroy Sané und Kingsley Coman hat man zusätzlich drei Topverdiener von der Payroll bekommen, für den französischen Vize-Weltmeister bekommt man um die 30 Millionen Euro Ablösesumme. Die übrigens laut übereinstimmenden Medienangaben nicht in Nkunku & Co. reinvestiert werden dürfen.
Sarkasmus bei Eberl, Kompany mag die „Opferrolle“ nicht
Angesprochen auf das Dilemma bei den Bemühungen um Woltemade antwortete Eberl mit einer gehörigen Portion Sarkasmus: „Die aktuelle Situation ist, dass die Sache vom Tisch ist. Ich habe keine Ahnung, was bis zum 1. September passiert. Vielleicht möchte Stuttgart ihn ausleihen und wir holen ihn per Leihe“.
Obwohl Eberl dabei (gequält) lachte, ist ihm sicherlich aktuell in Sachen wettkampffähiger Kaderzusammenstellung nicht so ganz zum Lachen zu Mute. Auch Chefcoach Vincent Kompany wirkte an Eberls Seite während des gesamten Pressetalks ungewohnt ernst. Die Ausführungen des Sportchefs zu den Kaderplanungen verfolgte er mit eher versteinerter Miene, auch wenn er selbst die angespannte Personalsituation – sehr dünner Kader, zahlreiche Ausfälle – gewohnt kämpferisch mit „ich mag die Opferrolle nicht“ kommentierte.
Hoeneß scheint den FC Bayern mehr denn je zu dominieren
Beiden – Sportvorstand wie Cheftrainer – wurde bei diesem Pressetermin fast schon brutal vor Augen geführt, wie abhängig sie aktuell von den Launen und dem Willen eines 73-Jährigen sind. Möchte der Weltmeister von 1974 einen Spieler wie Wirtz beim FC Bayern spielen sehen, stellt eine Viertelmilliarde Euro kein übergroßes Hindernis dar. Ändert er seine Meinung, sind selbst 30 bis 40 Millionen für den früheren Torschützenkönig der Bundesliga, Christopher Nkunku, zu viel, obwohl zuvor genügend Transfereinnahmen erzielt worden sind.
Der von Hoeneß und seinem langjährigen Weggefährten Karl-Heinz Rummenigge dominierte Aufsichtsrat hat bei den wichtigen Entscheidungen des FC Bayern eine Machtposition wie nie zuvor in der Vereinsgeschichte. Der Manager Hoeneß hätte sich selbst nie eine derartige Bevormundung durch dieses nun übermächtige Kontrollorgan gefallen lassen. Diese Konstellation kann nicht gut für den deutschen Rekordmeister und seine hochgesteckten Ziele sein.
Wird es beim Rekordmeister „Bauernopfer“ geben?
Geht die Saison schief, müssen nicht die grauen Eminenzen des FCB ihren Kopf hinhalten, nein: es werden Eberl, Kompany, möglicherweise auch Christoph Freund sein. Wer könnte an dieser kontraproduktiven Situation an der Säbener Straße etwas ändern? Der aktuelle FCB-Präsident Herbert Hainer, qua Amt der eigentliche Vorsitzende des Aufsichtsrats, und CEO Jan-Christian Dreesen haben zuletzt zumindest Eberl öffentlich den Rücken gestärkt und scheinen auch voll von Kompany überzeugt zu sein. Was aber passiert im Misserfolgsfall?
Quo vadis FC Bayern? Wer kann den „Übervater“ zumindest ein bisschen „einfangen“?