Nach Attentat auf Trump: „Eklatanter Fehler“ – Sicherheitsprofi rechnet mit Secret Service ab
Donald Trump wird bei einem Attentat am Ohr verletzt. Gegenüber IPPEN.MEDIA ordnet ein Experte für Sicherheit die Schüsse ein und kritisiert den Secret Service.
Butler – Es ist ein Moment, der in künftige Geschichtsbücher eingehen wird: Bei einem Wahlkampfauftritt von Donald Trump anlässlich der US-Wahl 2024 zischen plötzlich Schüsse durch die Luft, der ehemalige US-Präsident geht wenig später hinter seinem Rednerpult in Deckung. Begleitet von Sicherheitskräften wird der 78-Jährige wenig später von der Bühne eskortiert – siegessicher recht dieser nach dem Attentat die Faust in den Himmel.
Im Bruchteil einer Sekunde wurde ein neues Kapitel des Wahlkampfes zur US-Wahl 2024 aufgeschlagen: Stand zuletzt noch Joe Bidens Gesundheit im Mittelpunkt der Debatten, sind es nun die Schüsse auf Donald Trump. Und zahlreiche Experten sind sich sicher: Das Attentat auf den ehemaligen US-Präsidenten, der diese Woche auf dem Parteitag der Republikaner offiziell zum Präsidentschaftskandidaten gewählt wird, könnte die Wahl schon entschieden haben. Gegenüber IPPEN.MEDIA ordnet nun ein Profi für Risiko- und Krisenmanagementberatung die Schüsse auf Trump ein und äußert Zweifel an dem Sicherheitskonzept des Secret Service.
Nach Attentat auf Trump: Profi äußert Zweifel an „unzureichenden“ Sicherheitskonzept
Walfried Sauer ist seit Jahrzehnten im Sicherheitssektor aktiv, gründete 1996 die Result Group und kann auf langjährige Erfahrungen in Einheiten des Sondereinsatzkommandos (SEK), der Terrorfahndung (TEF) und des Personenschutzes hochrangiger Persönlichkeiten zurückblicken. Nach dem Attentat auf Donald Trump stellt er klar: Der Veranstaltungsort im amerikanischen Butler war grundsätzlich geeignet für einen Wahlkampfauftritt des ehemaligen US-Präsidenten. Die Schüsse auf Trump hätten aber gezeigt, „dass das Sicherheitskonzept unzureichend war“.

Insbesondere die Tatsache, dass der Schütze vor dem Attentat auf das Dach gelangen konnte, stuft der Sicherheitsexperte als „eklatanten Fehler“ in der Planung ein. „Eine Langwaffe heißt Langwaffe, weil sie lang und somit sichtbar ist. Der innere Ring war nicht ausreichend, beziehungsweise der äußere Ring anscheinend gar nicht geschützt“, sagte Sauer gegenüber IPPEN.MEDIA, betont aber, dass aus der Ferne nur schwer eine exakte Diagnose der Lage möglich sei. „Nach den jetzt vorliegenden Informationen sehe ich das Hauptversäumnis im fehlerhaften Sicherheitskonzept. Ungenügende oder keine Schutzzonen mit entsprechenden abgestuften Zugangsberechtigungen und nur rudimentäre Aufklärung.“
Folgen von Attentat auf Trump: Secret Service wird Sicherheitskonzept verschärfen
Nach den Schüssen auf Donald Trump geht Sauer davon aus, dass künftige Veranstaltungen im Zusammenhang mit der US-Wahl 2024 deutlich verschärfte Sicherheitskonzepte haben werden. „Teilweise werden die Veranstaltungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden.“ Zugleich verdeutlichte er, dass trotz der gegenwärtigen Kritik an den Sicherheitskräften vor Ort der Auftritt Trumps in Butler nicht leichtsinnig war. „Die Amerikaner haben seit 1865 vier Präsidenten durch Attentate verloren und drei wurden verletzt. Ich habe öfters in Europa mit dem Secret Service zusammengearbeitet und kann sagen, dass sie sehr gute Leute und professionelle Konzepte haben.“
Zur Person
Walfried O. Sauer ist Gründer und Inhaber der Result Group. Bis 1996 war er im Kommissariat für Wirtschaftsbetrug, beim Sondereinsatzkommando (SEK) und bei der Terrorfahndung tätig. Nach Selbstauskunft zählen zu seinen Spezialgebieten die Beratung bei Entführungen, Geiselnahmen, Erpressungen, terroristischen Bedrohungen sowie die Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Er war in leitender Funktionen bei mehreren Hundert Einsätzen aktiv.
Der Schütze verfehlte beim Attentat Donald Trump vermutlich nur um einen Zentimeter. Kurz darauf wurde er erschossen. Angesichts der verwendeten Waffe kommt Sauer zu dem Schluss: „Mit dem verwendeten halbautomatischen Sturmgewehr vom Typ AR-15 und der Entfernung ist es relativ einfach auf 135 Meter ein Ziel zu treffen. Diese Waffe ist in der USA für fast jedermann erwerblich.“ Dass der Schütze Trump aber leicht verfehlt habe, „kann aus einer schlechten Auflage, zu wenig Training oder durch eine überhastete Schussabgabe“ zurückgeführt werden. „Offenbar wurde er ja von Teilnehmern erkannt und Sicherheitspersonal war auf dem Weg zu ihm.“
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Attentat auf Trump: Kritik an Sicherheitskräften – Folgen für US-Wahl 2024
Das Attentat auf Donald Trump sorgte bereits wenige Stunden nach den Schüssen für teilweise krude Verschwörungstheorien und Debatten über die liberalen Waffengesetze in den USA. Donald Trump lobte nach dem Attentat die Arbeit des Secret Service und meinte damit die Geschwindigkeit und Präzision, mit welcher der Sicherheitsdienst bei dem versuchten Mordanschlag auf ihn den mutmaßlichen Täter erschoss. Das erklärte Trump in einem Interview der New York Post nach dem Attentat.
Dennoch übt nicht nur Sauer Kritik an der Arbeit der Sicherheitskräfte. Auch andere Experten stellen die Frage, wie der mit einem halbautomatischen Gewehr bewaffnete Täter unbemerkt auf das Fabrikdach gelangen konnte und wieso das Gebäude außerhalb der vom Secret Service für Trumps Wahlkampfkundgebung eingerichteten Sicherheitszone lag. Bereits in der Nacht liefen entsprechende Untersuchungen des FBI an – welche Auswirkungen aus dem Attentat auf Trump resultieren, wird sich voraussichtlich in den kommenden Wochen zeigen. (fbu)