Habeck erklärt Energiekrise für beendet, hohe Preise bleiben: „Das russische Gas fehlt nicht mehr“
Deutschland steckt offiziell noch in der Alarmstufe des Gasnotfallplans, doch während eines Bürgerdialogs scheint Wirtschaftsminister Habeck die Energiekrise zu beenden – die viel höheren Energiepreise bleiben.
Osnabrück/Berlin – Deutschland befindet sich offiziell noch in der sogenannten Alarmstufe des Gasnotfallplans, trotzdem scheint die Energiekrise für das Land de facto beendet zu sein – zumindest laut Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne). „Das russische Gas fehlt nicht mehr“, sagte dieser bei einem Bürgerdialog. Und: Die Energiepreise seien nicht etwa hoch, weil es zu wenig Gas gibt, vielmehr seien die Klimaanlagen in Europa und Asien Schuld. Beim Gespräch wird außerdem klar: Verbraucher müssen sich in den kommenden Jahren auf höhere Energiepreise einstellen.
Befindet sich Deutschland trotz Alarmstufe nicht mehr in der Gaskrise? Habecks Worte lassen aufhorchen
Die Alarmstufe des Notfallplans Gas in Deutschland war vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz am 23. Juni 2022 ausgerufen worden, nachdem Deutschland weniger Gasflüsse von Russland aus erreicht hatten. Offiziell ist die Alarmstufe auch zwei Jahre später immer noch aktiviert. Umso mehr verwunderten die Aussagen von Wirtschaftsminister Robert Habeck bei einem Bürgerdialog am Mittwochabend in Osnabrück, wo er die Energiekrise laut Welt für beendet erklärte.
„Das russische Gas fehlt nicht mehr“, wird Habeck beim Gespräch mit den Lesern der Neuen Osnabrücker Zeitung zitiert, „also jedenfalls nicht als Menge an Molekülen.“ Denn die Gasspeicher seien längst gefüllt, alle Vorgaben eingehalten. „Es gibt keine Gasmangellage mehr“. Das überrascht, weil die Preise für Verbraucher immer noch sehr hoch sind und weit über dem Niveau vor der deutschen Energiekrise liegen. Auch darauf antwortet er: „Die Preise sind höher, das ist so für Gas, aber nicht, weil wir eine Knappheit haben“. Er betont, dass sogar eine Reserve vorhanden sei, falls der Winter besonders kalt werden sollte. „Es gibt keine Mangelsituation mehr, aber die Gaspreise sind höher als 2017 bis 2019“, muss auch Habeck zugeben.
Gaspreis dreimal höher als 2021, trotz ausreichender Speicher: „Klimaanlagen Schuld“
Die hohen Energiepreise in Deutschland betreffen nicht nur die Wirtschaft, sondern auch private Haushalte. Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft lagen die Gaspreise zwischenzeitlich mehr als zehnmal so hoch wie Anfang 2021. 2023 seien die Preise im Gasgroßhandel zwar wieder gesunken, doch liegen sie nach wie vor rund dreimal höher als vor Beginn der Energiepreiskrise. Auch 2024 bewegt sich die Gaspreisentwicklung auf einem hohen Niveau.
Habeck macht für den Gaspreisanstieg im Sommer die extrem heißen Temperaturen in Asien und Teilen Europas verantwortlich, die dazu geführt hätten, dass dort „die Klimaanlagen die ganze Zeit geballert haben“, zitiert die Welt den Wirtschaftsminister. „Man sieht, dass die globale Erwärmung an ganz unerwarteten Stellen einen preistreibenden Effekt hat.“ Er gehe zwar davon aus, dass der Gaspreis noch etwas sinken werde, wenn das Angebot auf dem Weltmarkt für Flüssiggas steigen werde, es könne jedoch sein, dass “der Gaspreis moderat über den Preisen der Vor-Covid-Jahre liegen wird, weil das Gas aus Russland halt Pipeline-Gas war und jetzt das LNG-Gas noch verschifft werden muss, es muss runtergekühlt und aufs Schiff verladen und über den Ozean geschickt werden und das macht es in der Regel teurer.“ Das müssten Unternehmen in Zukunft einkalkulieren – und das betreffe ganz Europa, nicht nur Deutschland.

Meine news
Habeck zahlt selbst mehr beim Strom, weil er „zu faul” sei, günstigeren Anbieter zu suchen
Als privater Verbraucher oder kleines Unternehmen könne man laut Habeck die Kilowattstunde Strom für nur 26 Cent bekommen. „Ich selbst, weil ich auch zu faul bin und nicht die Zeit finde, mich damit mal zu beschäftigen, zahl‘ deutlich mehr, weil ich den Strom bei den Stadtwerken einfach nehme“, plaudert er aus dem Nähkästchen. „Aber wenn man Geld sparen will beim Strom, gucken Sie sich die Vergleichsportale an, das hat sich wirklich runterbewegt, auch weil die Bundesregierung Teile des Stroms übernommen hat“. Damit meint er wohl die sogenannte EEG-Umlage, deren Kosten jedoch letzten Endes der Steuerzahler übernimmt.
Bei dem Gespräch warnt Habeck auch vor einer weiteren Kostenexplosion beim Strom: Für die Energiewende, in der vor allem auf erneuerbare Quellen wie Solar- und Windkraft gesetzt wird, muss das Stromnetz massiv ausgebaut werden. „Ich hoffe, dass die Kraft noch reicht, das in dieser Legislaturperiode noch grundsätzlich zu verabschieden.“ Dafür werden Atom- und Kohlekraftwerke nach und nach abgeschaltet - im Gegenzug müssten Speicher, Wasserstoffproduktion und Netze auf- und ausgebaut werden. „Jetzt müssen wir unser System stabilisieren“, warnt Habeck. Ob das Hintergrundgespräch noch Folgen für den Wirtschaftsminister nach sich ziehen wird, bleibt abzuwarten. Eines steht jedoch fest: Die Aussagen von Robert Habeck haben bereits eine breite Resonanz ausgelöst und dürften die Debatte – zumindest im Internet – weiter anfachen.